


RE: Die Wilden Landen (nördlich des Tsar)
in Dreitan - das Spiel 18.08.2015 01:50von Ro Raven •

Danke, Elfchen, aber ich glaube ich brauch von dir keine Erklärung der Psyche meiner Frau, dachte er, sagte aber nichts. Wenn er sich jetzt gehen liess, prügelte er sich am Ende mit irgendjemandem. Er fuhr sich mit dem Daumen über die schmerzende Stirn. Sie wird es verstehen... Ja, vielleicht. Aber selbst wenn. Verstehen und gutheissen war nicht dasselbe. Und selbst wenn...
Er stand auf, liess sie sitzen und ging nach draussen.
If you're going through hell, keep going.


RE: Die Wilden Landen (nördlich des Tsar)
in Dreitan - das Spiel 18.08.2015 02:51von Ro Raven •

Keiner von ihnen sah sonderlich viel von Veray an diesem Abend, aber da er keinem gegenüber andeutete, sich aus dem Staub zu machen, hiess das wohl, dass sie blieben. Lesir sah ihn trinken, aber als er ihm später irgendwann nochmal begegnete, schien er nicht betrunken. Lesir selbst trank, aber nicht allzuviel. Er hatte keine Ahnung, ob Veray nicht irgendetwas ausheckte, was für sie alle im Schlamassel endete. Und falls ja, wollte er nicht allzu verkatert sein dabei.
Als er irgendwann in den früheren Morgenstunden aufwachte, weil seine Blase drückte, war Veray's Lager leer. Er rappelte sich gähnend auf und trat hinaus auf den Vorplatz der Halle, wo die ersten Barbaren in dicke Decken gemummelt ihren Tee schlürften. Veray war weder dort, noch auf den Latrinen. Halb ziellos schlenderte er durch das Dorf bis zum Haus der Frau, vor dem eine ältere Barbarin auf einem Hocker sass und ihm mit den Augen folgte. Auf seine knappe Frage hin bekam er die Antwort nein, der Dartala sei noch nicht hier gewesen.
Lesir runzelte die Stirn, während er wegschlenderte. Sag mir jetzt nicht, du hast dich alleine vom Acker gemacht, du Arsch, dachte er. Irgendwie traute er es Veray zu. Aber irgendwie auch nicht. Vor allem nicht, dass er dann Orwl hierliess.
Er fand ihn schliesslich auf der anderen Seite der Festung, im Schatten der Ringmauer auf dem Mäuerchen eines abgebrannten Langhauses sitzen und Steinchen schnippen. Wortlos setzte er sich zu ihm und stützte den Kopf in die Hände. Sie schwiegen eine ganze Weile lang. "Was ist los?", fragte Lesir schliesslich.
"Hm", murmelte Veray nur.
Lesir sah ihn zwischen den Fingern hindurch an. "Hör mal, ich weiss, dass du ein Problem mit Bastarden hast, aber von einem Mal muss sie echt nicht zwingend schwanger werden. Soooo extrem sind Menschen auch wieder nicht."
Veray schnippte noch ein Steinchen. "Es ist einfach falsch", murmelte er.
"Wieso?", fragte Lesir.
"Weil... sie ist ein Mensch, und ich..." Veray versuchte mit den Händen zu erklären, was er mit Worten nicht konnte. "Es ist einfach nicht richtig!" Er verzog das Gesicht.
Einige Augenblicke lang schwiegen sie. "Ausserdem bin ich verheiratet", fügte Veray dann hinzu.
"Selbst das Elfchen meint..."
"Mir ist egal was das Elfchen meint. Das Elfchen hat keine Ahnung."
"Naja, Ran scheint mir da schon eher liberal..."
Veray fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. "Darum gehts nicht. Sie wird mir wahrscheinlich keine Szene machen, ja. Sie wird tun, als sei es ok. Aber es tut ihr trotzdem weh. Und ich will ihr nicht wehtun."
Lesir zuckte mit den Schultern. "Vielleicht sieht sie es wirklich lockerer als du denkst."
"Ich weiss dass es ihr wehtut."
"Woher?", fragte Lesir mit einer gehobenen Augenbraue.
Veray verpasste ihm einen Schlag gegen den Hinterkopf. "Das geht dich nichts an." Er war viel zu fertig mit den Nerven, um weniger offensichtlich zu schweigen. "Ich will ihr nicht wehtun."
Glücklicherweise ging Lesir nicht weiter darauf ein. "Dann sags ihr einfach nicht."
