"Wieso sollte ich?", fragte der Klabauter ungerührt.

"Alt?", meinte der Klabauter und packte einen der Matrosen am Kinn. "In den Minen schaffen sie sicher noch ein, zwei Jahre."
Er liess den Mann wieder los und ein feines, böses Lächeln schlich sich auf seine Lippen. "Aber gut, wenn du darum bittest, werde ich euch ziehen lassen."

Neljo war auf ihr Schiff zurückgekehrt und kümmerte sich um die Verletzten. Der eine hatte eine üble Wunde am Arm, der andere einen Stich im Oberschenkel, aber Marres war am schlimmsten dran. Das Deck war rot von Blut, wo Meleth ihn abgelegt hatte und er wand sich vor Schmerz, als Neljo sich über ihn beugte, um ihm das Hemd auszuziehen.
"Meleth!", sagte Ismir, der ebenfalls zurückgekehrt war. "Geht mit Mirko runter in den Frachtraum, um zu sehen, ob sich noch wer versteckt hat, und was die Ladung wert ist."
Meleth nickte, sprang auf und lief zu den anderen beiden hinüber. Sie stiegen in den Frachtraum des Schiffes hinunter, während der Klabauter noch mit den Matrosen sprach. Er war voll geladen mit Fässern von Bier, Wein und Rum. Mirko begann breit zu grinsen. "Das nenn ich nen Fang."

Der Klabauter rief Reina zurück, als sie auf der Treppe nach unten war. "Hey!", meinte er. "So nebenbei gefragt. Willst du ein Schiff?", fragte er grinsend, und nickte auf das, das sie geentert hatten. Es war in nicht allzu schlechtem Zustand, die Beschädigung am Bug gering.
Bevor Reina dazu kam zu antworten, trat Meleth auf den Captain zu. "Ehm, Captain? Wir haben da was gefunden."
"Ah ja, was?", meinte der Klabauter.
Meleth griff hinter sich und zog einen Jungen hinter ihrem Rücken hervor, der über einen Kopf kleiner war als sie, mit sehr kurz geschorenen Haaren und einem Gesicht, das ziemlich verprügelt aussah, und der zitterte und ihn aus grossen Augen ansah. "Was ist damit?"
"Ich wollte fragen... ob wir vielleicht nicht noch einen Schiffsjungen brauchen."
Der Klabauter grinste schmal. "Interessanter Trick, den Schrubber abzugeben." Er sah den Jungen scharf an. "Wie heisst du?"
"J... Josh", stammelte er und schlotterte dabei am ganzen Leib vor Angst.

etwa eine Viertelstunde vorher:
Meleth und Mirko schritten den Frachtraum ab und blickten zwischen die Fässer, aber niemand schien mehr hier unten zu sein ausser ein paar Ratten. Meleth kroch zwischen zwei Fässer, um dort nachzusehen, als Mirkos Schritte plötzlich innehielten. Einige Herzschläge darauf ertönte ein Aufprall und dann Mirko's hämische Stimme: "Das ist aber eine dicke Ratte. Blinder Passagier, was?"
"N... nein", piepste eine hohe Stimme panisch. "Ich b... bin Schiffsjunge."
Meleth kroch zwischen den Fässern hervor und sah Mirko dastehen, einen Jungen am Kragen gepackt, dass der den Boden unter den Füssen verloren hatte. Bei ihren Schritten drehte der Junge den Kopf. Sie erkannte ihn sofort. "Josh! Was machst du denn hier?!"
"Kennst du den?", fragte Mirko.
"Flüchtig", meinte sie. Sie bemerkte, dass Josh's Gesicht völlig zerschlagen war, ein Auge tiefblau, die Lippen aufgerissen und mit einer Platzwunde an der Wange. Ihr wurde bewusst, dass ihn nicht Mirko so zugerichtet haben konnte in der kurzen Zeit. Sie fragte sich, wer es gewesen war, und fasste innerhalb von Sekundenbruchteilen einen Entschluss. "Willst du Pirat werden?"
Mirko sah sie entgeistert an.
Josh zögerte. "W...was p..passiert mit den anderen?"
"Wahrscheinlich werden sie als Sklaven verkauft", antwortete Meleth.
Wieder zögerte Josh und blickte zwischen Mirko, der ihn mittlerweile abgestellt hatte aber immer noch festhielt, und ihr hin und her, schluckte leer und nickte schliesslich.

"Wie lange warst du schon Schiffsjunge?"
"E...ein Tag", gestand Josh.
Der Klabauter musterte ihn von Kopf bis Fuss. Dann wandte er sich an Meleth. "Du lernst ihn ein."
"Aye, Captain!", nickte sie und zog Josh mit sich weg.

(ich weiss was Standbein und Spielbein sind, so viel Kunst hatten wir grad auch noch )

"Gut", lächelte er. "Dann kannst du den Befehl geben, es zu versenken."

"Durchaus", meinte er und stieg die Treppe hinauf zum Steuer.

Meleth zeigte Josh, wo Schrubber und Eimer standen. "Ich nehm, sie lassen dich erstmal ein paar Tage nur Deck schrubben, auch wenn es sauber ist", meinte sie. "Haben sie bei mir gemacht, hört aber irgendwann auf."
Er nickte.
Sie musterte ihn. "Wer hat dich so verprügelt. Die Matrosen?"
Er schüttelte den Kopf und kniff die Lippen zusammen. "Mein Vater."
"Warum?", fragte Meleth entsetzt. "Weil du auf ein Schiff wolltest?"
"Nein", sagte Josh und seine Lippen zitterten. "Ich bin auf das erste Schiff, als ich abhauen konnte, weil er sich umgedreht hat, um nach dem Stock zu greifen. Er war betrunken. Er ist oft betrunken. Ich... ich hatte Angst, dass er mich umbringt..."
Sie sah, dass er kurz davor war loszuschluchzen und zog ihn einige Sekunden lang an sich, bevor sie ihn stehen liess, um zu sehen, wie es Marres ging.