RE: Dörfer am Fluss Malven (Derni)
in Dreitan - das Spiel 15.10.2011 18:58von Ro Raven •

Derni ist ein kleines Menschendorf am Ufer des Flusses Malven. Wie die meisten solchen Dörfer wird es von einer hohen Palisade aus angespitzten Stämmen umzäunt, mit einem Tor in Richtung des Flusses. Das Dorf ist einige Schritte vom Ufer entfernt auf einem kleinen Hügel erbaut, um nicht im Frühling überschwemmt zu werden. Vom Tor führt ein Pfad den Hügel hinunter zu den Feldern, die in einem Halbkreis bis zum Flussufer um das Dorf liegen und vom Wald begrenzt werden, dem sie einst von den Bauern abgetrotzt wurden. Der Weg führt auch zu dem langen Holzsteg, der Dorf das Schilf bis in die tieferen Wasser des Flusses hinausführt, an dem Fischerboote festgebunden sind und wo manchmal auch ein grösseres Handelsschiff anlegt.
Die Häuser Dernis sind aus Holz und Lehm erbaut, ihre Dächer mit Schilf gedeckt. Die Menschen hier führen ein beschauliches Leben, genährt von Ackerbau und Fischerei. Die meisten Leute sind hier geboren, hier aufgewachsen und werden auch hier sterben. Doch es gibt natürlich immer Ausnahmen.
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Jahr 294 (12 Jahre vor Ladril)
Das Wasser des Malven plätscherte an die Pfosten des Stegs, Vögel zwitscherten in der Frühlingsluft, lachende Stimmen schallten vom Dorf her. Die Holzplanken waren schon warm, das Wasser des Flusses an ihren nackten Zehen noch kalt. Sie sass still da und beobachtete die Fische, die unter ihr durchs Wasser zogen.
Sie trug die grobe, braune Kleidung der Bauernkinder dieser Gegend und war genauso schmutzig wie alle andern. Doch in allem andern war sie anders. Ihr Haar war nicht blond oder braun, sondern rabenschwarz, ihre Haut nicht sonnengebräunt, voller Sommersprossen, sondern selbst im Hochsommer noch aussergewöhnlich hell. Sie war klein und sehr zierlich für ihre sechs Jahre und sie sass lieber allein am Fluss, anstatt mit den anderen Ball zu spielen.
All das hatte sie von ihrem Vater geerbt, den sie niemals kennen gelernt hatte, denn ihre Mutter war eine Frau von hier, genau wie alle andern, mit braunem Haar und Sommersprossen. Eine Frau, die einst einen fremden Mann kennengelernt hatte, der kurz darauf schon wieder verschwunden war. Ihren Vater. Sie versuchte oft, ihn sich vorzustellen, diesen Fremden mit dem schwarzen Haar, der ihre Mutter so schnell um den Finger gewickelt hatte. "Er trug dunkle Kleider", hatte sie erzählt, "sein Haar war so schwarz, lang und gerade wie deins. Wenn er sich bewegte sah es aus, als würde er tanzen, und sein Umhang wirbelte hinter ihm her wie im Wind. Und wie der Wind war er wieder fort." Das Mädchen bedauerte das. Sie wusste nicht warum, aber sie war sich sicher, dass ihr Leben mit ihrem Vater um einiges spannender gewesen wäre als ohne ihn.
If you're going through hell, keep going.

