Sie, die beiden Verletzten, Kraigor und Reina, gingen zurück zum Haus des Tuchhändlers, wo Rewona wartete und mit dem Händler Tee trank.
Reina richtete ihm aus, was der Klabauter gesagt hatte, der Elf lachte und nahm es zur Kenntnis. Elira, welche den Klabauter genauso wenig, wie der Rest der Truppe mochte, ging an dem Abend, nachdem sie mit der Familie des Tuchhändlers gegessen und sich von ihnen verabschieder hatten, früh ins Bett, noch bevor die Sonne untergegangen war.
Reina hatte den Nachmittag auf dem Markt verbracht, war durch die Zelte geirrt, hatte sich neue Sachen gekauft und am Abend dann in einer Schenke mit ihrer ehemaligen Crew getrunken. Bis sie wieder schwankend das Lokal verliess.
Sie schlief unten bei den Docs, von wo aus sie einen Blick auf die Piratenschiffe hatte. Ihres, ihr ehemaliges, dass sie nach der Versammlung verkauft hatte, stand noch dort, wo sie es gelassen hatte. Sie seufzte und kuschelte sich in die Decke, die sie irgendwo unterwegs gestohlen hatte. Als sie langsam ins Reich der Träume wegdämmerte, raschelte es hinter ihr und leise Schritte ertönten, auf dem Stapel grosser Kisten, auf deren Spitze sie lag.

"Ich verpenn nich", murrte sie und stand auf. "Sag mal Kleine, wieso gibst du dich als Mann aus?", fragte sie und folgte Meleth zum Schiff.

Reina lachte. "Und du meinst, dass dir das als Knabe nicht passiert?", fragte sie und gluckste. "Naja, ich kann dir beibringen, wie man sich verteidigt... Immerhin wird die Fahrt bis zum Meer etwas dauern und bis Kasz werden wir noch länger unterwegs sein."

Es tat Reina gut, wieder auf einem Schiff zu sein. Der Wind trieb die düsteren Gedanken davon. Aber dennoch erinnerte sie sich an ihr Schiff. Ienna hatte sie es getauft. Nach ihrer Schwester. Zwar waren sie nicht blutsverwandt gewesen, doch waren Ienna, das Menschenmädchen und ihr Bruder Irwin, im gleichen Waisenheim aufgewachsen, wie Reina. Als Reina dann, sie wusste nicht wie alt sie war, nur dass sie, wäre sie ein Mensch gewesen, längst hätte alt und grau sein müssen, das Waisenhaus verlassen hatte, waren ihr die beiden gefolgt. Über weite Steppen, durch Wälder, Dörfer und Städte, bis sie in Kradna auf die Piraten trafen und mit ihnen gingen.
Ienna war nicht für das Piratenleben gemacht gewesen, auch wenn sie ein zähes Ding gewesen war, und hatte sich in einen verliebt, der sie aber schwanger in Jaravi zurück gelassen hatte. Sie hatte das Kind aber verloren, es war eine Fehlgeburt gewesen. Irgendwie hatte Ienna das ganze überlebt und überstanden. Und trotz Reinas Bitten und Flehen, war sie dann zu einem der vielen Frauenhäuser gegangen und hatte dort begonnen, sich als Mädchen für alles Brot zu verdienen.
Irwin hatte hie und da gearbeitet, nur hatte er nie ein Pirat werden wollen. Reina sah zum Horizont in Richtung Jaravi. Ob Irwin auch tot war? Seine Leiche hatte sie nicht finden können... Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie an Iennas toten Leib dachte. Sie wischte sie schnell weg und stieg aus dem Krähennest hinab. Scheinbar hatte der Klabauter eine andere Aufgabe für sie gefunden, denn er rief nach ihr.

Rewona sass beim Mast und schälte Kartoffeln. Er wollte sich mindestens mit etwas betätigen. Ab und an warf er einen Blick zum Klabauter, wobei er sich ein Grinsen kaum verkeifen konnte. Aber er sagte und tat nichts, was dem Dunkelschatten missfallen könnte.
Als Reina hinunter kam und zum Captain ging, blickte er ihr kurz verträumt nach, legte die Kartoffeln, die in einem Wasser gefüllten Eimer gelandet waren, zur Seite und begann etwas zu schnitzen.

Elira und Dreshar blieben unter Deck im Lagerraum, wo sie es sich auf ein paar Reissäcken bequem gemacht hatten. Elira betrachtete das Licht durch ihre Finger, welches durch einen Schlitz zwischen den Dielen zu ihnen drang. So wie sie dalag, sehnte sie sich nach Gwâlach. Aber es war nicht sicher, ob sie noch brauchbar sein mussten, denn wenn, dann war Gwâlach nicht gut...