Dort lag er. Eine Erdwand ragte neben ihm über ihn hinaus, aber sonst war er ungeschützt. Aber er war noch bei Bewusstsein. Und sie hatte außer Shagans simpler Feuermagie und ihrem Dolch keine Waffen.
Kurzerhand packte sie den Dolch und sprang auf Zarkun zu, bereit ihm den Dolch durch seinen Hals zu treiben.

Zarkun sah Livaleth auf sich zukommen. Verdammt, er hatte schon viel Kraft eingebüßt und war verletzt, aber er würde sie weghauen. Und ihre blutende Leiche dann...verzieren...auf seine Weise.
Er sandte einen Feuerstrahl gegen sie. Schluck das, du Hafenkneipenschlampe!

Feuer. Sein Element. Shagan versuchte krampfhaft den Strahl abzulenken, aber es half nichts. Er könnte ihn maximal absorbieren, aber dann...zu spät. Er absorbierte das Feuer durch Livaleths Körper in seinen Geist, dann brannte er. Nur innerlich natürlich, aber er brannte. Jetzt musste er ein magisches Feuerritual durchstehen, um nicht zu sterben. Das bedeutete, von nun an konnte er Livaleth nichtmehr im Kampf helfen. Er begann sein Ritual. Sie war auf sich allein gestellt.

Shagan hatte scheinbar den Feuerstrahl absorbiert. Scheiße! Er war nichtmehr stark genug um Erd- oder Wassermagie zu benutzen und seine restliche Kraft durfte er nicht für unbedachte Wind- oder Feuermagie verschwenden. Er wollte gerade auf die Beine kommen, als Livaleth auf ihn zu zusprang und er ihren Schuh im Gesicht spürte. Er fiel wieder zu Boden.
Diese **** hatte es tatsächlich gewagt, ihn körperlich anzugreifen. Aber da hatte sie sich verschätzt. Er stand blutend auf und zog seinen Säbel. Livaleth zog ihren Langdolch. Dann eben auf diese Art und Weise!

Livaleth griff zu ihrer letzten Waffe. Sie hatte eine magische Spruchrolle von den Magiern mitbekommen, die sie durch ein Wort ihrer Wahl aktivieren konnte. Diese hatte sie hervorgeholt. Sie sagte ihr Geheimwort und der Zauber entlud sich. Eine Schockwelle raste durch Zarkuns Körper. Dieser konnte sich kurz nicht bewegen. In diesem Moment trat Livaleth ihm den Säbel aus der Hand und hob ihren Dolch. Doch Zarkuns magischer Schutz verkürzte den Schock und dieser konnte zurückweichen.

Unfassbar! Die Magier hatten ihr magische Waffen mitgegeben. Damit hatte er nicht gerechnet. Gefährlich. Jetzt hatte er nur noch seinen Körper und sie ihren Dolch.
Und viel Kraft hatte er nichtmehr. Zur Not müsste er seine ganze letzte Kraft für Magie aufwenden, wenn es sich nicht vermeiden ließ.

Sie sprang vor und ließ ihre Hand mit dem Dolch auf Zarkuns Schulter niedersausen. Dieser stieß mit der Hand in ihre Richtung und der Dolch flog weg.
Dennoch traf sie ihn mit der Faust an seiner Hand, sodass Zarkuns Arm nach hinten gedrückt wurde.
Sie trat nach seinem Brustkorb, doch er wich mit einem Sprung nach hinten aus. Er überschlug sich gekonnt und blieb vor ihr stehen in seiner Kampfhaltung.
Sie ebenfalls.

Das war's. Seine letzte magische Kraft hatte er dafür geopfert, den Dolch wegzuschlagen. Jetzt konnte er nur noch Magie anwenden, wenn er riskieren wollte umzukippen.
Er hatte einfach in der letzten Woche schon zu viel Energie verbraucht, als er gegen Táronts Späher im Heideland gekämpft hatte.
Er blieb stehen in seiner defensiven Haltung. Er konnte sich auch gut nur mit seinem Körper wehren!

Kampfkunst nur mit dem Körper. Ihre Spezialität. Sie konnte nicht besonders gut mit einem Schwert kämpfen oder mit einem Bogen schießen, aber das konnte sie.
Nur sie gegen diesen Magier.
Sie sprang nach vorne.

Sie trat nach ihm, aber er blockte ihr Bein mit seinem Arm und startete seinerseits einen Angriff, indem er ihr Bein herumriss und sie so zu Boden schleuderte. Doch damit hatte sie gerechnet, sie hatte ihn einmal beim Training beobachtet, damals noch in Murgird.
Sie fing sich auf, zog das Bein weg und trat mit dem anderen nach seiner empfindlichsten Stelle.
Er wich einen Moment zu spät zurück, sie streifte ihn.
Er sog zischend Luft ein, aber trat sofort nach ihrem Kopf. Sie rollte sich weg und richtete sich auf, als sie auch schon eine flache Hand im Gesicht traf.
Zum Glück hatte Zarkun nicht richtig getroffen. Ihre Nase blutete, aber war nicht gebrochen.
Sie schlug nach ihm, er wich aber zurück.
Dieser Kampf würde dann doch noch etwas dauern, wenn sie auf die Art und Weise weiterkämpften.
Sie beschloss richtig Gas zu geben.