RE: Dörfer am Fluss Malven (Derni)
in Dreitan - das Spiel 16.10.2011 16:41von Ro Raven •

Jahr 295
Wieder war es Frühling. Wieder plätscherte der Fluss, zwitscherten die Vögel, lachten Kinder im Spiel. Doch dieses Jahr war alles anders. Das Mädchen mit dem rabenschwarzen Haar sass nicht mehr unten am Steg und hielt ihre nackten Füsse ins Wasser. Stattdessen stand sie in einer dunklen Hütte und starrte auf ein Bett hinunter. Dort unter einer rauhen, braunen Wolldecke, kaum zu erkennen im Zwielicht, das durch die zwei kleinen Fensteröffnungen einfiel, lag der Körper einer Frau mit braunen Haaren und Sommersprossen. Es war ihre Mutter. Und sie war tot.
Eine Nachbarin versuchte tröstend einen Arm um sie zu legen, doch sie stiess die Hand weg. Stattdessen kniete sie neben das Bett, ergriff die Hand ihrer Mutter und küsste die unheimlich kalte Haut. "Ruhe deine Seele in Frieden", flüsterte sie, bevor sie sich wieder aufrichtete und sich umwandte. Die versammelten Leute starrten sie an. Trotzig begegnete sie ihren befremdeten Blicken. Sie wusste, was sie dachten. Sie dachten: Woher hat das Mädchen diese Worte? Niemand hat sie ihr gesagt. Und: Wie kann ein Kind von sieben Jahren verstehen, was der Tod ist? Sie hatte keine Antwort darauf. Sie verstand es einfach.
Nocheinmal wandte sie sich um und betrachtete den Leichnahm, der ihrer Mutter, die sie gekannt hatte so ähnlich, und gleichzeitig doch so fremd aussah. Als würde sie nur entfernt und durch Wasser sehen. Und dann fasste sie einen Entschluss.
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RE: Dörfer am Fluss Malven (Derni)
in Dreitan - das Spiel 16.10.2011 22:34von Ro Raven •

Jahr 295
Nur wenige Tage sind vergangen. Noch immer scheint die Sonne, noch immer plätschert der Fluss, wie er es seit eh und je tat und immer tun wird. Am Steg hat ein flaches Flussschifferboot angelegt, eine Gruppe von Leuten steht daneben. Eine Frau legt ihre von Arbeit gezeichnete Hand auf die Schulter des Mädchens mit dem rabenschwarzen Haar. "Willst du wirklich nicht bleiben? Du könntest bei uns wohnen, ein Kind mehr oder weniger spielt auch nicht mehr so eine Rolle, weisst du. So eine Schiffsreise ist nichts für ein kleines Mädchen, und du weisst nicht mal, wohin du willst. Bleibt doch hier." Ihre Stimme klingt fast bittend und voll von Sorge. Doch das Mädchen schüttelt nur stumm den Kopf, die Lippen zu einer Linie zusammengepresst. Ihre Mutter war unter der Erde, auf dem Friedhof hinter dem Dorf, nun gab es nichts mehr, was sie hier hielt.
Und sie wusste auch, dass die Frau, es war dieselbe, die am Totenbett versucht hatte, ihren Arm um sie zu legen, sie nur aus Mitleid genommen hätte und sie nicht nochmal bitten würde. Denn in Wirklichkeit spielte ein Kind mehr oder weniger sehr wohl eine Rolle, ein Kind, für das man Essen, Kleider und Platz haben musste. Ausserdem war sie den Leuten unheimlich, mit ihrem andersartigen Aussehen und ihrer verschlossenen Art. Besonders seit sie sich am Totenbett von ihrer Mutter verabschiedet hatte, wie es sonst nur Erwachsene taten. Ein Stückweit war sie sich auch selbst unheimlich. Woher wusste sie, was Tod bedeutete? Woher wusste sie, was die Erwachsenen über sie dachten? Sie war doch erst sieben Jahre alt. Wie konnte sie das alles wissen?
Zwei, drei Nachbarinnen umarmten sie zum Abschied, dann hob einer der Schiffsleute sie an Bord des Bootes, mitsamt ihren Habseligkeiten. Viel war es nicht, nur ein zweites Hemd, ein abgetragener Umhang, eine Woldecke, ein Messer, ein Löffel, Proviant und ein kleines bisschen Geld. Sie wurde auf eine Kiste am Rand des Bootes gesetzt. Sie sah zurück zum Steg, während das Boot ablegte, sah noch einmal in die Gesichter der Leute, die dort standen, und die sie vermutlich nie wieder sehen würde. Langsam wurden sie immer kleiner, bis sie schliesslich hinter einer Wand aus Schilf verschwanden. Sie drehte den Kopf und sah nach vorne. Dort lag jetzt ihr Leben.
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RE: Dörfer am Fluss Malven (Derni)
in Dreitan - das Spiel 13.09.2013 14:21von Úrakantôr •

