Mitte - Ende Juli

Idril ging es schlecht. Sie war schon nach dem ersten Tag Seekrank geworden. Sie hatten sehr guten Wind gehabt und dementsprechend hatte es geschaukelt. Sobald sie aus ihrem seligen Schlummer erwacht war, hatte sie sich zur Reling stürzen müssen um sich nicht auf die Deckplanken zu übergeben. "Ich werde sterben." jammerte sie und würgte, als eine besonders hohe Welle das Schiff in die Höhe steigen liess.
"Bei der Flussmündung hat es ein kleines Dorf, dort kann ich euch rauslassen. Nur noch eine halbe Stunde.", meinte der Bruder der Hohepriesterin und tätschelte Idril aufmuntern den Rücken. Sie würgte nur den letzten Rest ihres Frühstücks hoch und spuckte ihn den See. Der Schiffer behielt recht. Nach nur einer halben Stunde lag sein Schiff in dem winzigen Hafen des Dorfes und Drewngard und Idril gingen von Bord. Sie entschieden sich ihre Reise gleich fortzusetzen und folgten einer gut ausgetretenen Strasse in Richtung der Berge. Das Mädchen kuschelte sich gegen die breite Brust des Nebelläufers zurecht und schloss die Augen. Die sachten Tritte des Pferdes waren herrlich im Vergleich zu dem Schaukeln des Schiffes. Vielleicht würde sie später sogar was essen können, doch jetzt wollte sie erst ein wenig schlafen. Die Reise von dem Dorf nach Donsoha verlief erfreulich ereignislos. Idril war schlicht zu müde um den Drachen gross auf Trab zu halten. Gegen Ende des zweiten Tages kamen sie in den Höhlen von Donsoha an.

Drewngard überließ das Mädchen in Narums Obhut, der sich freute sie zu sehen und ihr sofort ein Zimmern einrichtete.
Der Drache aber konnte nicht lange bleiben, denn ein Botenvogel erreichte ihn. Die Einladung zur Hochzeit seiner Schwester. Er rief Aries zu sich, denn viel Zeit hatte er nicht. Die Zeremonie sollte in drei Tagen stattfinden.

Die letzten Klänge der Flöten verhallten und Idril spürte wie eine bekannte Erschöpfung sie überkam. Es hatte sich richtig angefühlt zu spielen. Mit zitternden Fingern verstaute sie die Flöte wieder im Etui und legte sich aufs Bett. Sie war lange im Körper einer Dämonin gewesen, doch nun, da sie wieder in Donsoha war, wollte sie wieder eine Elfe sein. Sie hatte absichtlich darauf gewartet, dass Narum im Morgen raus gehen würde. Dann war sie allein im Haus und konnte ungestört die Musik ihre Wirkung entfalten lassen.
Ihr Kopf kippte kraftlos auf das Kissen und sie schloss die Augen. Sie wollte nur ein paar Minuten schlafen.

Sie wachte erst wieder auf, als sie hörte wie die Türe unten aufgestossen wurde. Immer noch müde gähnte sie herzhaft und stand auf. Ihre Hand schloss sich automatisch um Biredhs Blindenstock und sie suchte sich einen Weg nach unten. Jetzt würde Narum sie sicher besser erkennen. Immerhin sah sie wieder so aus wie er sie kennengelernt hatte. Trotzdem war sie ein wenig aufgeregt. Was er wohl für ein Gesicht machen würde? Wahrscheinlich wäre er stolz auf sie. Gestern hatte er sie an den Augen wiedererkannt und daran dass Drewngard gesagt hatte, dass sie Idril sei.
Sie stiess die Türe auf und lächelte breit, als sie den Magier wiedererkannte. Bei ihrer Anknunft gestern war sie zu müde gewesen um sich gross über das Wiedersehen zu freuen. Jetzt war sie zwar auch müde, doch das hinderte sie dieses Mal nicht. Sie quietschte ausgelassen und warf sich ihm in die Arme, als er sich zu ihr umdrehte.

Narum schloss sie in die Arme und hob sie hoch in einer Drehung. "Bei den Göttern, wie du aussiehst!", meinte er überrascht und setzte sie wieder ab, um sie genauer anzusehen. "Wie ein richtiges, wunderhübsches Elfenmädchen", gab er selber Antwort. "Wie hast du das gemacht?"

Sie strahlte ihn an. "Ich habe auf einer von Biredhs Flöten gespielt. Es fühlte sich einfach richtig an.", erwiderte sie und umarmte ihn nochmals. Sie hatte ihn wirklich vermisst. "Tut mir leid, dass ich einfach so verschwunden bin, aber ein paar Schwarzmagier haben uns angegriffen und Ailgaur ist mit mir in einen Fluss gesprungen.", sagte sie leise. "In Drez haben sie uns schliesslich doch noch erwischt.", schloss sie dann. Sie konnte sich noch daran erinnern wie Drewngard Narum gestern ihre Geschichte erzählt hatte. Sie war vollends damit beschäftigt gewesen nicht einzuschlafen. Schnell wechselte sie das Thema. "In Ravi habe ich eine Greifin befreit.", erzählte sie stolz. "Weisst du zufälligerweise wie man sich um sie kümmert?"

"Greife gibt es hier seit Jahrhunderten nicht mehr... Ich weiss nicht mehr, was sie alles brauchen... Aber wir können es herausfinden. Wo ist die Greifin jetzt?"

"In den Bergen nördlich von Ravi. Sie haben ihr die Flügel gestutzt und sie muss noch ein paar Tage warten, bis sie nachgewachsen sind. Eiswolke hat mir aber versprochen mir nachzureisen.", erklärte sie. "In etwa vier Tagen wird sie hier ankommen, denke ich mal. Sie muss nicht wie die Amarok rund um den See herum laufen."

"Gut, dann können wir bis sie hier ist einen Platz für sie finden... Willst du etwas essen?", fragte er das Mädchen.

Sie nickte eifrig und half ihm beim auftischen. Als sie ein wenig später einen Becher mit Milch in der einen Hand hielt und in der anderen ein Honigküchlein war sie hochzufrieden. In Drez hatte sich Ran zwar schon um sie gekümmert, doch zu diesem Zeitpunkt hatte sie es nicht schätzen können. Die Trauer über Biredhs Tod war zu stark gewesen. "Werde ich bei dir bleiben dürfen, oder werde ich bei jemand anders unterkommen?", fragte sie vorsichtig.

(ich dachte du hättest mal was geschrieben, dass Narum sich nach ein paar Leuten umsehen würde. Da würden eben meine beiden neuen Charaktere ins Spiel kommen.)