Die Tempelstadt Lovit befindet sich auf dem Gipfel des Namenlosen Berges; nord-nordöstlich der Stadt Drez und nordwestlich von Draknard. Ungewöhnlicherweise ist die Tempelstadt als eine uneinehmbare Festung angelegt worden. Ganz nach den Lehren der alten Religion, werden die Mönche, Nonnen, Priester und Priesterinnen in allen freien Künsten, sowie Medizin und allen möglichen Kampftechniken Dreitans unterrichtet.
Die Tempel selber sind ein architektonisches Kunstwerk. Die Fassaden sämtlicher Gebäude, als auch der überdachten Wehrmauer, bestehen aus hellem Gestein, wie Marmor und Sandstein, oder Gips. Die geschwungenen Dächer sind aus hellrotem Ziegelstein und die Giebel, Regenrinnen, Wasserspeier in Drachenform und Torbögen vergoldet und mit geschichtlichen Darstellungen oder Szenen verschiedener Legenden und Sagen verziert. Vom Haupttempel, dem grössten Gebäude, schlängelt sich ein klarer Bach durch die gesamte Stadt.
Im Herzen der Anlage ist ein grosser Park. Dieser ist in sieben Teile unterteilt, jeder einem der sieben Energiezentren des Körpers gewidmet. In jedem dieser Teile bildet der Bach einen kleinen, kreisrunden Teich, um den dann der dazugehörige Teil des Gartens aufgebaut ist:
1. Teil: Energie der Wurzeln - Hier wird Ackerbau betrieben.
2. Teil: Energie des Miteinanders und der Liebe - Hier werden Tänze geübt und Feste gehalten.
3. Teil: Energie der Sonne, Hitze - Hier werden die Kampfkünste gelehrt.
4. Teil: Energie des Herzens - Hier werden Kunst und Musik praktiziert.
5. Teil: Energie der Stimme - In diesem Teil werden Sprachen gelehrt.
6./7. Teil: Energie des Vorstellungskraft und der Verbindung der irdischen und geistigen Welt - Hier werden die freien Künste gelehrt und es wird meditiert. Zum siebten Teil haben, aber nur die Hohepriester Zutritt.
Die Häuser der Bewohner sind über die gesamte Anlage. Die Häuser sind ebenfalls verziert, aber schlicht eingerichtet. Jedes sieht dem anderen zum Verwechseln ähnlich und hat einen kleinen Garten und Brunnen.
Die Bogengänge im Haupttempel, sind mit Bernstein und gelber Jade verkleidet. Die Ornamente erzählen die Geschichte des Tempels und der Drachen. Die Räume des Haupttempels sind mit hohen Decken und viel Platz ausgestattet. Im Haupttempel befinden sich auch eine der grössten Bibliotheken Dreitans, das Spital, Apotheke, einige Waffenkammern, Lagerräume, Museen, Gebetsräume, Notunterkünfte und eine Voliere unter dem Dach.
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Jahr 265
Ran lag auf dem Dach des Haupttempels. Die Sterne funkelten über ihr. In der Ferne konnte sie einen Drachen brüllen hören. Unter ihr im Park zirpten die Grillen, die Blätter und Nadeln der Bäume rauschten leise im Wind und der Bach plätscherte. Ansonsten herrschte Stille. Sie kletterte zurück auf die Terrasse der Voliere und schlich neben den Käfigen verschiedenster Botenvögel hindurch. Sie achtete darauf keinen der Vögel zu wecken. Als sie die Voliere verlassen hatte, schlich sie durch die verschiedenen Gänge und über verschiedene Treppen nach draussen. Vor dem Haupteingang sassen drei Priester auf den Treppen und unterhielten sich auf der Zwergensprache über irgendetwas. Es waren zwei Elfe und ein Zwerg. Ein interessantes Bild dachte sie. So etwas hatte es in Ladril nicht gegeben. Aber hier im Tempel war alles und jeder gleichgestellt. Zum grössten Teil jedenfalls. Es gab verschiedene Titel und Ränge. Zum Beispiel waren ihre Eltern zwei der sieben Hohepriester. Und dank ihnen würde sie ebenfalls Hohepriesterin werden, leider.
