#1

RE: Nordufer des Langen Sees

in Dreitan - das Spiel 10.12.2013 21:21
von Armelion | 4.811 Beiträge

Idril lag in einer niedrigen Höhle und wartete ängstlich auf die Rückkehr von Baran, Ailgaur und den Zwillingen. Lediglich Draugmôr war bei ihr geblieben und der junge Amarok hätte viel lieber mit ihr gespielt, anstatt über die verletzte kleine Elfe zu wachen. Die Schwellung in Idrils Bein war mittlerweile ein wenig zurückgegangen, doch sie konnte den Fuss noch immer nicht bewegen ohne vor Schmerz aufzuschreien. Wenn sie aber still hielt spürte sie nur eine leichte Taubheit. Eine Woche war seit dem Angriff vergangen, und sie hatte mittlerweile begriffen, dass sie nicht zurück nach Donsoha liefen. Sie hatte mehrmals versucht nach Oria zu rufen, doch offensichtlich hatte es nicht geklappt. Sie hatte einfach zu wenig Zeit gehabt um zu üben. Ausserdem war sie viel zu hungrig um sich konzentrieren zu können. Seit einer Woche hatte sie nichts mehr zwischen die Zähne bekommen und der Hunger hatte begonnen ihr beträchtlich zuzusetzen. Sie schlief die meiste Zeit und trank hin und wieder ein wenig Wasser, wenn die Amarok sie zu einem Fluss trugen, doch zu mehr war sie nicht fähig.
Gegen Abend kamen die Amarok schliesslich zurück. Ihre Lefzen waren Blutverschmiert. Sie waren offensichtlich jagen gewesen. Wie aufs Stichwort begann ihr Bauch zu grummeln. Ein saftiges Stück gebratenes Fleisch wäre jetzt etwas, doch wie sollte sie nur Feuer machen? Sie hatte keine Feuersteine. Baran lief zu ihr rüber, leckte ihr übers Gesicht und würgte plötzlich. Sie trat einige Schritte zurück und würgte erneut. Idril wollte sich schon aufsetzen, als die Wölfin schliesslich ein paar Fleischbrocken hochwürgte und sie zu Idril rüberschob. Die kleine Elfe hätte nie erwartet über ein solches Essen nachzudenken, doch sie hatte solchen Hunger, dass sie zu keinem klaren Gedanken mehr fähig war. Sie packte einen der Fleischbrocken und versenkte die Zähne darin. Es schmeckte bitter, doch das kümmerte sie wenig. Zufrieden legte sich Baran neben ihr nieder und fuhr der Elfe nochmals mit der Zunge übers Gesicht. Idril wurde nach dem ersten Stück so schlecht, dass sie glaubte sich wieder übergeben zu müssen, doch sie behielt es bei sich. Sie spülte den Geschmack mit ein wenig Wasser aus dem Mund und zerkaute ein paar Löwenzahnblätter, die in der Nähe wuchsen. Sie fühlte sich immer noch schwach, doch das Essen, so fern man es das nennen konnte, hatte geholfen. Morgen würde sie sie versuchen zu überzeugen, sie zur erlegten Beute mitzunehmen. Dann würde sie vielleicht mit einem spitzen Stein ein paar Streifen abschneiden und in der Sonne trocknen können. Das würde ihr sicher besser bekommen, als das halbverdaute Zeug, das Baran hochgewürgt hatte.