Mitte März 308
Zarkun hatte sich nach dem Gespräch Hexathars auf den Weg gemacht. Er hatte ganz gemütlich reisen können auf dem Weg vom Gebirge im Osten nach Derni. Mit seinem magisch manipulierten Körper hätte er auch schneller reisen können, aber er musste ja auf die Suchgruppe warten. Und die würde erst irgendwann jetzt oder in einer Woche hier vorbeikommen. Er hielt sich in der Nähe Dernis, eines kleinen Dorfes, versteckt. Derni würde die Gruppe finden und dann würden sie sich irgendwo am Malven treffen. Nur nicht in Derni, sie wollten nicht gesehen werden.
Und wenn sie sich gefunden hätten, dann konnten sie sich Richtung Srit aufmachen.
And he wondered...how can I protect something so perfect without evil?

RE: Dörfer am Fluss Malven (Derni)
in Dreitan - das Spiel 15.09.2013 21:14von Úrakantôr •

Ein paar Tage später sah er sie schließlich, als er wie gewohnt um Derni herumpatroullierte. Er erkannte sie recht schnell als Gruppe Srit. Also schlich er sich an und begrüßte sie mit einem knappen: "Zarkun. Soll euch unterstützen, Gruppe Srit."
Die Magier waren zunächst erschrocken herumgefahren, dann hatten sie ihn recht schnell erkannt und sich entspannt. "Hallo, Zarkun. Ophtal hat uns informiert. Wir brechen morgen früh auf, um schnell nach Srit zu gelangen. Bisher sind wir sehr schnell vorangekommen, deshalb rechnen wir damit Srit in zehn Tagen zu erreichen. Bis dahin haben wir noch Zeit, unseren Plan ausreifen zu lassen."
Zarkun nickte und setzte sich zu ihnen ans kleine Lagerfeuer.
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RE: Dörfer am Fluss Malven (Derni)
in Dreitan - das Spiel 27.09.2013 00:08von Úrakantôr •

Ende März 308
Zarkun und Kribatim waren gerade in die Nähe von Derni gekommen, bei normalem bis zügigem Reisetempo, als Ophtal den Befehl gab. Kribatim hatte erneut mehrmals seine Magie zu wirken und das nicht zu knapp. Zarkun wusste, dass bald der Punkt gekommen war, an dem Kribatim aussteigen würde. Er verbrauchte enorm viel Lebenszeit für Hexathars Pläne, nur weil er diese Magie als Einziger beherrschte. Man merkte ihm an, dass er zunehmend genervt davon war, wie er von Hexathar benutzt wurde.
Er willigte ein, mit den Worten, dass dies das letzte Mal wäre, dass er seine Magie für Hexathar gebrauchte. Er würde sich zur Ruhe aufhören, weil es ihm zu viel wurde.
Nachdem Kribatim dann neben Zarkun einfach verschwunden war, um im Magierversteck aufzutauchen, blieb Zarkun zurück. Er dachte nach. Kribatim musste wegen Shagan fort. Dieser hatte das Geheimnis Búracs Hexathar angeboten.
Zarkun verzog sein Gesicht zu einer wütenden Fratze.
Das Geheimnis Búracs musste geschützt bleiben! Das wusste er mittlerweile! Es war nicht der Vokal der Magie, wie Hexathar glaubte, aber dennoch. Es war seine Pflicht als Verräter Búracs, seine Tat soweit er konnte wieder gutzumachen und zu verhindern, dass das Geheimnis jemals aus Búrac entfernt werden konnte.
Er würde nach Búrac gehen, so schnell sein magischer Körper es zuließ. Und dann würde er Shagan herausfordern und töten. Denn diesmal stand Shagan alleine da, im Gegensatz zu ihren letzten beiden Kämpfen. Und er war stärker als Shagan, das wusste er.
Sie waren ewige Konkurrenten. Und er würde es jetzt beenden. Für immer.
Er lief los und nahm Kurs auf Búrac.
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RE: Dörfer am Fluss Malven (Derni)
in Dreitan - das Spiel 22.06.2015 02:08von Ro Raven •

