
Er seufzte. "Ich bin nicht stark genug, sie in ihrem eigenen Versteck zu besiegen. Und ich fürchte, dein Vater würde mir nicht vertrauen. Er würde mich zumindest testen wollen, mich auf eine Mission schicken, und wenn ich weg bin, kann ich nicht auf dich aufpassen."
If you're going through hell, keep going.

Sie nickte. Das klang logisch, allerdings vertraute sie dem Mann noch immer nicht. Sie konnte sich schlicht und einfach nicht an ihn erinnern. Damals war alles so schnell passiert und die Schmerzen im Arm hatten sie zu sehr in Anspruch genommen, als dass sie sich auf irgendetwas anderes hätte konzentrieren können. "Woher kommst du?"

Er versuchte sich zu erinnern und lächelte abermals, als es ihm vage gelang. "Weit aus dem Nordosten. Aber ich bin viel gereist."
Sie misstraute ihm nach wie vor, und er wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb, bis die Gouvernante zurückkehrte, also rutschte er vom Fenstersims in den Raum. Hastig sprang das Mädchen auf, aber anstatt sie anzugreifen, ging er vor ihr in die Knie und senkte den Kopf. "Ich weiss, dass du mir nicht vertrauen kannst, Alayne", sagte er und nun klang seine Stimme vollkommen ernst. "Nicht nach allem, was passiert ist. Ich habe dich gerettet, aber dein Bruder starb. Und das tut mir so leid! Ich war zu spät und... das ist unverzeihlich, ich weiss." Er blickte einen Moment lang zu ihr auf, und senkte dann den Blick wieder. "Ich erwarte nicht von dir, dass du mir glaubst, dass du mir vertraust, aber... bitte gib mir eine Chance. Eine Chance, dir zu zeigen, dass ich dich nur schützen will. Ich werde immer da sein. Immer auf dich aufpassen. Aber bitte erzähl deinem Vater nichts von mir. Ich werde auch ihn schützen, wenn du das willst. Aber wenn er davon weiss, wird er mich als Spielfigur benutzen, auf dem Feld der Politik und des Krieges, und ich will nicht sein Springer sein. Die einzigen Befehle, Lady Alayne, denen ich folgen will, sind die deinen!"
If you're going through hell, keep going.

Sie schluckte einmal leer. So jung wie sie war spürte sie trotzdem das Gewicht von seinen Worten. Diese Last wollte sie nicht, doch er hatte sie schon einmal gerettet. "Okay.", sagte sie leise. "Ich sag meinem Vater nichts." Mit der Hand berührte sie ihn leicht an der Schulter. "Steht bitte wieder auf. Ich finde es nicht richtig, wenn jemand vor mir kniet." Nervös verknotete sie die Hände. "Doch ich weiss doch gar nicht was ich euch befehlen soll." Vor lauter Verlegenheit verfiel sie wieder in die formelle Rede, die ihr in vielen Stunden mühsamen Unterrichts eingetrichtert worden war. "Ich bin doch noch viel zu klein um solche Entscheidungen zu treffen, aber wenn ihr es schon sagt... dann... dann passt doch bitte auf mich und meinen Papa auf und auf meine Gouvernante und auf... und auf die Leibwächterin meines Vaters. Ich mag sie auch. Schafft ihr das?"

"Ich werde mein bestes geben", schwor er und führte die zusammengepressten Handflächen gegen seine Stirn. Er stand langsam auf. "Hab keine Angst, Alayne. Du wirst älter werden, und irgendwann wirst du wissen, was zu tun ist. Und vergiss nicht, ich bin immer da."
Er trat zwei schnelle Schritte rückwärts ans Fenster und breitete seine Arme aus. Noch während er sich rückwärts über die Brüstung fallen liess, wurden sie zu rotweissen Flügeln, und wenige Augenblicke später zog der Milan einen scharfen Kreis über dem Hof und schlug zweimal mit den Schwingen, um am Fenster vorbei in den Himmel aufzusteigen.
If you're going through hell, keep going.

Kurz darauf ging die Türe auf und Durien kam ins Zimmer rein. Fast trat er in das halbfertige Gemälde seiner Tochter, doch er verlängerte rechtzeitig seinen Schritt um das Bild nicht zu zerstören. "Alayne.", rief er und ging in die Hocke runter. Das Mädchen drehte sich um und lief zu ihm. Vor ihm blieb sie kurz stehen und machte einen höflichen Knicks, bevor sie ihm schelmisch grinsend die Arme um den Hals schlang.
Durien lachte leise und tätschelte ihr den Rücken. "Wie geht es der kleinen Gräfin?", fragte er lächelnd. Als Antwort drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange.
"Du kratzt.", beschied sie ihn mit einem Kichern, wurde aber sogleich wieder still, als sie die ernste Miene ihres Vaters sah.
"Ich will dich etwas fragen, Alayne." Durien hob sie hoch und ging rüber zu einem Stuhl, wo er sich draufsetzte und Idril auf die Knie nahm. "Du weisst, dass ich wieder heiraten muss oder?"
Alayne nickte und schaute rüber zu ihrem Bild.
"Verstehst du auch warum?"
Alayne zögerte einen Moment, schüttelte dann aber den Kopf. "Du sagst es ist wichtig für unsere Familie und poltisch gesehen ist es auch wichtig."
"Politisch.", korrigierte er sie. "Unser Land befindet sich im Kriegszustand. Wir haben uns kaum von diesem Bürgerkrieg erholt und nun kämpfen wir gegen die Schwarzmagier. Aus diesem Grund habe ich den Orden gegründet. Um mehr Einfluss zu bekommen, muss ich jemanden heiraten, der diesen Einfluss hat. Das würde helfen, diesen Krieg schneller zu beenden."
"Wirst du die Steppenprinzessin heiraten?", fragte Alayne neugierig. "Ich mochte sie."
Durien verstummte. "Ich weiss es nicht.", gestand er schliesslich. Er wusste es wirklich nicht. Sie war für ihn da gewesen, hatte ihm geholfen, sich selbst wieder zu finden und hatte ihn getröstet. Was er allerdings nicht wusste, war ob es politisch klug war, sie wirklich zu heiraten und er war nun einmal mit ganzem _Herzen Politiker und ein erbarmungsloser Intrigant. Er genoss das Spiel der Macht.