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#2

RE: Nordufer des Langen Sees

in Dreitan - das Spiel 10.12.2013 22:31
von Armelion | 4.811 Beiträge

Vor drei Tagen waren sie an einem kleinen Dorf vorbeigekommen. Idril hatte versucht die Wölfe dazu zu überreden sie hinein zu bringen, doch sie hatten sich schlicht geweigert. Als sie versucht hatte auf eigene Faust ins Dorf zu kommen, setzte sich Draugmôr einfach auf sie drauf. Sie hatte ihn angeschrien und getobt, doch er hatte sie vollkommen ignoriert. Idril hatte so lange gezetert bis Ailgaur sie drohend angeknurrt hatte. Dann war sie abrupt verstummt. Gestern hatten sie einen breiten Fluss überquert und ein paar Fischer hatten sie gesehen. Sie waren eilig mit ihren Booten davongepaddelt und hatten sie in Ruhe gelassen.
Am anderen Ufer suchten die Amarok eine Höhle auf, versteckten Idril darin und gingen anschliessend auf die Jagd. Die kleine Elfe hatte Baran erfolgreich davon überzeugen können, dass ihr frisches Fleisch besser schmecken würde, als hochgewürgtes. Sie hatten sie daher einmal zu einem erlegten Reh mitgenommen und Idril hatte mit einem spitzen Stein tatsächlich einige Streifen losschneiden können. Das Trocknen war jedoch unmöglich gewesen. Draugmôr und die anderen Amarok hatten es gefressen und ihr nur ein paar Streifen übrig gelassen, die sie dann auch roh verzehrt hatte. Mittlerweile schmeckte es auch besser, oder vielleicht war es auch nur der Hunger der ihr das vorgaukelte. Sie hob den Kopf und lugte unter der Steinplatte hervor unter der sie gelegt worden war. Dichtes Heidelbeergebüsch wuchs vor dem Eingang und machte ihn beinahe unsichtbar. Sie hörte Bienen geschäftig summen und ihr Gesicht hellte sich auf. Blüten von Heidelbeeren enthielten viel Nektar und waren nahrhaft. Sie robbte aus der Höhle hinaus und begann die kleinen Blüten zu pflücken. Gierig stopfte sie sich in den Mund und der süsse Nektar der Blumen schmeckte einfach himmlisch. Sie schloss für einen Moment die Augen und konzentrierte sich voll und ganz auf den Geschmack, dann pflückte sie eifrig weiter. Einer der Zwillinge wachte über sie und behielt die Umgebung aufmerksam im Auge. Niemand würde sich ihr unbemerkt nähern können.
Idril pflückte eifrig weiter und war immer noch am Essen, als die Wölfe schliesslich zurückkamen. Ailgaur trug ein grosses Stück Fleisch im Mund und liess es vor ihr auf den Boden fallen. Es hatte eine komische Form. Die Oberfläche war viel zu glatt, als dass es Muskelfleisch sein konnte. Sie stupste vorsichtig Ailgaurs Geist an. Sie konnte deutlich spüren, dass er satt und zufrieden war. Auch überkam sie ein starkes Gefühl der baldigen Heimkehr. Als sie nach dem Stück griff, konnte sie leicht einen Brocken abreissen. Nun begriff sie was es war. Die Leber! Sie versenkte die Zähne im Fleisch und kaute hungrig. Sie wusste sie schlang wie ein Tier, doch sie konnte ihren Hunger einfach nicht bezähmen. Unregelmässiges Essen, noch dazu ihre Verletzung hatte ihren kleinen Körper bis auf die Knochen abmagern lassen. Als sie fertig war, verspürte sie zum ersten Mal seit langem nicht mehr das quälende Gefühl von bohrendem Hunger. Allerdings war sie noch lange nicht satt, doch sie wusste, dass sie mit dieser Mahlzeit noch ein paar weitere Tage überstehen würde.

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#3

RE: Nordufer des Langen Sees

in Dreitan - das Spiel 11.12.2013 15:05
von Armelion | 4.811 Beiträge

Sie wusste nicht wie lange sie schon unterwegs waren, doch es musste auf die zweite oder dritte Woche zugehen. Der Wald um sie herum wurde immer dichter. Das Licht wurde von den unzähligen Blättern gedämpft und tauchte den Waldboden in ein unstetes Zwielicht. Idril sass rittlings auf Ailgaurs Rücken und knabberte an ein paar Pilzen. Sie hatte die verwunderten Blicke der Wölfe gespürt, als sie die Märzschnecklinge unter den Nadelbäumen gepflückt hatte. Besonders Baran war besorgt gewesen und hatte immer wieder versucht ihr jüngstes Rudelmitglied daran zu hindern die Pilze zu essen. Doch gegen die energische Sturheit des Mädchens war die Wölfin machtlos gewesen und darum hatte sie sich damit begnügt sie scharf zu beobachten. Idril hatte mehr als vier dutzend der Pilze gefunden. Manche hatten zwar einige Würmer, doch das machte ihr nichts aus. Vorsichtig tastete das Elfenmädchen nach dem Geist von Ailgaur und wurde von dem Gefühl überwältigender Freude empfangen. Es roch vertraut, nach Heimat. Das Rascheln der Blätter unter seinen Pfoten, das ängstliche Fiepen der Eichhörnchen und Vögel, als er unter den Bäumen hindurch schritt. All das war sein Reich. Er erschnüffelte jedoch auch ein paar Eindringlinge, die das Aussengebiet ihres Reviers erkundet hatten. Nun, falls sie sich noch einmal hierher wagen würden, würde er sie vertreiben. Doch jetzt wollte er tiefer in den Wald. Sie kamen an einen Fluss. Das Wasser floss träge dahin und Idril hörte Vogelzwitschern. Einige Enten flüchteten aus dem Schilf, als sie die Amarok kommen hörten. Ailgaur legte den Kopf in den Nacken und stiess ein langezogenes Heulen aus. Unzählige Vögel flatterten auf und stiegen in den Himmel. Ohne zu zögern schritt der Amarok in den Fluss und liess Idril gerade so viel Zeit, dass sie ihre Pilze in die Kleider stopfen konnte, bevor sie sich in Ailgaurs Fell festkrallte. Mit kräftigen Zügen schwamm das Leittier durchs Wasser und zog die kleine Elfe mit sich. Neugierig blickte das Elfenmädchen um sich unwissend, dass sie die Grenzen zu einem fremden Reich übertreten hatte.

(weiter in Verfluchte Wälder Azura S. 27)

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