Anfang Februar 308, Altmoor (auf der Karte in gerader Linie südlich von Derni, da an der grossen Flussschleife)
<- Ro, Alastar, Risk aus Immen S. 29
Dünnes Eis brach, als sie in der Abenddämmerung in den Hafen von Altmoor stakten. Die Häuser duckten sich dunkel und leicht schief über den Stegen und schneebedeckten Wegen, Licht fiel aus kleinen Fenstern auf das Eis. Einzelne Schneeflocken fielen vom grau verhangenen Himmel. Irgendwo schlug eine Türe und jemand kam ihnen entgegen, dick eingemummelt in warme Jacken und rutschte dabei fast auf dem Steg aus, um ihnen zu helfen, das Boot festzumachen.
Ro hustete, als sie über die Bordwand ans Ufer kletterte und Alastar hochzog. Die letzten anderthalb Wochen waren eiskalt gewesen und es hatte andauernd wieder geschneit. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals solche Stille erlebt zu haben, wie einen Tag lang auf dem Fluss, umgeben von nichts als fallendem Schnee. Es war eine Stille, in der man nicht mehr wagte zu sprechen, eine Stille, die einem jedes Wort, das über die Lippen kommen wollte, zurück in die Kehle drängte, nur unterbrochen, oder eher untermalt vom gelegentlichen Plätschern des Wassers an der Stake. Eine Stille, die tödlich war für ihre Gedanken und ihre Nerven, aber jedesmal, wenn sie spürte, wie sie wütend wurde, rief sie sich Kor in Erinnerung. Die Schlafsääle. Es liess sie würgen, aber das Feuer auch augenblicklich ersterben. Sie musste lernen, es in den Griff zu bekommen. Sonst würde sie ihr Leben lang nichts anderes sein als eine Waffe, die man an den richtigen Ort und dort zum ausrasten brachte. Sie erinnerte sich an früher. Dort war es doch auch gegangen. Wann hatte sie aus den Augen verloren, wer der Feind war? Und warum?
Sie stolperten und schlitterten den vereisten Steg entlang zu den Häusern und stapften durch den Schnee zu einem der windschiefen Häuser, über dessen Eingangstür ein verwittertes Schild im leichten Wind baumelte. Drinnen war es relativ dunkel, aber warm, mit einem Feuer im Kamin. Ro zog ihren Mantel aus und hängte ihn hustend an den Kamin, bevor sie die eiskalten Hände am Feuer wärmte. Sie waren in Altmoor. Von hier weiter durch die Wildnis. Irgendwie war sie froh, nicht weiter den Malven hinunter zu fahren. Denn er führte an Orte, mit denen sie Erinnerungen verband. Sie war sich im Moment nicht sicher, ob sie bereit gewesen wäre, jenen Erinnerungen entgegen zu treten. Sie war schon damals vor ihnen davon gelaufen. Still blickte sie in die Flammen. Sie spürte das Feuer, tief unter der Kälte ihrer Haut, die ihr bis in die Knochen gedrungen war. Sie fragte sich, wie lange es ihr dieses Mal gab.
If you're going through hell, keep going.

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