(was für ein liebenswürdiger junger mann )
Tassira hatte tatsächlich einen Greifen gefunden, dessen Geist ihr passend schien, und einen Novizen, der sich bereit erklärt hatte, das Tier für sie zu pflegen und abzurichten. Allerdings hatte man ihr auch erklärt, dass es unabdinglich war, dass sie sich ab und zu mit dem Wesen auseinandersetzte, damit es sie als seine Herrin kannte. Daher stand sie am Pferch, auch wenn ihr jede Minute, die sie Durien alleine liess, wie ein unnötiges Risiko erschien. Es reichte, dass sie ihn nicht bewachen konnte, wenn sie schlief. Natürlich vertrat sie jemand anderes in dieser Zeit, und allmählich fragte sie sich, ob sie nicht eine viel zu hohe Meinung von sich hatte, dass sie dachte, ein anderes Ordensmitglied würde die Aufgabe schlechter erfüllen als sie, aber... aber darum ging es nicht. Es war die Angst, nicht zur Stelle zu sein, falls etwas geschah. Erst im Nachhinein davon zu hören. Die Situation nicht im Griff zu haben. Sie wusste, dass sie sich auf die anderen verlassen konnte, aber... ein Teil von ihr konnte es nicht. Sie machte sich auch einfach viel zu viele Sorgen um den Jungen. Er ist kein Junge, korrigierte sie sich amüsiert. Wenn du ein plötzliches Bedürfnis danach hast, Muttergefühle zu entwickeln, konzentrier dich besser auf das Küken vor dir.
Sie versuchte dem Greifen ein Stück Fleisch zu füttern, und als er danach schnappte, erwischte er um ein Haar auch ihre Finger. Einen Fluch unterdrückend zuckte sie zurück und erwiderte den Blick aus den grossen, schwarzen Augen einige Atemzüge lang argwöhnisch, bevor sie nach dem nächsten Happen griff.
If you're going through hell, keep going.

(Ich habe ihn nach dem Vorbild von John of Gaunt kreiert. Der war ebenso ein Intrigant, aber wollte trotz seines Machthungers nur das Gute für sein Land)
Alayne nickte und Durien nahm sie an der Hand. "Komm. Wir gehen runter und schauen zu wie Tassira mit ihrem Greifen zurechtkommt.", sagte er mit einem kleinen Lächeln und führte sie aus dem Zimmer. Alayne grinste und hüpfte neben ihm her. Sie hatte schon davon gehört, dass die Greifen launische Tiere waren. Einer von den Orden hatte sie als gefiederte Mistviecher bezeichnet und dann noch mit einigen anderen, wesentlich blumigeren Worten. Alayne hatte sich Mühe gegeben sie zu behalten. Solche Ausdrücke gehörten sich zwar nicht, doch sie waren immer nützlich, wenn man mal wütend wurde.
Sie fanden Tassira, die zusammen mit einigen anderen Ordensmitgliedern ihre jungen Greife fütterten. Just in dem Moment als sie ankamen, krächzte ein Jungtier übellaunig und schnappte nach dem Arm eines jungen Magiers. Dieser fluchte laut, als der scharfe Schnabel eine blutige Furche in seinen Unterarm riss, stockte aber mitten im Satz, als er Durien und dessen Tochter erblickte. Er lief rot an und verbeugte sich hastig. Die anderen Jungen folgten seinem Beispiel, doch Durien wies sie mit einem Wink an, zurück an ihre Arbeit zu gehen. Er war so oder so informell unterwegs. Seine braune Jagdkleidung trug entgegen der Mode keinerlei Stickereien oder sonstwelche Verzierungen. Alayne blieb in respektvollem Abstand vor Tassira stehen und schaute interessiert zu, wie Tassira ihren Greifen fütterte.

Sie hatte sich darauf verlegt, ihm jedesmal, wenn er allzu weit vorschnappte, ihm mit einem leichten Luftstoss einen Klapps auf den Schnabel zu verpassen, und er schien es begriffen zu haben, dennoch liess sie ihn keinen Moment aus den Augen, als sie ihm den letzten Happen hinhielt. Beinahe manierlich streckte er den Kopf vor und pflückte ihr das Fleisch aus den Fingern, bevor er es hinunter schlang. Tassira grinste leicht. "Offenbar will er sich in eurer Gesellschaft besser benehmen als in meiner, Mylord."
Sie wandte sich um und begrüsste sowohl Durien als auch seine Tochter.
If you're going through hell, keep going.

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