Sie musste sich eingestehen, sie war keine saubere Nichtmagierin, wenngleich sie keine Magierin war.
Aber die Geschwindigkeit, mit der sie auf Zarkun zuschoss um ihm schließlich von unten so fest ans Kinn zu treten, dass er leicht abhob, war nicht natürlich.
Sie rappelte sich auf und schlug in seinen Solarplexus, woraufhin er zu Boden ging.
Der war erledigt. Erschöpft ließ sie sich auf den Boden sinken und setzte sich.

Er hatte nicht schnell genug reagiert. Er hatte sie einfach unterschätzt.
Er hatte nur noch schnell seinen Bauch härten können, damit er nicht durch den Schlag starb.
Sein Mund füllte sich mit Blut, aber mehr war nicht passiert.
Auch er hatte noch körperliche Sonderfähigkeiten.
Und diese würde er jetzt einsetzen.

Nein, der Mistkerl rappelte sich auf und schoss seinerseits auf sie zu. Zu schnell für einen Dämonen. Zu schnell!
Bam!
Sie rutschte rückwärts über den Dreck am Boden und sah Sternchen.
Scheiße!

"Jetzt mache ich euch allen dreien auf einmal ein Ende", knurrte Zarkun.
Er sprang hoch in die Luft und hob das Bein zum finalen Tritt, der Livaleth in den Erdboden rammen würde.
Das war's!
Doch kurz bevor er aufkam wurde wurde er weggesprengt. Livaleths Hand war erhoben und Zarkun flog rückwärts durch die Luft, krachte gegen einen der großen Erdbrocken und blieb reglos auf dem Boden liegen.

"Neshatar?"
"Wie es scheint, habe ich mich gerade rechtzeitig erholt", keuchte der Schattendämon.
"Zarkun dürfte erledigt sein. Aber das war etwas zu viel für mich. Bitte versucht schnell mit den Magiern Kontakt aufzunehmen!"
Dann verblasste seine Stimme in ihrem Kopf und ihre Hand fiel zu Boden.
Sie war alleine.

Sie lief mit letzter Kraft zu Zarkun hinüber und tastete seinen Puls und Herzschlag. Er lebte noch.
Ihren Dolch hatte sie verloren, aber sie hatte noch ihr Taschenmesser.
Mit zittrigen Händen nahm sie es hervor und hob es.
Sie hatte noch nie getötet. Etwas in ihr wehrte sich. Aber sie musste es tun, sonst würde er sie töten.
Sie fand es immer schade, wenn eine außergewöhnliche Person aus der Welt verschwand, aber andererseits war Zarkun ein schlechtes Wesen gewesen.
Sie ließ ihre Klinge niederfahren.
Im selben Moment wurde ihr schwindlig, sie sah erneut Sternchen tanzen und brach zusammen.

Als Livaleth aufwachte, sah sie zunächst nur verschwommen ihre Umgebung. Vor ihr lag Zarkun...und atmete!
Sie hatte mit dem Messer nicht richtig getroffen!
Plötzlich hörte sie Neshatar und Shagan in ihrem Kopf.
"Hey, aufwachen! Es ist ein absolutes Scheißgefühl in dir gebannt zu sein, während du ohnmächtig bist!"
Das war scheinbar Shagan.
"Dann können wir endlich wieder reden, wo sie wach ist", sagte Neshatar. "Hat dein Ritual geklappt?"
"Alles bestens! Und du, wieder halbwegs fit?"
"Erschöpft, schwach, kann keine starke Magie wirken für einige Zeit, sonst ist alles okay."
Livaleth wurde schwindlig von diesem Gespräch.
"Zarkun lebt noch", sagte sie und hustete. Blut kam aus ihrem Mund.
Shagan antwortete: "Aber er ist ohnmächtig! Jetzt können wir den Dreckskerl ganz fertigmachen. Aber bloß nicht wieder versuchen, ihn mit einem Messer zu töten, ich brauche seinen Körper unversehrt! Schon so wird es schwierig sein, ihn wieder ganz zu flicken, nehme ich an!"
In dem Moment gab Zarkun ein leises Stöhnen von sich.
Er war wach.

"Bevor er sich wieder erholt, musst du ihm eins über den Schädel ziehen und dann irgendwie fesseln", sagte Shagan. "Neshatar, kannst du ihn magisch versiegeln?"
"Nnnnnein, leider nicht!"
Livaleth näherte sich dem Dämonen. Ihn ohnmächtig hauen, okay, aber womit sollte sie ihn bitte fesseln?"
In dem Moment rappelte sich Zarkun langsam auf. Verdammt!
Aber bevor noch etwas geschehen konnte, schaltete sich Ophtal ein.
"Was soll diese Scheiße hier bitte?", dröhnte seine Stimme in ihrem Kopf.
Verdammt, sie waren erwischt worden!