Die Festung Drakhard liegt im Drachengebirge. Sie ist der am meisten gemiedene Ort Dreitans.
Drakhard ist die einzige Stadt der Drachen, doch nur wenige von ihnen leben dort. Nur die Jungen und die sehr alten Drachen verbringen ihre Zeit in der Festung. In Drakhard leben Drachen aller Art zusammen, seien es zwei- oder vierbeinige, geflügelte oder flügellose, riesige oder die der Grösse eines Vogels.
Die Drachenfestung besteht aus einer Mauer, die die Drachen in antiken Zeiten errichtet hatten, diese Mauer wird von Säulen geziert und ist direkt in eine Klippenwand eingelassen, dass sie eher wie eine Wand aussieht. Hunderte, verschieden grosse und erreichbare Eingänge wurden in sie eingelassen. Im Inneren erinnert die Festung eher an zum Teil riesige oder winzige Höhlen- und Tunnelsysteme. Drakhard erstreckt sich durch den gesammten Berg und je nachdem welche Mineralien im Boden vorkommen, wachsen auch Kristalle in ihnen. Metalladern und Opalwände zieren die Wände der Höhlen, diese sind aber natürlich entstanden und nicht von den Drachen erbaut oder aufgestellt worden. Im Herzen der Anlage, wo sich der Grösste Raum befindet, haust der Grossdrache. Er selber hat die Grösse Lovits und ist sowohl der grösste, als auch der älteste Drache. Er ist eine Art König unter den Drachen. Wie alt genau das er ist, weiss niemand, nicht einmal er selber.

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Schlotternd stand sie in einem der Eingänge. Drewngard hatte sie nach Drakhard geflogen. Der kalte Wind hatte sich im Flug wie tausende Eisklingen angefühlt. Ran zitterte, sie hüpfte auf der Stelle um sich etwas aufzuwärmen, doch es half nichts. Es war der kälteste Tag bis jetzt und hier oben, am höchsten Eingang Drakhards, pfiff der kalte Wind noch stärker um die Ohren als unten am See. Der graue Drache war vorgegangen um den anderen Drachen bescheid zu geben, dass Ran angekommen war. Viele der Jungdrachen, die in den letzten zwei Jahrzehnten geschlüpft waren, kannten Ran nicht und würden sie höchstwahrscheinlich anfallen, wenn sie in ihre Nähe kam. Also musste er die Drachen Informieren.
Immer noch in Gedanken verloren lehnte sich Ran gegen die Felswand und sah nach draussen. Weiss, war alles was sie sehen konnte. Ein weisser Wolkensturm. Plötzlich zupfte sie etwas am Stiefel und räusperte sich. Ran sah nach unten. Ein petrolfarbener Drache, kaum grösser als eine Taube stand neben ihrem Bein. "Miss Reyla, nehme ich an", sagte er höflich. Ran nickte. "Ich bin Kazuo, wenn ihr mir bitte folgen würdet", sagte der Drache lächelnd. Ran gehorchte und folgte dem trippelndem Drachen hinterher. Er war ein Schlangendrache, eine sehr seltene Drachenart. Schlangendrachen hatten einen den Wieseln ähnlichen Körperbau, lange Beine und kleine fünffingrige Pfoten, einen langen Hals und einen schmalen Kopf, den ein dünnes zweiästiges Geweih zierte. Im Gegensatz zu vielen anderen Drachenarten haben sie keine Schuppen, sondern ein sehr kurzes, raues Fell. Sie ernähren sich von Früchten und meiden es zu hoch zu fliegen. Vorwiegend leben sie in Wäldern und in der Nähe von Gewässern.
Kazuo führte sie durch die Tunnel in die Höhle des Grossdrachen, wo die Reinkarnationszeremonie der Drachenseele stattfand. Als sie den Raum betraten wurden sie von Drewngard, Growndril, der Grossdrache und noch fünf weitere Drachen bereits erwartet. "Karima, die Drachen bitten euch an der Zeremonie teilzunehmen und die verlorene Seele in ihren neuen Körper zu führen", sagte ihr Kazuo und deutete auf einen toten Schlangendrachen, dessen Fell feuerrot leuchtete. "Keine Angst, wir haben kein Jungtier getötet. Den Körper haben wir aus dem alten Körper der Seele geformt.", sagte Drewngard. "Es hat einige Tage gedauert bis wir seine Überreste gefunden hatten, aber glücklicherweise waren sie gut erhalten worden", fügte Kazuo hinzu und reichte Ran das Feenmesser, in dem sich immer noch die Seele befand. Der feuerrote Drache begrüsste sie voller Freude und die Zeremonie begann

