Dreshar rannte, zog irgendjemanden auf die Füsse und schlang sich seinen Arm um die Schultern, während sie auf die Treppe zuliefen. Er hörte das Wasser hinter sich gurgeln und seine Muskeln brannten von dem zusätzlichen Gewicht, als er die Stufen hinaufrannte und taumelte, hinauf ans Licht. Er rang nach Luft und packte den Bruder fester, zog ihn mit sich, dann stolperten sie hinaus. Von unten drang ein Kreischen und Schwappen.
Alles in ihm schrie danach, sich einfach in den Schnee fallen zu lassen und die Arme und Beine von sich zu strecken, aber er wusste, wenn er sich jetzt hinlegte, stand er so schnell nicht wieder auf - wenn überhaupt. Also lehnte er sich nur kurz gegen eine Mauer, bis er wieder zu Atem gekommen war und kontrollierte dann die Verletzten, und was den übrigen noch an Bewaffnung blieb.

Dreshar trat auf sie zu, den Bogen auf dem Rücken, den blutigen Dolch noch in der Hand und versuchtedas Zittern seiner Hände aus seiner Stimme fernzuhalten. "Wie sieht es aus."

Dreshar wandte sich um. "Ihr habt sie gehört. Bringt die Verletzten ins Herz, in geschützten Gruppen. Kampffähige kümmern sich um ihre Wunden und versammeln sich dann in der Nordhalle. Der Rest folgt mir."
Sie durchkämmten das Schlachtfeld und sammelten aus Kadavern und vom Boden ein, was an Pfeilen noch brauchbar war, dann stiegen sie hinunter in die Tiefen. Die letzte Jagd hatte begonnen.

Einige Stunden stand Dreshar müde in der grosse Halle. Man hatte sie in ein Lazarett umverwandelt und überall auf den Stufen lagen oder sassen Leute und hin und wieder blieb er stehen um mit jemandem ein paar Worte zu wechseln. Sie hatten seinen linken Arm genäht und geschient und er hatte einiges an Blut verloren, aber es sah nicht schlecht aus, verglichen mit vielen anderen.
Die Wächter waren nach zwei, drei Stunden zurückgekehrt ins Herz, nur die Tiefenjäger waren noch auf der Jagd, denn was von den Kriechern noch übrig war, versteckte sich, und die Wächter nach ihnen suchen zu lassen wäre nur eine Verschwendung von Leben gewesen. Sie würden erst wieder eingesetzt, wenn es darum ging, die Kadaver zu verbrennen.
Er löste sich vom Lager einer Falkin, der ein Unterarm abgerissen worden war, und sah sich flüchtig um. Auch wenn er es sich nicht eingestand, wagte er es nicht, allzu genau in jedes Gesicht zu blicken, denn er hatte Angst. Davor wen er alles unter den verletzten finden würde - und wen nicht. Er erlaubte sich nicht, den Gedanken weiter zu führen, er konnte es sich nicht erlauben zusammen zu brechen, wenn so viele Leute auf ihn blickten.
Er ging weiter, dann sprang plötzlich etwas auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. "Dresh!"
Er schlang die Arme um sie und vergrub das Gesicht an ihrem Hals. "Tjaki", flüsterte er erstickt, und plötzlich standen ihm die Tränen zu vorderst. Er drückte sie an sich und hätte beinahe angefangen zu schluchzen vor Erleichterung.
"Dreshar?"
Er hob den Kopf und sah Agariz hinter ihr stehen. Auch seine grüngoldenen Kleider mit waren blutbesudelt, aber er wirkte unverletzt. "Ratsbesprechung."
"Ich komme", meinte Dreshar. Er drückte Tjavari nocheinmal an sich und wisperte: "Tut gut, dich zu sehen", dann folgte er Agariz. Sie gingen einen kurzen Korridor entlang und betraten eines der Sitzungszimmer hinter der Halle. Die meisten Mitglieder waren bereits versammelt, aber zwei Plätze waren noch frei."Wo ist Kadian?"
"Tot", meinte Arinas knapp. "Wir warten nur noch auf Akkaya. Sie war noch mit den Tiefenjägern unterwegs, aber ich habe nach ihr schicken lassen."
Dreshar nickte.

"Der letzte?" fragte Arinas und kniff die Augen zusammen. "Seid Ihr euch sicher?"

Alamis blickte in die Runde."Dann können wir die Aktion wohl als vollen Erfolg bezeichnen."
"Ja", meinte Dreshar. "Aber dass mir jetzt bloss keiner von euch da rausläuft und das laut verkündet."
"Warum nicht?", fragte Alamis stirnrunzelnd.
"Hast du mal einen Blick in die Halle geworfen?"
Agariz legte ihm eine Hand auf die Schulter, und er liess sich von ihm auf einen Stuhl drücken. "Man bezeichnet nicht etwas als grossartigen Erfolg was so viele Leben gekostet hat", erklärte er, auch wenn die meisten Ratsmitglieder es vermutlich ohnehin kapiert hatten. "Auch nicht im Falle dass die Verluste kleiner waren als befürchtet. Die Zeit, den Erfolg zu feiern, wird kommen, aber nicht jetzt. Akkaya, hast du mit dem Kriecher noch etwas vor?"