Sie grüsste die Priester und stieg die Treppe hinunter. Die Priester grüssten zurück und liessen sie durch. Ohne auch nur zu fragen wohin sie zu so später Stunde ging.
Ran folgte dem Bach. Sie ging durch jeden der sieben Gärten, bis hin zum siebten. Hier befand sich ein kleinerer Tempel, versteckt hinter einer lebendigen Bambuswand. Ein bogenförmiger Tunnel wurde aus den Pflanzen geflochten und führte zum Tempelgarten. Dieser war nicht klein, aber auch nicht riesig. Einige Hohepriester liefen über das Grundstück hin und her, keiner von ihnen lebte hier. Nur der Familie des Drachen war es erlaubt hier zu leben; die Familie ihres Vaters. Sie wollte ihn sprechen, also ging sie hinein.
Drinnen hörte sie Stimmen. Die eine gehörte ihrem Vater, die zweite war ihr unbekannt, aber es handelte sich um einen Mann. Leise machte sie die Tür zum Empfangszimmer einen Spalt breit auf. Plötzlich verstummten die beiden Männer. Verdammt, dachte sie. "Ran, komm rein", sagte ihr Vater. Sie öffnete die Tür und verneigte sich, wie es die Benimmregeln hier wollten. "Entschuldigt die Störung, ich wusste nicht, dass du Besuch hast Vater. Ich komme, dann später wieder", sagte sie und wollte wieder gehen. Aber ihr Vater hielt sie mit einem Räuspern zurück. Was denn, hatte sie wieder etwas falsch gemacht? "Ran, darf ich dir meinen alten Freund aus Drez vorstellen? Das ist Darez. Darez, das ist meine bezaubernde Tochter Randreyah", sagte er stolz. "Freut mich ihre Bekanntschaft zu machen Karunu Darez", sagte sie höflich. "Mich ebenfalls Karima Randreyah", sagte er knapp. Er wandte sich wieder an ihren Vater. "Wie gesagt muss ich jetzt weiter. Aber ich bitte dich diese Schriftrolle für mich hier aufzubewahren, bis ich den nächsten Erben der Familie zu dir schicke." Er reichte Rans Vater eine in violetten Samt gehüllte Schriftrolle und drehte sich um. Er verabschiedete sich knapp und ging an Ran vorbei durch die Tür. Dabei konnte sie unter seinem Umhang einen Scharaki aufblitzen sehen. Er trug das Wappen einer der mächtigsten Familien Drez's. Das war also Onkel Vakras Bruder, dachte sie. Und wandte sich an ihren Vater. "Hast du Zeit?", fragte sie. "Jetzt schon, mein Schatz. Setz dich. Worum geht's?", sagte er und deutete auf ein Sitzkissen vor seinem niedrigen Teetisch. Er selber nahm auf einem, an der anderen Seite des Tisches, Platz. Sie setzte sich. "Es geht um meine Ausbildung im Gebiet der Magie", sagte sie und sah ihren Vater erwartungsvoll an. Er betrachtete ihr blondes Haar, welches im Kerzenlicht schimmerte. Sie ähnelte wirklich sehr ihrer Grossmutter mütterlicherseits. Kein Wunder wurde sie oft für eine vollblütige Elfe gehalten und nicht für einen - beinahe - vollblütigen Schatten, dachte er.
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Winter des Jahres 306
Ro klammerte sich zitternd am starren Leder des Sattels fest. Der Drache spie die ganze Zeit Feuer. Sie vermutete, dass es deswegen wärmer war, aber irgendwie waren die zuckenden Flammen und das dunkle Grollen auch verdammt unheimlich. Sie hob eine Hand und hauchte darauf, um wieder etwas Gefühl hinein zu bekommen, hielt sich aber mit der anderen weiterhin gut fest, denn der Drache sackte bei jedem Flügelschlag ein Stück ab und ruckte dann wieder hinauf. Ran hinter ihr schien sich nur an den Zügeln festzuhalten. Ro fragte sich, wozu sie die Zügel überhaupt brauchte, denn sie glaubte kaum, dass der Drache sich davon herumkommandieren liess. Vielleicht ja genau um sich daran festzuhalten. Dazu wäre ein Griff am Sattel jedoch wesentlich praktischer gewesen, zumindest schien es ihr so.