Tag der Wintersonnenwende

Ran ritt auf dem Rücken eines grünen Walddrachen. Mehrere Tage hatte die Zeremonie der Reinkarnation gedauert und sehr an ihren Kräften gezehrt. Der Walddrache sollte sie nach Drez bringen, da Drewngard zu erschöpft war um sie Heim zu fliegen. Der Schnee erschwerte ihre Reise. Schneestürme erschwerten ihre Sicht und die Kälte machte ihnen zu schaffen, aber sie kamen voran. Ein Walddrache brauchte nur zwei Taeg von Drakhard nach Drez, auch wenn er nicht fliegen konnte, denn er war ein schneller Läufer, Kletterer und Schwimmer. Ran vergrub ihr Gesicht in seiner dunklen Mähne. Sie war müde und die Dremarewynia konnten ihr nicht ewig Energie spenden. Sie fasste sich an den Rücken und spürte die Griffe der Zwillingsschwerter, die sich eine Scheide teilten.
Sie waren ein Ganzes und man konnte sie problemlos aneinander stecken. Sie stellte sich die schwarzen Klingen vor, wie sie im Feuerschein geschimmert hatten und wie sich die Runen dunkelgrau vom Schwarz abhoben. Es stand nicht viel. Mut, Verständnis, Einheit, waren die einzigen drei Worte. Die Schwerter enthielten keine besondere Magie, sie absorbierten sie. Sie absorbierten die Magie des Gegners und wandelten sie in die gegensätzliche Magie um. Licht und Schatten, waren ihre Namen.
Still sass der Feuerrote Drache hinter Ran. Wie eigenartig das Gefühl war wieder zu leben. Es fühlte sich fremd an, aber dennoch erfüllte es ihn auch mit Freude, Glück und Ruhe. Seine Erinnerungen hatte er behalten und dafür war er teils dankbar, teils nicht. Nur wenige Drachen aus seiner früheren Lebenszeit waren noch am Leben. Das machte ihn traurig, aber er freute sich die junge Reyla kennengelernt zu haben. Als er sie in den Tunneln bemerkt hatte, hatte er ihre Energie gespürt. Sie war der seinen sehr ähnlich gewesen, aber im Gegensatz zu ihm trug sie eine gewisse Wärme in sich. Eine Wärme, die sich tief in ihrem Inneren verbarg, umhüllt von Dunkelheit und Trauer.
Als Gegenleistung für ihre Hilfe, hatte er ihr versprochen beizubringen, wie man die Zwillingsschwerter benutzte und wie sie ohne die Dremarewynia die Magie der Drachen anwenden sollte. Aber bis dahin blieben ihnen noch wenige Stunden Zeit. Sie würden die Tätowiererin in Drez besuchen, damit diese Rans Siegel brach und dann würde sie trainieren und dem Westlichen Drachen gegenübertreten.

März des Jahres 307

Etwas weniger als eine Stunde hatten sie bis zum Drachenpalast gebraucht. Still waren sie über die Wälder, den Spiegelsee und die Wüste geflogen. Der Regen und der Wind peitschten ihnen um die Ohren, aber die Blitze erreichten sie nicht.
Vor Drakhard sah man mehrere Dutzend Drachen in den Lüften gleiten. Sie schienen nicht zu fliegen, sondern zu schweben. Drachen aller Art hatten sich versammelt, sowohl die bullenähnlichen Stiernacken, als auch die schlangenähnlichen Aaldrachen, welche eine Mischung aus Flug- und Wasserdrachen waren.
Als sie Drewngard kommen sahen, verzogen sich die Drachen zurück in die Höhlengänge Drakhards und versammelten sich tief im Berg, wo sie gespannt auf das Urteil des Grossdrachen warteten. Drewngard setzte sie beim obersten Eingang ab, wo Tao auf sie wartete und verschwand im Dunkel der Tunnel. Den Elf liess er in Rans Obhut. "So und was machen wir nun?", fragte Lesk und streckte sich auf ihrer Schulter. Neben ihm sass Kitsune, der immer noch etwas verschlafen aussah, da er erst seit einigen Tagen seinen Winterschlaf beendet hatte.

Armelion streckte sich und schaute zu Reyla rüber. Sie schien in Gedanken versunken zu sein und antwortete dem Drachen nicht. Ihm war es egal. Er setzte sich auf den Boden und versuchte sich zu entspannen. Auch wenn der Flug nur eine Stunde gedauert hatte und er ihn im grossen und ganzen genossen hatte, war es ihm dennoch mit der Zeit unangenehm geworden, so hilflos in den Pranken des Drachens zu hängen.
Bedächtig blickte er um sich, aber er konnte nur zwei weitere Drachen sehen. "Ich nehme an wir warten, kleiner Drache.“, erwiderte er an Ran’s Stelle und machte es sich auf dem harten Steinboden so bequem wie möglich.
"Hej! Reyla. Denkst du ich bekomme die Chance mit dem Grossdrachen zu sprechen? Er muss schliesslich alle Aspekte des Geschehens kennen, bevor er ein Urteil fällen kann. Ansonsten wäre es reine Willkür."