Veray schnaubte. "Und das Elfchen?"
"Vielleicht hält sie dicht."
"Und Orwl?"
"Hmm", meinte Lesir.
Veray liess den Kopf in die Hände sinken. "Es ist einfach falsch", murmelte er. "Es ist einfach so falsch."
Lesir sah ihn an. "Hör mal, wir hätten auch einfach abhauen können. Oder das was das Elfchen vorgeschlagen hat. Wir können auch immer noch abhauen wenns sein muss."
"Nein", antwortete Veray.
"Wieso nicht?"
Er blickte auf. "Es wäre nicht fair."
Lesir sah ihn verständnislos an. "Wie?"
"Es ist so Brauch", antwortete Veray und fuhr sich mit dem Daumen übers Kinn.
Lesir verdrehte die Augen. "Ich hab dir doch gesagt, die Schamanen hier erfinden ihre Bräuche wies ihnen passt. Wahrscheinlich hat sie dem hier im Dorf noch bisschen Gold zugesteckt, dass er..."
"Es ist ein dämonischer Brauch", unterbrach ihn Veray. "Scheissegal, welcher Schamane darum herum tanzt. Ich bin daran gebunden."
Lesir musterte ihn verständnislos und schüttelte den Kopf. "Manchmal frag ich mich, ob du nicht einfach bisschen bekloppt bist."
"Danke", meinte Veray sarkastisch. "Aber das nennt man nicht bekloppt sondern ehrenhaft."
Kommt mitunter aufs selbe raus, dachte Lesir, aber er hütete sich, das zu sagen.
"Es ist ihr Recht, es einzufordern", meinte Veray leise. "Nach einer unserer eigenen, ureigensten Regeln. Sie war seine Frau. Sie hatte keine Kinder von ihm. Sie hat ein Recht darauf. Es wäre nicht fair, es ihr vorzuenthalten."
"Sie kann das Recht gar nicht haben", meinte Lesir. "Sie ist nur ein Mensch."
Veray sah ihn scharf an. "Du weisst, was ich von Menschen halte. Aber sie sind trotzdem Personen und denkende Wesen. Sie haben dieselben Rechte wie wir. Sie mögen schwach sein und sich vermehren wie die Ratten, sie haben dennoch vieles hervorgebracht, weil zumindest ein wenig Respekt verdient. Und auch nur der kleinste Funken Respekt verbietet es einem, sie als rechtlos zu betrachten!"
"Dann geh einfach."
"Aber Ran... und überhaupt..."
"Dann tus nicht."
"Es wäre nicht fair..."
Lesir schwieg. Er realisierte, dass Veray sich die Gedanken schon hundertmal durch den Kopf hatte gehen lassen und auf jedes Argument ein Gegenargument hatte. Seine Entscheidung war getroffen. "Was machst du noch hier? Brings hinter dich. Die werden nur ungeduldig."
Veray gab keine Antwort, sondern nahm eine Hand voll Steinchen auf und schnippte eines, dass es von der Mauer abprallte. Das nächste traf einen Büschel Gras.
Plötzlich dämmerte es Lesir. Er hätte fast gegrinst. "Hast du Angst, dass du keinen hochkriegst?"
Veray seufzte tief und vergrub das Gesicht in den Händen. "Verdammte scheisse, ich weiss, dass ich keinen hochkriegt!"
"Oi", meinte Lesir. "Das ist ein Problem." Er dachte eine Weile nach. Dann stand er auf. "Bleib mal kurz hier."
Etwa zehn Minuten später kam er zurück, setzte sich erneug neben Veray und hielt ihm ein kleines Fläschchen vor die Nase. "Hier."
Veray kniff misstrauisch die Augen zusammen. "Was ist das?"
"Damit gehts."
"Woher..."
"Vom Schamanen."
Veray nahm das Gefäss und starrte es an. Dann öffnete es und trank es in zwei Schlucken leer, bevor er das Glas an der gegenüberliegenden Mauer zerschellen liess. Fünf wortlose Minuten später stand er auf und ging.
Es ging tatsächlich. Er gab sich so viel Mühe, dass es weder ihm noch ihr allzu weh tat, aber es machte definitiv keinem von beiden Spass und als er sich wieder anzog, realisierte er, dass sie weinte. Danach fühlte er sich noch beschissener als vorher. Am liebsten hätte er sich einfach nur betrunken, bis er am Boden lag.
If you're going through hell, keep going.

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