Tao landete sanft vor den Toren von Lovit und liess ihn von seinem Rücken absteigen. Armelion sah sich um und bedankte sich höflich bei dem Drachen, sah sich dann aber neugierig um. Im ersten Moment war er überwältigt von der Pracht der Tempelstadt. Die kleinen Häuser sahen einander zum verwechseln ähnlich und die kleinen Gärten vor den Häusern passten perfekt ins Bild. Falls er jemals im Krieg verstümmelt werden würde, würde er alles dransetzen hier herzugelangen. Er hörte den Flügelschlag des zweiten Drachens und drehte sich um. Endlich würde er die Antworten bekommen, die er brauchte.

Ran verabschiedete sich von Rao und Tao und die beiden schwarzen Drachen verschwanden wieder. Lesk setzte sich wieder auf ihre Schulter und sie pflückte sich Kitsune. "Komm mit", meinte sie, als sie an Armelion vorüberging. Sie klopfte an das Tor. "Hohepriesterin Randreyah mit Gast", sagte sie, als sie die Schritte des Wächters hörte. Der junge Mönch öffnete ihr und begrüsste die beiden Neuankömmlinge. Sie drehte sich zu Armelion um. "Willkommen in Lovit", sagte sie. "Mach es dir bequem wo es Platz hat, aber der letzte Garten", sie nickte zum Bambus hinüber, "Ist nur für die Hohepriester gedacht. Die Häuser der Templer sind ebenfalls nicht für Gäste gedacht. Diese können Zimmer und Räume im Haupttempel beziehen."
some men just want to see the world burn

"Dann komm mit!", forderte er sie auf und ging auf eine steinerne Bank zu, die unter einer Weide stand. Er nahm das Doppelschwert von seinem Rücken und setzte sich. Er lehnte die Waffe gegen die Bank und machte eine einladende Geste, damit sie sich setzte. "Meine ersten Fragen wären: Warum hat der Grossdrache mir ewiges Leben gegeben und nicht den ewigen Tod, so wie es Drewngard ausgedrückt hat? Warum hat er mich meine Rüstung behalten lassen? Und die wichtigste: Warum hat er nicht gesagt ob sein Sohn es gewesen war oder nicht? Er hat gesagt ich habe aus den falschen Gründen getötet, aber er hat mir nicht gesagt ob ich den richtigen erwischt habe." Er lächelte gequält. "Weisst du wie ich mich deswegen fühle? Ich zweifle jetzt jede Sekunde ob ich das Richtige getan habe oder nicht. Aber ich denke das war auch der Sinn der Strafe. Er will, dass ich selber herausfinde was die Wahrheit ist." Er lehnte sich nach hinten und die Schuppen raschelten leise. "Sie bewirken jetzt das genaue Gegenteil von dem was ich beabsichtigt habe. Weisst du?", fuhr er fort, ohne ihr eine Gelegenheit zu geben ihm zu antworten. "Jedesmal, wenn ich das Rascheln der Schuppen höre, sehe ich den Drachen wieder vor mir als der erste Bolzen in seinen Leib schlug." Er schüttelte den Kopf. Er schweifte ab. Er war nicht hierhergekommen um ihr zu erzählen wie er sich fühlte. "Also, kannst du meine Fragen beantworten?"

Sie seufzte und stellte sich vor ihn. Mit verschränkten Armen begann sie zu erzählen: "Ich weiss nur so viel wie du. Ich kenne zwar die Drachen, aber ich habe keine Lust ständig ihre Gedanken zu lesen. Du wirst bald merken, ob es der "richtige" Drache war, oder nicht. Ich kann dir das genauso wenig sagen, wie der Grossdrache. Es gibt viele Silberschwingen da draussen, hundertzwölf um genau zu sein", sie machte eine Pause und betrachtete ihn genauer. "Der Grossdrache war ziemlich wütend und ewiger Tod ist nicht eine wirkliche Strafe. Das Leben aber schon. Stell dir vor du hättest nichts mehr zu tun, müsstest alles was dir lieb war wegsterben sehen, ohne etwas dagegen machen zu können... Ist das nicht die schlimmere Strafe, als ewige, gefühlslose Stille? Dein Gefühlszustand ist somit auch ein Teil deiner Strafe. Aber wenn du die Wahrheit herausgefunden hast, dann geh nach Drakhard. Der Grossdrache wird dir dann sagen können, ob du richtig liegst, oder nicht. Ich an deiner Stelle würde mir weniger Gedanken darüber machen und versuchen mit der Situation Frieden zu schliessen, ansonsten drehst du nur durch. Naru... Mein Meister hatte ein ähnliches Problem." Sie sah zum Tempel und dann wieder zu ihm. "Ist der Grund aus dem man tötet, nicht wichtiger, als das Wesen, das man getötet hat? Denk darüber nach", sagte sie halb abwesend, drehte sich um und winkte ihm zum Abschied. "Wenn du mich suchst. Ich bin auf dem Dach des Haupttempels." Ohne darauf zu warten, das er etwas sagte, ging sie zum Tempel, auf dessen Dach sie auf die Nacht warten und nach Drewngard suchen würde.
some men just want to see the world burn