Sie schreckte auf. Gerade dachte sie an Akira und Earon. Sie hatte sich gefragt ob sich die beiden Streithähne an die Gurgel gingen, oder sich wütend ignorierten. Ausserdem machte sie sich Sorgen um Aeron, welche wahrscheinlich immer noch wie ein Dunkelschatten aussah. "Du musst nicht reden damit er herausfindet was passiert ist", erklärte sie ungeduldig. "Von einem Elf hätte ich mehr erwartet", fügte sie hinzu nahm Lesk von ihrer Schulter. Der feuerrote Schlangendrache liess sich widerstandslos auf Taos Kopf platzieren. Sie nahm dann Kitsune in ihre Hand und kraulte mit der anderen sein Köpfchen, welches er ihr hinhielt. "Steh auf, wir gehen weiter. Es sollten jetzt genug Drachen dort anwesend sein", sagte sie und lief mit Tao voran. "Ach und denk nicht daran deine Waffen zu gebrauchen, es wird dir nur noch mehr Ärger einbringen." Sie hatte wieder schlechte Laune. Wieso mussten ihr auch die zwei Störenfriede in den Sinn kommen? Wahrscheinlich sassen sie irgendwo in Azura und betranken sich. Natürlich nicht zusammen, sondern so weit wie möglich von einander entfernt. Sie fragte sich bei wem sie sich ausheulen würden. Bei Karim, oder Barôn?

Armelion zuckte bockig mit den Schultern und stand auf. Er war Soldat kein Magier. Nun ja er konnte die Magie gut gebrauchen wenn er wollte, aber er bevorzugte das Schwert. "Die Drachen sind nicht meine Familie Dämonin.", knurrte er. "Ich habe mich nie sonderlich für sie interessiert und sie sich auch nicht für mich. Bevor die Silberschwinge meine Familie abgeschlachtet hat war ich ein Jäger." Er hob sein Doppelschwert hoch und folgte Reyla in die Höhle, "Und ich bin nicht dumm. Ich käme nicht auf die Idee einen Drachen mit einem Schwert anzugreifen. Ich bin schliesslich freiwillig hierhergekommen, vergiss das nicht, Reyla. Ich bin bereit mich dem Urteil des Grossdrachens zu unterwerfen, wenn," betonte er, "wenn es fair ist."

Sie verdrehte die Augen. "Du wärst so oder so hier, ob freiwillig, oder nicht", kurz drehte sie sich zu ihm um und bemerkte seine Waffe. So, so ein Doppelschwert also. "Der Grossdrache mag zwar seine Gefühle schlecht für sich behalten, aber er ist sehr alt und sehr weise, sogar für einen Drachen", sagte sie und ging weiter. "Nettes Schwert übrigens", fügte sie hinzu und setzte ihren Weg schweigend fort.
Der Tunnel blieb gleich. Dunkel, modrig und uneben. Der Eingang zur Höhle des Grossdrachen war mit spinnwebenähnlichen Tüchern verhangen, die nur ein Glühen aus dem Raum liessen und sich sanft im Wind wellten. "Da rein", sagte Ran und hielt die Tücher auf. Tao ging als erster rein und brüllte, damit alle wussten, dass sie kamen. Sie wartete bis Armelion eintrat und bildete somit das Schlusslicht.
Den Raum mochte sie. Jedes Mal, wenn sie hier war, erstaunten sie die Ausmasse der Höhle. Der Boden war glatt und aus durchschimmernden Kristallen gemacht, darunter war schwarzes Lavagestein, welches zu einem schwarzen, glänzenden Fluss erstarrt war. Die Decke der Höhle war eine perfekte Kuppel und die Wände waren eigentlich nur ein zehn Meter hohes Rohr. Überall kamen Terrassen hervor und am Boden kleine Tribünen in runder, weicher Form. An den Wänden wuchsen in unregelmässigen Abständen schimmernde Kristalle und leuchteten im türkisen, blauen und petrolfarbenem Licht. Die Wand selbst schimmerte in einem hellen Türkis, wobei das Licht sich danach so brach, dass es weiss wurde und die Umgebung nicht färbte. Der Grossdrache, eine Gigantische Silberschwinge. Nur sein Kopf war um die vier Meter lang. Er lag zusammengerollt im Zentrum und Drachen aller Art und Farben sammelten sich um ihn, wobei sie respektvoll Abstand von dem Platz vor ihm frei hielten. "Geh dort rüber", raunte Reyla und deutete auf diese Stelle, direkt vor dem Grossdrachen.

