Mitte Mai

Als der Drachenmann wieder in das Kloster kam, regnete es in Strömen. Sie beobachtete, wie er durch den Matsch des Hofes auf das Tor zutrat, dagegenklopfte und eingelassen wurde. Leise trat sie auf den Flur hinaus und zum Treppenaufgang, um die Stimmen von unten zu hören.
"Bringt bitte Eure Beute in die Küche und wartet dann in dem runden Raum am Ende des Flurs", sagte die rundliche Türwächterin. "Wenn Ihr möchtet könnt Ihr auch die Nacht hier verbringen, in diesem Fall werden wir ein Zimmer für Euch im Gästetrakt herrichten lassen. Bei diesem Wetter schickt man niemanden nach draussen."

Sie erreichte etwas ausser Atem die Küche, wo man eben mit den Vorbereitungen für das Abendessen beschäftigt war. Sie schenkte einen Krug mit warmem Apfelsaft ein und nahm einen Becher mit, bevor sie zum Empfangsraum ging.
Gerade als sie die Tür öffnen wollte, um einzutreten, kam ihr eine Priesterin entgegen. "Alysia, solltest nicht auf deinem Zimmer sein?"
Sie senkte ehrerbietend den Blick. "Ich wollte dem Gast etwas warmes zu trinken bringen, während er auf die Hohepriesterin wartet, Priesterin", sagte sie.
"Hat dir die Hohepriesterin das aufgetragen?", fragte Dellea.
"Nein", antwortete sie verlegen. "Aber ich dachte, es wäre höflich."
"Das ist richtig", antwortete Dellea. "Und an deinem Interesse an diesem Fremden ist nichts verwerflich. Doch bedenke, dass du dich schonen solltest."
Sie brauchte einen Moment, bis sie begriff, dass Dellea es tatsächlich so meinte, wie sie es verstanden hatte. Dann lief sie rot an, und diesmal war es nicht nur gespielt. "Natürlich, Priesterin Dellea."
Die Priesterin nickte ihr zu und ging weiter, sie verneigte sich knapp vor ihr und betrat dann den runden Raum.

"Nein", antwortete sie, stellte den Becher von ihn und schenkte ihm von dem Glühmost ein. "Aber in meinem Zustand braucht es wenig, um ausser Atem zu geraten. Hattet Ihr eine erfolgreiche Jagd?"

Sie setzte sich und hoffte, dass nicht im nächsten Moment die Hohepriesterin hereinkam. Etwas nervös strich sie sich über die Umrandung der Haube, um zu prüfen, dass sich wirklich keine Haarsträhne selbstständig gemacht hatte.

"Lest ihr meine Gedanken?", fragte sie alarmiert.