Armelion schaute ihr nach und musste lächeln. Das ewige Leben wäre eine härtere Strafe für ihn, wenn er jemanden hätte, aber er hatte niemanden. Sein ursprüngliches Leben war beendet worden, bevor er es auch nur beginnen konnte.
"Ist der Grund aus dem man tötet, nicht wichtiger, als das Wesen, das man getötet hat?", wiederholte er leise für sich selbst. Das war eine gute Frage. Wenn man es so betrachtete war der Grund aus dem er getötet hatte nicht schlecht gewesen. Falls es natürlich den Richtigen getroffen hatte. Der Grund aus dem die Silberschwinge seine Familie ausgelöscht hatte war unwichtig gewesen. Der Drache hatte es aus Zorn getan und die Situation war eskaliert.
Wie auch immer. Diese Argumentation war ihm zu heikel. Mit ihr konne man sogar die Tötung eines Kindes rechtfertigen, wenn dessen Tod einen höheren Zweck dienen würde. So wie es aussah, würde er noch lange keine Antwort finden. Armelion seufzte und stand auf. Er würde zur Nachtzinne gehen und dort wieder als Soldat anheuern, aber vorher musste er Reyla noch um etwas bitten, dann würde er sie in Ruhe lassen. Er fragte einen der Priester nach dem Weg zum Dach des Haupttempels, dann ging er los.
Er fand sie wie sie gesagt hatte auf dem Dach des Haupttempels. Er setzte sich neben sie und bewunderte die Aussicht. Die Sonne war im Begriff unterzugehen und ihr Licht tauchte die Hänge und Klippen der Berge in ein letztes goldenes Licht. "Es ist ein schöner Ort. Ich bin noch nie hier gewesen, aber ich denke, so bald ich die Antworten auf meine Fragen gefunden habe, komme ich hierher.", sagte er ohne sie anzuschauen. "Du magst recht haben, dass es hart wäre ewig zu leben und alle deine Freunde und Verwandten sterben zu sehen. Aber ich habe keine Familie Reyla. Einige Freunde habe ich schon, aber niemand, der mir wirklich nahe steht, aber das ist egal. Ich habe noch eine weitere Frage an dich Reyla und noch eine Bitte." Er drehte den Kopf um sie anzuschauen, aber sie starrte weiterhin geradeaus. "Was hast du jetzt vor?"