Sie blickte auf die schroffen Felszacken, die unter ihnen hinwegzogen. Sie flogen nach Norden. Nach Lovit, hatte Ran gesagt, aber Ro hatte keine Ahnung, wo das liegen sollte. Ran hatte auch etwas von einem Tempel gesagt, und das gefiel ihr weniger. Tempel neigten dazu, fanatische Gläubige anzuziehen und die wiederum neigten dazu, einen nicht zu mögen, wenn man nicht ihrer Meinung war.
Der Drache änderte ein wenig die Richtung und begann sanft zu sinken. Ro beugte sich vor und sah etwas merkwürdiges: einen Berg mit einer Krone. Erst auf den zweiten Blick, wurde ihr Klar, dass die Krone eine grosse Ringmauer war, die um den ganzen, relativ flachen Gipfel führte. Im inneren der Mauer war eine Stadt, ganz aus weissem Stein, mit leuchtend roten Dächern. Wer kam nur auf die Idee, eine Stadt auf einen Berg zu bauen? Das war doch verdammt unpraktisch, wenn man Handel treiben wollte. Sie kniff die Augen zusammen. Es konnte natürlich sein, dass diese Stadt das nicht wollte, überhaupt keinen Kontakt zur Aussenwelt erwünschte. Schliesslich war es doch irgendwie seltsam, dass sie noch nie davon gehört hatte. Wo war sie da nur wieder hineingeraten.
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Sie waren da. Vor ihnen lag Lovit. Die Stadt über den Wolken. Ran mochte die Ruhe hier, vermisste aber auch die Geschäftigkeit richtiger Städte. Eine Tempelstadt, war immer eher in sich gekehrt. Zwar flogen Priester täglich hinunter in die Täler und Städte um zu handeln und ihren Tätigkeiten als Ärzte, Apotherker und Priester nachzugehen, aber in der Stadt herrschte immer die gleiche Zurückgezogenheit und nur selten verlief sich jemand dorthin.
Drewngard landete kurz vor den Stadtmauern auf einem Platz, der für die Drachen als Landeplatz gebaut worden war und sie stiegen ab. Schnell erlöste Ran den Drachen von dem Sattel und dem Zaumzeug. Er streckte sich und gähnte, bevor er sie grummelnd mit der Schnautzenspitze in den Bauch stupste. Ran umarmte seinen grossen Kopf, bedankte sich bei ihm und verabschiedete sich. Er erhob sich wieder in die Lüfte und stiess brüllend einen Feuerstrahl zum Abschied in den Himmel. Er flog nach hause, nach Drakhard, dass wusste sie.
Ran warf Ro ihre Decke zu und band ihre Sachen auf den grossen Sattel fest. Das Fuchshörnchen lag ihr wieder um den Hals gekuschelt. Mit Hilfe der Zügel zog sie den Sattel wie einen Schlitten hinter sich her, an Ro vorbei und hielt vor dem geschlossenen Tor. Sie winkte Ro heran und liess den riesigen Türklopfer drei Mal gegegen das Holz fallen. Nach einer Weile hörte man einen verschlafenen Priester rufen: "Kogna dren?", was so viel wie "Wer ist da?" hiess. "Ora Randreyah dono Gostwea!", rief Ran zurück. "Ah Herrin!", tönte der Priester jetzt erfreut, "Ihr und euer Gast sollt willkommen sein! Tretet ein!" Er öffnete das schwere Tor und trat zur Seite. Ohne zu zögern nahm er Ran den Sattel ab, beziehungsweise die Zügel, und winkte die beiden Ankömmlinge ein. "Der Grosse Meister wartet bereits auf euch", sagte er. "Er ist im Siebten Garten, Herrin. Aber leider müsst ihr..." - "Ich weiss", unterbrach Ran ihn schroff. "Ich weiss wo er ist und wo wir übernachten müssen. Auf welchem Stockwerk sind unsere Betten?" - "Dem dritten", antwortete der Priester. Ran drehte sich zu Ro um. "Das ist einer der Priester hier", sagte sie. "Sein Name ist Piakun. Piakun, das ist Ro, unser Gast. Ich wäre froh, wenn die anderen morgen früh wissen, dass wir hier sind." Sie deutete Ro ihr zu folgen und ging den altbekannten Weg in Richtung des Haupttempels. Sie dachte nicht daran ihren Vater jetzt noch zu sehen. Sollte er sie doch suchen kommen, wenn er sie willkommen heissen wollte.
