"Ja sind wir", antwortete Akira, anstelle von Ran, die ihm daraufhin einen leichten Stoss in die Seite versetzte. "Was ist los, Ro?", fragte sie, "du siehst, so... so unglücklich aus..." Irgendwie verstand sie Ros Gefühle. Was hatte Prad gesagt? Sie wusste, dass er einer von Vakras Männern war, aber er war der beste Arzt hier. Vakra, dachte sie, wieso hetzt du bloss alle, gegen deinen Bruder auf? "Willst du für dich allein sein?", fragte sie dann ausdruckslos. "Das Zimmer, das uns gestern zugeteilt wurde, weisst du noch wo es ist? Wenn du willst, komm' ich erst morgen meine Sachen holen... Du solltest dich aber jetzt noch nicht auf den Weg machen, sonst könnte es wieder brechen", Ran nickte in Richtung Ros Bein. "Und vergiss ihn, egal was er über Darez gesagt hat... Er weiss nur, was Vakra herumerzählt... Und er ist nur ein Arzt hier, seine Meinung ist nicht von Belang, schliesslich wirst du ihn eh nie wiedersehen... Entschuldige mich jetzt, aber ich muss Akira dringend ins Bett bringen, ansonsten fällt er noch um." Sie setzte sich in Bewegung und führte den verwundeten Elfen aus der Halle. Sei freundlich, Prad, mahnte Ran den Arzt. Ich bin immer freundlich, Prinzessin, kam die Antwort.
Die Nonnen verhielten sich ruhig, Ran wusste das sie zugehört hatten, später würde sie sich mit ihnen unterhalten. Und wenn das nicht half, würden sie, Prad eingeschlossen, auf ihren Vater hören.
some men just want to see the world burn

Ro war kurz davor zu explodieren. Sie hatte grösste Lust, Ran ein Messer nachzuwerfen. Sie merkte erst, dass sie tatsächlich dabei war, es zu tun, als die kleine Wurfklinge bereits in ihrer Hand lag. Mühsam hielt sie ihre Hand zurück und steckte das Messerchen unauffällig wieder weg.
Einige Augenblicke stand sie still da, schloss die Augen und versuchte ruhig zu atmen, dann spürte sie, dass jemand auf sie zukam und wich blitzschnell aus. Die Frau sah sie mit grossen Augen an. "Alles in Ordnung?"
"Ja", zischte Ro. "Alles...bestens."
Dann verliess sie den Raum, um schnellstmöglich nach draussen zu kommen. Prompt verlief sie sich in den Gängen und bis sie nach draussen fand, war sie genug abgekühlt um nicht dem nächsten, der sie anrempelte, ihren Dolch in die Kehle zu stossen.
Verdammt. Verfluchte Ran. Diese...diese... Ihre Gedanken gingen sie nichts an, verdammt nochmal! Sie sollte sich da raus halten! Darez ging sie nichts an. Es ging sie einfach nichts an, verdammte Scheisse! Und diese ganzen Leute, die da herumgestanden waren noch weniger!
Sie suchte sich eine einigermassen ruhige Seitengasse, prüfte, ob sie nicht beobachtet wurde und schwang sich kurzerhand den Fenstersimsen und Dachtraufen entlang aufs Dach. Sie glaubte Ran diesmal nicht, was ihr Bein betraf. Sie wusste, dass es tatsächlich ganz war und nicht mehr brach. Sie spürte es einfach.
Auf dem Dach angekommen, setzte sie sich hin und starrte über die Häuser hinweg. Während ihr Atem sich langsam beruhigte, wurde ihr klar, dass Ran nicht ihre Gedanken gelesen haben konnte. Denn sie hatte etwas gründlich missverstanden. Ja, es war wegen Darez, dass sie so durcheinander gewesen war, aber nicht wegen dem, was der Arzt gesagt hatte, sondern einfach wegen der Erinnerung an ihn. Der Erinnerung daran, dass er tot war.
Sie legte sich auf den Rücken und blickte zum Himmel. Dann runzelte sie die Stirn. Eigentlich verstand sie gar nicht, was Ran wirklich gemeint hatte damit, es sei egal, was er über Darez gesagt hatte. Er hatte schliesslich nichts schlimmes gesagt. Nur die Wahrheit. Darez war so gewesen. Und sie sah nicht, was daran schlecht sein sollte.
Moment mal. Sie richtete sich wieder auf und kniff die Augen zusammen. Ran fand es schlecht, wenn jemand so war. Sie zischte und liess sich wieder auf den Rücken fallen. Ran konnte von Glück sprechen, dass sie jetzt nicht hier war.
If you're going through hell, keep going.