"Du hast noch viel zu lernen Elf", sagte sie müde, ohne den Blick von dem Wolkenmeer zu wenden. Sie wusste nicht was sie von den purpurnen Wolken erwartete. Dass sie aufwirbelten und ein Paar grauer Flügel entblössten? "Hör jetzt gut zu Elf. Ich weiss du denkst, das Rache ein guter Grund ist zu töten, dem kann ich nicht wirklich widersprechen. Aber ich kann dir Eines sagen. Die Zeit läuft, verändert alles um einen herum. Mein Meister hatte niemanden, doch jemand kam und für diesen jemand gab er beinahe seine Seele auf. Was ich damit sagen will, ist dass man nie genau weiss was geschehen wird. Aber wenn man den Tod am Ende des Weges weiss, ist das Leben kostbar, die Zeit einmalig. Stell dir also vor, du gehst durch die Welt, findest einen Grund zu leben und die Zeit nimmt ihren natürlichen Lauf, von dem du unberührt bist. Was würdest du tun? Nach dem Geheimnis des Lebens suchen, so wie die sieben Götter des Chaos?", sie liess ihren Blick über die wellenden Wolken schweifen und sah dem Farbenspiel zu. Husten überkam sie und sie hielt sich ein Tuch vor den Mund, welches sich sofort mut dunklem Blut vollsog. Als sie sich beruhigt hatte, suchte sie wieder nach Drewngard. "Ich werde bald in die Verfluchten Wälder gehen", antwortete sie auf seine Frage. Sie hatte gelogen, aber das spielte keine Rolle. Rao hatte sie gebeten in den Wäldern westlich der Wüste nach jemandem zu suchen und das würde sie tun. "Reyla!" Sie sprang auf die Beine und sah genauer hin. Jemand rief sie aus der Ferne. Und tatsächlich hoben sich die Wolken zu einer kleinen Kuppe an einem Punkt. Zwei schwarz gefiederte Flügel brachen aus ihnen hervor und die Wolkenfetzen flossen wieder zurück. Die Drachendame trug einen alten Bekannten auf ihrem Rücken. Sie flog über dem Dach hinweg und er sprang ab und landete hinter ihr. "Reyla", wiederholte er sanft und schwer atmend. Er ging auf sie zu und nahm sie in die Arme. "Tao war bei uns, er hat mir, Karim und dem nervigen Blondschopf alles erzählt", sagte er und drückte sie noch fester. "Es tut mir so leid." Sie löste sich von ihm und er bemerkte erschrocken etwas Blut auf ihrer Lippe, aber sie wischte es weg. "Du hättest nicht kommen sollen, Earon", sagte sie. "Das ist der Verfluchte. Sein Name ist Armelion... Was machst du eigentlich hier?" Er warf einen schnellen Blick auf den noch sitzenden Elf und sein Doppelschwert, wandte sich aber wieder ihr zu. "Ich muss dich nach Loney bringen. Sofort", meinte er. Sie schüttelte den Kopf. "Ich reise allein", antwortete sie bestimmt. Er wollte etwas entgegnen, aber sie änderte ihre Meinung sehr schnell. "Gut", seufzte sie. "Aber dann reisen wir mit Pferden. Ich will die Drachen nicht noch mehr belasten. Wir werden vier Monate dafür brauchen. Lesk ist auf dem Weg nach Azura, er wird wieder für mich einspringen."
some men just want to see the world burn

Armelion runzelte die Stirn. Die junge Frau war krank, sehr krank. Sie hustete Blut! "Wartet noch einen Moment. Reyla du hast meine Bitte noch nicht gehört." Er sprang auf die Beine und schaute dann dem Neuankömmling ins Gesicht. Earon war sein Name, falls er es richtig verstanden hatte. "Falls du gewillt bist, möchte ich dich bitten meine Waffe zu nehmen, falls ich sterbe. Was natürlich sehr unwahrscheinlich ist.", schränkte er mit einem Grinsen ein und machte eine wage Geste gegen seine Rüstung. "Ich will nicht, dass jemand Fremdes sie nimmt und es ist mir klar, dass ich dich erst seit diesem Tag kenne, aber ich habe ein gutes Gefühl bei der Sache. Also was sagst du?"