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Ran gehörte zu diesem Verein also irgendwie dazu, und hatte wohl sogar einiges zu sagen, so wie der Priester mit ihr umgegangen war. Ro konnte sich nicht recht entscheiden, ob das jetzt gut oder schlecht war.
Sie gingen den Berg hinauf, in Richtung eines grossen Gebäudes ganz auf dem Gipfel. Es war dunkel und still in der Stadt und verglichen mit den meisten Städten wirkte es hier sehr ordentlich. Gut, Ladril war auch recht ruhig gewesen, aber irgendwie wilder und weniger geordnet, weil es mitten im Wald stand. Aber wie anders waren die Städte der Mesnchen. Ro erinnerte sich an Nurmen, das Chaos auf den Strassen, das nächtliche Grölen von Säufern, das Bellen der Strassenköter, das Salz in der Luft, den allgegenwärtigen Gestank nach Exkrementen, Schweiss und Fisch, und eine seltsame Wehmut überkam sie.
Sie erreichten das grosse Gebäude und traten durch einen hohen Torbogen ein. Selbst im Dunkeln sah Ro das Gold überall glänzen und eine leichte Abscheu überkam sie. Sie war kein Strassenkind und kein Dieb mehr, aber Reichtum war für sie immer noch etwas, was besser verteilt gehörte. Das Tor führte in eine Halle. Alles war leer und still.
Ran steuerte zielstrebig auf eine Seitentür zu, die auf eine Treppe führte. Sie stiegen bis in den dritten Stock, gingen einige eher spärlich mit Fackeln beleuchtete Flure entlang und betraten schliesslich einen kleineren Raum. Einige ordentliche Betten mit Wolldecken standen an den Wänden und in einem Kamin prasselte ein Feuer, auf das jemand vor sehr kurzer Zeit noch einige Scheite gelegt haben musste. Ro sah sich gründlich um, doch von dem jemand war nichts mehr zu sehen.
Sie seufzte, schnallte ihren Seesack vom Schultergurt los und überlegte sich, ob sie einfach schlafen gehen sollte. Müde genug dazu wäre sie gewesen. Aber sie musste zuerst noch ihre Kleider etwas trocknen, und ausserdem hatte sie noch einige Fragen.
Während sie begann, die Riemen ihrer Rüstung aufzuschnallen, fragte sie Ran: "Diese Priester... um was für eine Religion geht es hier?"
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(oh gott du hast mich erwischt ich hab mir keinen namen überlegt xD)
Sie hatten sie natürlich in das gleiche Zimmer gepfercht und raue Wolldecken bereitgestellt, dabei züchteten die Priester sogar Kaschmirziegen und die meisten Räume, die um einiges grösser waren, standen frei. Wieder einmal eine nette Geste ihres Vaters, dachte Ran ironisch. Sie seufzte.
