"Nein", antwortete Growndrill schnell. "Nicht, wenn das bedeutet, dass man sie in meine Obhut gibt. In Donsoha wäre sie sicherer, als
an jedem anderen Ort in Dreitan. Aber ihr seid ihre Familie."

"Ich meinte auch, dass sie in Donsoha bleiben soll.", erwiderte Ragnar ruhig und schaute dann den Silberhaarigen genauer an. "Wieso sagt ihr, dass wir ihre Familie sind? Wollt ihr sie schon wieder verlassen?"

"Nein", meinte er. "Aber euch kennt sie besser, als mich. Und bei euch ist sie besser aufgehoben."

"Das stimmt, aber in letzter Zeit läuft sie euch die ganze Zeit nach. Sie will euch kennen lernen. Ich und Janis..." Er zuckte mit den Schultern. "Wir beide wissen, dass sie hier eigentlich sicherer ist, doch Janis hat Angst, dass noch so ein Angriff wie der vor einigen Monaten stattfinden könnte. Es wird immer Magier geben, die Donsoha als eine Gefahr ansehen."

Growndrill schwieg darauf und bedachte den Mann mit seinen silbernen Augen.
"Nun, Idril soll selber entscheiden", meinte Narum.

"Ich selbst bin eigentlich auch dafür, dass sie hierbleiben soll. Hier lernt sie mit ihren Fähigkeiten umzugehen und hat andere Kinder, die das gleiche können wie sie.", meinte Ragnar. "Ausserdem kann sie uns, sobald sie etwas älter wird immer wieder mal besuchen kommen. Schliesslich hat sie jetzt eine Greifin."

Growndrill nickte, Narum seufzte. "Natürlich", meinte er.

Idril hatte sich wieder mit den anderen Kindern der nachbarschaft angelegt. Doch dieses Mal waren es keine Streiche oder Diebereien sondern etwas ernsteres. Ss stand die monatliche Krönung des Meisterschützen an. Jeder hatte eine Schleuder und damit musste man die Ziele treffen. Zuerst stand man in 10 Schritt Entfernung vor dem Ziel, dann zwanzig, fünffundzwanzig, dreissig und so weiter. Jeder hatte zwei schuss pro Ziel. Einer der Kinder der westlichen Viertel war bis anhin immer der Champion gewesen doch Idril und noch zwei weitere Kinder hatten ihn herausgefordert. Nur dass sie sich gründlich überschätzt hatte. Sie schied gleich bei zwanzig schritt aus dem Spiel aus. Sehr zum vergnügen der anderen Kinder, die mit Spott und Hohn nicht sparten.
''Geh zurück zu deinen Puppen.'', feixte Rouven und erntete gelächter von den anderen Kindern.
''Halt die Klappe, Pferdegesicht!'', fauchte sie mit hochrotem Kopf. Die Schmach ihrer Niederlage brannte im Bauch.
''Ach fang nicht gleich an zu heulen. Lauf zu deiner Mutter und heul dich bei der aus. Nein warte, du hast ja gar keine. Sie wollten dich gar nicht und haben dich weggegeben wie einen räudigen Köter.''
''Halt die Klappe!'', schrie Idril, '''oder ich schlag dir die zähne ein! Ausserdem habe ich jetzt einen Vater.''
''Na klar. Der wird dich auch wieder hier lassen wirst schon sehen. Er will dich genauso wenig wie deine Mutter. Ausserdem wie kannst du wissen dass er wirmlich dein Vater ist? Deine amutter war sicher eine billige pennyhur...''
Weiter kam Rouven nicht. Idril stürzte sich mit einem wutschrei auf ihn und landete einen gut platzierten hieb auf seine nase, was Rouven mit einem scherzerfüllten stöhnen quitierte. Doch er revanchierte sich gleich indem er Idril vors schienbein trat und ihr dann gegen die brust boxte. Sie taumelte zurück und er setzte ihr gleoch nach. Der grössere Junge nutzte seine längere reichweite und schlg sie nocheinmal doch dieses mal auf die schulter. Idril duckte sich unter dem nächsten schlag weg,und sprang ihn an. Sie gingen beide zu Boden.

Seine Faust traf sie voll aufs Auge, doch sie liess nicht locker, klammerte sich an ihm fest und boxte ihm gegen das Ohr. Er schaffte es sie von sich wegzustossen, doch kam schnell auf alle viere wieder hoch und sprang ihm auf den Rücken als er aufstehen wollte. Einen Arm schlang sie unter seiner Achsel hindurch, hielt sich an ihm fest und warf ihn zu Boden. Das Problem war nur, dass er sich an ihr festhielt. Noch in der Luft drehten sie sich und Rouven landete mit dem ganzen Gewicht auf ihr drauf.
Sämtliche Luft wurde aus ihren Lungen gepresst und sie blieb japsend liegen. Rouven kniete sich auf ihre Arme und verpasste ihr zwei saftige Ohrfeigen. "Na also! Kannst nicht schiessen und nicht kämpfen. Ein typisches kleines Mädchen."
Idril fauchte und spuckte ihn an, doch er verpasste ihr nur zwei weitere Ohrfeigen. "Gibst du auf?", fragte er höhnisch und ohrfeigte sie nochmals.
"Niemals!"
"Mir soll's recht sein." Wieder begann er sie zu ohrfeigen. Er links dann rechts. Immer und immer wieder. Idril zappelte wie ein Fisch, versuchte sich aus seinem Griff zu winden, doch es klappte einfach nicht. Den Kopf konnte sie auch nicht wegdrehen und zu ihrem grossen Beschämen spürte sie wie die Tränen in ihren Augen stachen. Rouven hielt sich nicht sonderlich zurück, dennoch dauerte es fast eine Minute bevor sie rief. "Ich geb auf!" Rouven verpasste ihr zum Abschluss nochmals links und rechts eine besonders harte Backpfeife und stand dann auf.
"Na also. Jetzt lauf und heul dich bei deinem Vater aus solange du kannst. Er wird bald genau so verlassen wie deine Mutter."
Schniefend setzte sich Idril auf und rieb sich energisch die Augen. Ihre Wange brannten vor Schmerz. Unsicher kam sie wieder auf die Beine und stolperte los in Richtung Haus. Ihre Schultern zuckten vor unterdrückten Schluchzern und Rouven und seine Kameraden lachten höhnisch.
Als sie das Haus erreichte kam gerade Ragnar raus. Mit gesenktem Kopf drückte sie sich an ihm vorbei und kümmerte sich nicht um seinen verwunderten Blick, mit der er ihre dreckigen Kleider und aufgeschlagenen Knie betrachtete. Erst als sie in ihrem Zimmer war erlaubte sie sich den Tränen freien Lauf zu lassen. Schluchzend verkroch sie sich im Bett und zog das Kissen an die Brust. Rouven war ein Arsch. Dem würde sie es schon noch heimzahlen.

Growndrill klopfte an Idrils Tür und wartete geduldig, dass er sie rein liess. Er hatte den letzten Teil der Auseinandersetzung gesehen und das Mädchen tat ihm leid. Ausserdem kratzte es an seinem Stolz, dass man eines seiner Kinder - auch wenn es nicht von seinem Blut war - so demütigte.