"Gib die Waffe dem Waffenmeister hier. Sag ihm er soll sie zu meinen Waffen schliessen", sagte sie und fügte hinzu: "Du kannst die Nacht im Tempel verbringen und morgen abreisen. Die Tempelbewohner werden dir alles verkaufen, was du brauchst. Wenn du mich jetzt entschuldigst, ich muss noch etwas erledigen, bevor ich aufbreche." Nachdem sie das gesagt hatte, sprang sie vom Dach auf die Terrasse der Voliere und dann weiter auf die Terrassen anderer Räume, bis sie am Boden ankam. Earon hatte sie mit dem Elfen oben stehen gelassen.
Sie lief in Richtung des Haupttors und es war tatsächlich so, wie sie erwartet hatte. Ein Priester rannte ihr atemlos entgegen. "Herrin!", rief er erfreut und zugleich verzweifelt. "Herrin, wir haben ein Riesenproblem! Ein weiterer Flüchtlingsstrom ist unterwegs! Aber wir haben keine Unterkünfte mehr und nicht genügend Vorräte!" Sie bat den Priester sich zu beruhigen und liess ihn die Schüler der Hohepriester rufen. Die Hohepriester selber, alle ausser ihr, waren alle abwesend so viel sie wusste. Die Schüler kamen so schnell sie konnten. "Du, nimm dir einen Drachen und kaufe so viele Vorräte wie möglich! Du, geh so schnell wie es geht in den Lagerraum und hole alle Zelte raus, ruf alle verfügbaren Bewohner zusammen und stell mit ihnen die Zelte auf dem Trainingsplatz auf. Wenn es zu wenig Platz hat, stell sie dann überall in Lovit auf. Du, du bist für die Einteilung der Flüchtlinge zuständig. Trenne die Familien nicht. Du bist für die medizinusche Versorgung zuständig. Leiste erste Vorsichtsmassnahmen. Und noch du. Du gehst und holst die Hohepriester zurück. Beeil dich aber. Ich will, dass sie so schnell wie möglich hier sind!", ordnete sie an. "Ach und nehmt euch jede Hilfe die ihr braucht. Das Gold der Schatzkammer steht euch ebenfalls zur Verfügung, meldet aber dem Schatzmeister, wie viel ihr genommen und verbraucht habrlt. Und jetzt geht!", fügte sie hinzu und scheuchte die Lehrlinge weg. Sie rannten los und jeder tat, was ihm angeordnet wurde.
Reyla ging wieder zum Haupttempel. Dort war ein Arzt, dem sie helfen musste und der ihr genauso helfen musste. Die Nacht brach ein und es würde bald hektisch werden.
some men just want to see the world burn

Er war wieder allein auf dem Dach. Armelion schüttelte den Kopf. Sie hatte ihn missverstanden, aber er hatte sich auch nicht besonders deutlich ausgedrückt, auch egal. Als sie Blut gehustet hatte, war ein Tropfen auf das Dach gefallen und das war alles was er brauchte. Er schloss die Augen und schloss die rechte Hand zur Faust, behielt aber den Zeigefinger gestreckt. Anschliessend drückte er den Finger behutsam gegen die Schneide des Doppelschwertes. Der kleine Schnitt war kaum tief genug, dass ein Blutstropfen hervorquoll. Er drückte den Zeigefinger fest auf den Griff der Waffe und runzelte konzentriert die Stirn. Als er den Finger von der Waffe löste verband ein dünner silberner Faden die Waffe mit seiner Hand. Sobald er den Blutstropfen auf dem Dach berührte erstrahlte der Faden in einem hellen Gold und erlosch. Der Zauber war vollendet. Falls er jetzt sterben würde, würde Reyla wissen wo sich seine Waffe befand. Natürlich konnte sie immer noch wählen ob sie die Waffe holen wollte oder nicht, aber er vertraute ihr. Sie würde es tun, falls sie Zeit dazu haben würde und sie würde so oder so nie herausfinden, dass er seine Waffe mit ihr verbunden hatte, falls er nicht sterben würde.
Er stieg vom Dach runter und ging zu den Stallungen, zögerte aber in das Gebäude einzutreten. Sie würden Hilfe brauchen mit den Flüchtlingen. Mit einem Seufzen drehte er sich um und ging zum Haupttor. Dort konnte er sehen ob er sich nützlich machen konnte. Er hatte ja Zeit genug. Der Krieg würde ihm nicht davonlaufen.

Der Schatten hatte ihr nicht helfen können, aber sie ihm. In der Wartehalle unterhielt sie die Kinder. Sie spielte mit ihnen. Mit den Jungen kämpfte sie und zeigte ihnen, wie man einen Speer benutzte und den Mädchen flocht sie Zöpfe und schnitzte Puppen. Von Zeit zu Zeit kam ei Priester um ihr zu berichten, wie es mit den Flüchtlingen voranging. Es waren um die hundert Familien mit drei bis fünf Kindern und dreihundert Waisen angekommen. Die Hohepriester kamen erst um Mitternacht an. Als sie Lovit erreichten, erklärte sie ihnen die Situation und ging dann zu Bett. Sie bat einen der Priester ihr zwei der schnellsten Pferde zu besorgen und genug Proviant für eine Woche. Earon und sie mussten sich ein kleines Zelt teilen, was sie aber im Moment nicht störte. Bei Tagesanbruch würden sie ihre Reise anbrechen.
some men just want to see the world burn

![]() 0 Mitglieder und 3 Gäste sind Online |
![]()
Das Forum hat 111
Themen
und
30462
Beiträge.
|
![]() | Einfach ein eigenes Forum erstellen | ©Xobor.de |