"Es ist eine alte Religion, so wird sie auch im Volksmund genannt. Eigentlich keine Richtige Religion mit Göttern und Fetischen, eher eine Lebenseinstellung. Hier betet man zu jedem Gott aus jeder Religion, wenn man will, stellt alles selber her und versucht die sogenannten Sieben Energien zu beherrschen. Das wichtigste an ihr ist aber, dass vermieden wird, anderen Wesen unnötig zu schaden. Man versucht im Einklang mit allem zu leben und sieht alles Leben als gleichwertig an... Was aber nicht heisst, dass hier keine Kriegskünste gelehrt werden. Im Gegenteil, die Priester dieses Tempels sind einige der gefürchtetsten Krieger, Kämpfer und Magier... Alles, was du hier siehst ist von den Bewohnern dieser Stadt mitgebracht, oder hergestellt worden, sogar die Gebäude", sie wusste nicht wie sie es Ro erklären sollte, schliesslich war sie nicht hier aufgewachsen.
Sie ging in den Waschraum neben an. Darin standen zwei Wannen mit warmen Wasser und Badesalze und -öle waren neben ihnen Aufgereiht, je ein grosses, gewobenes Tuch zum Abtrocknen, sowie frische Unterwäsche und je ein Nachtgewand. "Wenn du dich noch etwas aufwärmen willst, man hat uns ein Bad eingelassen!", rief sie Ro zu, die sich gerade von ihrer Rüstung befreite, und goss sich einige der duftenden Öle ins Wasser, bevor sie ihre Kleidung ablegte und hineinstieg. Die Dremarewynia waren immernoch um ihren Oberkörper geschlungen. Sie würde sie später abziehen müssen, aber erst morgen, ansonsten würde sie sofort zusammenklappen, da sie fast keine Energie mehr hatte. Das duftende Badewasser tat ihr gut, es vertrieb die Kälte aus ihren Gliedmassen und lullte sie leicht ein. Endlich konnte sie wieder schlafen, dachte sie, endlich, nach einer so langen Reise. Plötzlich sah sie ihr Haar vor ihr auf dem Wasser gleiten. Verdammt, dachte sie, es war nicht mehr schwarz, sondern kastanienbraun. Sie musste wirklich so schnell es ging zum sechsten Garten gehen und dort wieder Energie sammeln.
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Ro stellte ihre Rüstung ans Feuer und legte den Mantel daneben, bevor sie ihre Stiefel aufschnallte, von den Füssen schälte und ebenfalls nahe beim Feuer hinstellte, damit sie trocknen konnten.
Sie warf einen Blick in den Waschraum nebenan und sah zwei Wannen mit Wasser, das ziemlich warm sein musste, denn der Raum schien ein bisschen neblig zu sein. Sie trat neben die freie Wanne und hielt einen Finger hinein, blieb aber stehen. Sie zögerte. Es war nicht so, dass sie ein richtiges Bad - nicht in nur in eiskaltem Wasser herumzuzappeln - nicht nötig hatte. Genau genommen hatte sie es wohl ziemlich nötig, sie konnte sich schon nicht mal mehr an das letzte Mal richtig Waschen erinnern. Musste noch in Nurmen gewesen sein. Das Problem war, dass sie hier an einem fremden Ort war, einem Ort, den sie nicht kannte, und an solchen Orten war sie nicht gerne nackt und noch weniger gerne ohne ihren Säbel. Und für ihren Geschmack war sie das in letzter Zeit schon eine Spur zu oft gewesen.
Einen Augenblick lang fragte sie sich, ob sie nicht einfach mitsamt den Kleidern in die Wanne steigen sollte, denn die waren noch schmutziger als sie selbst und nach all den Kämpfen ziemlich blutbesudelt, aber sie verwarf den Gedanken wieder.
Schliesslich schnallte sie den Gürtel los, lehnte den Säbel an die Wanne, streifte sich schnell die Kleider ab und stieg in die Wanne. Das heisse Wasser tat besser, als sie erwartet hatte. Sie liess sich bis zum Hals hineinsinken und blickte über den Rand zu Ran's Wanne hinüber. Sie liess sich noch einmal durch den Kopf gehen, was Ran vorher gesagt hat, und sie begriff, warum sie sie so schlecht verstand. Im Grunde waren sie irgendwie gegensätzlich. Ran gehörte von der Gesinnung wohl diesen Leuten an, die immer nett zu allem und jeden sein wollten, und den Kampf mehr als Übung perfektionierten. Sie selbst hingegen war unter Soldaten aufgewachsen, von denen viele kaum wirklich kämpfen konnten, aber die allesamt Rüpel waren, und bei der erstbesten Gelegenheit begannen sich zu Prügeln, und sie wusste, dass sie auch so war, nur dass sie viel besser war im Kampf.