Mühsam setzte sich Akira auf das Bett. Der Raum war klein und nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Es gab kein Feuer, aber es war trotzdem warm genug im Raum. "Schlaf gut", sagte Ran und küsste seine Stirn. Als sie gehen wollte, hielt er sie am Arm zurück. "Bleib, doch noch ein Bisschen, Ran", bat er. "Ich kann nicht, ich muss noch ein paar Dinge mit Vater klären...", sie wäre gern geblieben, schliesslich hatten sie sich so lange nicht mehr gesehen, zu lange. "Er läuft schon nicht weg, Reyla", sagte der Schmied und zog sie leicht zu sich rüber. "Na gut", sie drehte sich um und setzte sich neben ihn. "Aber nur für eine Weile." Er lächelte und lehnte sich an ihre Schulter, wobei ihm der Schmerz im Rücken zusammenzucken liess. "Leg dich hin, du Held", sagte Ran und deckte ihn zu, als er im Bett lag. Sie legte sich auf die Decke neben ihn und sie erzählten sich, was sie seit ihrer letzten Begegnung alles erlebt hatten.
Wo war sie nur? Wo war Randreyah? Hasste sie ihn wirklich so sehr, dass sie ihm nicht einmal mehr über den Weg laufen wollte? Sie war schon seit gestern Nacht hier und er hatte nicht einmal ihren Schatten zu Gesicht bekommen, geschweige denn mit ihr geredet. Er hatte sich fest vorgenommen, sie um Verzeihung zu bitten, aber sie kam einfach nicht. Er hatte sie auch gesucht, konnte sie aber nicht finden. Jetzt war sie sicherlich bei Akira. Ach wie sie ihm Sorgen bereitete. Sie war immer wild gewesen, immer eigensinnig, aber dennoch kein ungezogenes Kind und voller Verständnis. Er konnte nicht anders, als sich den Kopf über ihre Vater-Tochter-Beziehung zu zermartern. Also lief er wieder seine Runden durch den Garten, so wie er es jede Nacht getan hatte, seitdem sie fortgegangen war. Auch wenn er wusste, dass sie sich mit Sicherheit um Akira kümmerte und die Priester herumscheuchte, sah er hinauf zu jedem Dach, an dem er vorbeiging. Früher war sie stets auf irgendeinem Dach gewesen. Sie liebte den Himmel, hatte sie zu sagen gepflegt und es verging kaum eine Nacht in der sie nicht die Sterne zählte.
Als er zu den Häusern nahe des Haupttempel kam, bemerkte er eine Bewegung auf einem der Dächer. Er sah genauer hin. Tatsächlich da lag jemand und den Umrissen her zu urteilen, war es eine Frau. Aber welche Frau kletterte schon auf ein Dach und sah sich den frühen Abendhimmel an? Keine, ausser Ran! Es war tatsächlich, sein kleines Mädchen! "Hey du!", rief er. "Reyah, komm vom Dach runter! Du weisst, was ich dir das letzte Mal gesagt habe! Wenn du wieder auf ein Dach kletterst, oder dich blindlings von der Klippe stürzt, dann sperr ich dich in ein Verlies! Und diesmal halte ich mein Versprechen, wenn du nicht Augenblicklich da runter kommst!" Wieso hatte er das gesagt? Eigentlich wusste er es. Sie würde nicht reagieren, wenn er sie nicht provozierte, sie würde ihn einfach ignorieren und auf ein anderes Dach klettern, oder die Stadt verlassen. Hoffentlich kommt sie runter, dachte er, und wir können, dann endlich miteinander von Angesicht zu Angesicht reden.
some men just want to see the world burn