"Du bist sehr von dir selbst überzeugt Reyla.", flüsterte er ihr zu. Bevor sie antworten konnte ging er zu dem ihm zugewiesenen Ort direkt vor der Silberschwinge. Sie war riesig. Er ertappte sich dabei, wie er sich vorstellte, was für eine Waffe man wohl brauchte um solch ein Biest zu töten. Hastig verscheuchte er den Gedanken wieder. Er hatte einen Drachen getötet um sich zu Rächen. Er würde sich nicht vom Hass verschlingen lassen. Er schaute sich noch einmal in der Höhle um und versuchte all die Pracht in sich aufzunehmen. Es war ein herrlicher Ort und wäre er zu einem anderen Zeitpunkt unter anderen Umständen hier gewesen, hätte er die Schönheit sicher gebührend bewundern können. Jetzt aber konzentrierte er sich auf den Drachen vor sich.
Als er den Platz erreichte, stoppte er und sah den Drachen an. "Ich bin gekommen wie ihr es verlangt habt.", sprach er und stellte sein Doppelschwert neben sich.

Sie verschränkte die Arme. Wieso von sich selber überzeugt? Die Drachen würden ihr nichts tun, schliesslich hatten sie keinen Grund dazu. Tao legte sich um sie und sie lehnte sich an seiner Flanke an. "Was glaubst du, wird der Grossdrache ihn am Leben lassen, oder in zwei Teile schneiden?", fragte der schwarze Drache und beobachtete das Schauspiel. Ran antwortete nichts darauf und sah lieber zu.
Donnernd bewegte sich der Grossdrache. Sein Auge schwebte jetzt direkt vor dem Elfen.
"Kleiner Elf, wieso nahmst du das Leben meines Sohnes?", fragte der Riese in der alten Sprache der Drachen. Seine Gedanken waren so mächtig, dass sie die Luft in Schwingungen versetzten und man sie förmlich spüren konnte. "Du wolltest sprechen, also sprich", fügte der Grossdrache hinzu und wartete auf eine Antwort. Die Drachen rundum neigten sich gespannt vor und beobachteten still und mit wachem Blick das Schauspiel.

"Ich werde euch die ganze Geschichte erzählen. Ich..." Er brach ab und sammelte sich. "Ich war fünfzehn. Meine Familie lebte am Ufer des Sed'n in einem einfachen Holzhaus. Zu diesem Zeitpunkt lebten noch meine Eltern, mein Grossvater, meine kleine Schwester und ich. Ich war auf dem Rückweg zu unserem Haus, da lief mir ein Hirsch direkt in die Arme. Es war ein wunderbares Tier, gross und stattlich. Ich schoss ihn und trug ihn zu unserem Haus. Als ich ankam landete die Silberschwinge direkt neben mir. Er sagte mir, er hätte das Tier gejagt und die Beute würde ihm gehören. Ich war aber zu stolz und verweigerte sie ihm. Meine Eltern und mein Grossvater kamen aus dem Haus und wollten.... ", wieder brach er ab. Er wusste einfach nicht was sie gewollt hatten, denn bevor sie es ihm sagen konnten waren sie gestorben. "Ich weiss nicht was sie sagen wollten und auch nicht was euer Sohn dachte. Er spie Feuer auf unser Haus. Meine... meine kleine Schwester war noch drin. Sie schaffte es nicht mehr raus. Sie war erst sieben. Als meine Eltern das Feuer sahen griffen sie den Drachen mit ihren Jagdmessern an. Mein Grossvater versuchte ihm einen Pfeil ins Auge zu schiessen aber auch er wurde getötet. Ich tat nichts. Ich war wie festgefroren. Alles was ich konnte war auf das Feuer zu starren und den Schreien meiner Schwester zu lauschen. Sie lebte zu dem Zeitpunkt noch, aber ich konnte sie nicht retten. Ich war einfach zu schwach und zu unerfahren im Gebrauch mit der Wassermagie oder Windmagie." Er blickte hoch und starrte dem Grossdrachen ins Gesicht. Der alte Hass war wieder in ihm aufgewallt und drohte ihn zu übermannen. "Euer Sohn flog nachher davon. An diesem Tag habe ich geschworen, dass ich meine Familie rächen würde. Ich wusste nicht warum er das getan hatte, vielleicht aus Zorn oder Scham das ein Elf zufälligerweise seine Beute schoss. Was auch immer der Grund war. Er hatte kein Recht ein kleines Kind bei lebendigem Leib zu verbrennen.", knurrte er und sein Griff um das Doppelschwert wurde fester. Er atmete einmal tief durch um seine Gefühle wieder in den Griff zu kriegen. "Das war alles und verzeiht meinen Zorn. Er sollte nicht gegen euch gerichtet werden." Er neigte sein Haupt und wartete. Jetzt hatte er alles gesagt was er hatte sagen wollen.