Sie musterte die merkwürdigen Flaschen neben ihrer Wanne und fand schliesslich ein Stück Seife, mit dem sie sich abschrubbte und ihre Haare wusch. Dann stieg sie aus der Wanne, zog sich die Unterwäsche und das Nachthemd an, über dem sie den Gürtel wieder festschnallte.
Sie musterte ihre Kleider am Boden und beschloss, sie zu waschen. Einen Moment lang hielt sie inne, dann drehte sie sich zu Ran um, die immer noch in der Wanne lag. "Kann ich die Unterwäsche eigentlich behalten?"
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Ran musste lachen, sie konnte nicht anders. "Natürlich!", sagte sie dann. "Wenn du willst, kann ich dir morgen zeigen, wo du neue Kleider bekommen kannst und wo wir unsere Kleider hier waschen." Sie drehte sich in der Wanne um, es war das erste Mal seit Ewigkeiten, dass sie gelacht hatte. "Willst du schon ins Bett? Du hast keines dieser Öle angerührt. Sie haben eine sehr entspannende Wirkung, weisst du." Sie lehnte sich wieder zurück und dachte an Ro's Frage. Für sie klang es komisch, dass jemand fragte, ob er Unterwäsche behalten konnte, aber eigentlich war es nichts selbstverständliches. "Sag mal Ro, soll ich dich morgen in Lovit herumführen?", fragte sie.
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Ro biss sich auf die Lippen. "Wenn du willst", antwortete sie unverbindlich.
Sie betrachtete nochmal ihre Kleider. Sie sahen schrecklich aus. Vielleicht sollte sie sich wirklich neue besorgen? Sie schüttelte den Kopf. Erstens waren es gute Kleider und noch relativ neu und kaum geflickt, abgesehen von ein paar Schnitten, und zweitens hatte sie keine Lust, solange bis sie neue hatte in diesem Nachthemd herum zu laufen. Deshalb würde sie sie auch jetzt waschen und nicht morgen irgendwo, auch wenn sie damit vermutlich einen neuen Lachanfall von Ran provozierte. Sollte sie doch lachen.
Sie schmiss Tunika, Hemd und Hose in die Wanne und begann sie zu schrubben. Als sie so sauber waren, dass sie sich wieder weich anfühlten und man die Flecken auf dem schwarzen Stoff nicht mehr sah, und dafür das Wasser in der Wanne eine schwarz-rote Färbung angenommen hatte, wrang sie sie aus und trug sie in den Nebenraum, um sie vor dem Feuer auszubreiten. Dann zog sie einen Hocker aus einer Ecke hinzu und setzte sich ebenfalls vor den Kamin.
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Na gut, so ging es auch, dachte Ran. Aber Ro würde Augen machen, wenn sie morgen vor der Tür einen Stapel frischer Sachen finden wird. Ran stieg jetzt auch aus der Wanne und trocknete sich ab. Sie streifte sich ihr Nachthemd über und sah sich in dem Spiegel an, welcher an der Wand hing. Zuerst musste sie ihn aber abwischen, da er wegen der Hitze beschlagen hatte. Sie betrachtete sich. Jetzt sah sie wieder wie eine Elfe aus. Eine Elfe mit dunkelblauen, fast schwarzen Augen und blonden Haaren. Es war Jahrzehnte her, dass sie das letzte Mal blond gewesen war. Sie fragte sich ob Ro ihre Verwandlung bemerken würde, warscheinlich nicht. Sie schloss die Tür und ging ins Zimmer nebenan. Dort sah sie Ro auf einem Hocker sitzen und ins Feuer starren. "Was ist los?", fragte sie besorgt und wühlte in einer kleinen Truhe herum, die sie unter dem Bett hervor gezogen hatte. Wo waren sie nur, fragte sie sich.
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