Ro fuhr auf. Zum Teufel, war es hier nichtmal erlaubt, auf Dächer zu klettern, oder was?!
Wobei... was laberte der Kerl da eigentlich? War der komplett übergeschnappt? Auf jeden Fall war sein Tonfall ziemlich provozierend. Und sie war genau in der richtigen Stimmung, um sich provozieren zu lassen.
Sie trat an die Dachkante und stemmte die Hände in die Hüften, wobei sie die Linke auf den Knauf ihres Säbels legte. "Ich lass mir nicht sagen, was ich zu tun und zu lassen habe", fauchte sie den Mann an, der unten auf der Strasse stand. "Ich tue was ich will. Und wenn es um irgendeine beschissene Regel eures... Vereins hier geht, dann könnt ihr euch die sonstwohin stecken."
Ihr Blut kochte, nun schon zum zweiten Mal an diesem Tag.
"Ich gehöre nicht zu diesem Theater und ich werde nie dazu gehören. Und wer versucht, mich irgendwo einzusperren, der kriegt Metall zwischen die Halswirbel."
If you're going through hell, keep going.

Er stockte einen Moment lang. Diese Frau. Es gab also doch noch jemanden, ausser Ran, der gerne auf Dächer kletterte und neben bei auch den gleichen Text hatte. Und eigentlich wollte er ja nur Ran provozieren, aber ausser Ran und Darez's Erben war niemand hier, wer also war... Ach so, dachte er. "Verzeihung, ich dachte ihr seid meine Tochter Reyla. Macht was ihr wollt, solange ihr niemanden umbringt. Hier gibt es übrigens nur eine Regel und die ist, dass man frei ist zu tun was man will, solange man niemanden daran hindert selber frei zu sein. Ach und niemand hat behauptet, dass ihr hier bleiben müsst, schliesslich seid ihr aus freien Stücken mit Reyla mitgekommen", er machte eine kurze Pause. "Erlaubt ihr mir zu fragen, ob ihr die Tochter des ehrenwerten Darez seid?" Wenn sie ihm an die Kehle gehen wollte, nur zu, nicht einmal die rasende Ran, konnte ihn töten, auch wenn sie wie ein wildes Monster und mit den Dremarewynia angriff. Er würde einfach ihren Energiefluss stören und dann wäre sie zahm wie ein Kätzchen.
Währenddessen ging Ran hinauf in den dritten Stock um nach Ro zu suchen. Akira hatte ihr gesagt, dass er glaubte ein Messer in Ros Hand gesehen zu haben. Wieso wollte sie also Ran angreifen, hatte Ran etwas Falsches gesagt? Sie klopfte an der Tür, aber niemand antwortete. Sie klopfte erneut.
some men just want to see the world burn

Wovon redete der Typ. Sie kannte keine Reyla.
Den anderen Namen, den er gesagt hatte, konnte sie jedoch nicht überhören.
"Habt ihr eigentlich", knurrte sie, und ihre Stimme breach vor Wut ab. "Habt ihr eigentlich nichts besseres zu tun, als alle mit mir meine Verwandtschaft durch zu diskutieren?"
Ihre Finger zitterten und sie umschloss den Griff ihre Säbels fester, um es zu stoppen.
If you're going through hell, keep going.

Er lachte auf. "Also seid ihr tatsächlich seine Tochter! Eine gute Frage, junge Dame", sagte er. "Es ist sehr selten, dass sich jemand von so hohem Blut bei uns zeigt. Und wenn ihr euren Onkel kennt, dann wisst ihr, was alles über Darez herumerzählt wird... Aber das bei Seite. Ich hätte nie gedacht, euch einmal zu treffen. Euer Vater hatmmir etwas für euch hier gelassen, als er mich das letze Mal besucht hatte. Wenn ihr, also runterkommen würdet, kann ich es euch geben." Unglaublich, sie war in ihrem Verhalten ihrem Vater wirklich sehr ähnlich. Das gefiel ihm. Aber der Gedanke, dass sie alleine hier war erfüllte ihn zugleich mit Trauer, denn es bedeutete, dass Darez nicht mehr unter den Lebenden weilte.
Ran stiess die Tür auf. Na toll der Raum war leer. Sie lief nach draussen. Wo konnte Ro bloss sein?
some men just want to see the world burn

Ok, das war etwas neues. Das hatte sie so noch nicht gehört.
Sie holte tief Luft, um sich etwas zu beruhigen, dann schwang sie sich über die Dachkante, rutschte ein Vordach hinunter und liess sich die letzten zwei Meter auf die Strasse fallen.
Zögernd trat sie auf den Dämonen zu, aber nicht zu nahe. Schliesslich konnte es immer noch eine Falle sein.
"Es kümmert mich nicht, was Vakra über Darez herumerzählt", sagte sie. "Vieles davon stimmt. Und der Rest ist nur Neid."
Sie blickte sich um. Darez war einmal hier gewesen?
If you're going through hell, keep going.

Da war sie also. Sie ähnelte ihm wirklich. Die Nase, die Augen, aber sie war kein vollwärtiger Dämon. Nun ja, es hätte ihn mehr überrascht wenn sie es wäre. "Neid? Wie wahr. Aber nicht alles, was die Spatzen von den Dächern pfeifen entspricht auch der Wahrheit. Darez war mein Freund, ich kannte ihn seit Kindheitstagen", er machte eine Pause. "Aber wahrscheinlich hatte er sich in den letzten par Jahrzehnten verändert. Immerhin weiss man nie, was man erleben wird und gewisse Ereignisse können einen völlig verändern... Aber genug des Altmänner-Geredes... Wenn ihr wirklich seid wie er, dann muss es euch schon in den Füssen jucken. Kommt mit, ich habe euer Erbstück sicher verwahrt im Siebten Garten", sagte er und winkte sie mit sich. "Aber sagt mir, wo habt ihr Reyla, gelassen?" Auf Ros verwirrten Gesichtsausdruck hin, lächelte er und sagte: "Oh Verzeihung, ihr kennt sie wahrscheinlich nicht unter dem Namen. Die meisten nennen sie Randreyah. Ich würde sie gerne sprechen, aber ich finde sie nicht."
Ran war jetzt in die Voliere gegangen und hatte einen grossen Uhu aus seinem Käfig geholt. Sie band ihre beiden Geister aneinander und liess den Vogel fliegen. Er glitt über die Dächer der Stadt und nichts entging seinen Augen, nicht einmal die kleinste Maus. Da! Da war sie und neben ihr war... Ach verflucht, wieso war ausgerechnet ihr Vater bei ihr? Der Uhu landete auf einem nahen Hausdach und beobachtete die zwei Dämonen zuerst, bevor er zurück zu Ran flog. Sie schloss ihn wieder in seinen Käfig und gab ihm eine tote Ratte zur Belohnung. Dann sprang sie vom Balkon der Voliere und liess die Verbände ihre Landung abfedern. Lautlos schlich sie zu Ro und ihrem Vater und hielt sich versteckt in der Nähe. Die Verbände liessen sie mit ihrer Umgebung verschmelzen. Was wollte ihr Vater?
some men just want to see the world burn

Ro hob die Augenbrauen, verkniff sich einen sehr bösen Kommentar über Ran und meinte nur: "Als ich sie zuletzt gesehen habe, wollte sie ihren Elfen zu Bett bringen. Vielleicht ist sie ja noch da."
Sie folgte dem alten Dämonen durch die Gassen bis zu dem Garten mit dem sechsten Teich. Von dort führte er sie durch eine Bambushecke in einen weiteren Garten und in ein kleines Haus.
If you're going through hell, keep going.

![]() 0 Mitglieder und 1 Gast sind Online |
![]()
Das Forum hat 111
Themen
und
30462
Beiträge.
|
![]() | Einfach ein eigenes Forum erstellen | ©Xobor.de |