"Wohin denn?", fragte er unschuldig und seine Finger wanderten ihre Seite hinauf.

"Was denn?", fragte er, nahm die Hand langsam weg und sah sie an. "War doch nur ein Angebot. Aber wie du meinst."
Der Würfelbecher kam zu ihm und er nahm ihn hoch. "Ich schätze, du wirst dann wohl die einzige sein, die heute alleine schläft."

Mirko sah sie reichlich verdutzt an, lachte dann: "Netter Versuch, viel Spass", und wandte sich wieder dem Würfelspiel zu.

Meleth kam sich ein bisschen vor wie eine Schwester, die auf ihre beiden kleineren Brüder aufpasste, mit Marres, der mit dem Kopf auf ihren Knien unruhig schlief und dem sie immer, wenn er zusammenzuckte, beruhigend über die Stirn strich, und Alek, der an sie gelehnt betrunken vor sich hin schnarchte.
Irgendwie war es merkwürdig. Eigentlich war sie jünger als die beiden. Aber im Moment kam sie sich älter vor. Und wollte sie beschützen und trösten. Sie mochte sie. Also eigentlich mochte sie die meisten der Mannschaft irgendwie, ausser Kopo, der manchmal ein Arschloch und immer ein Vollidiot war, und vielleicht noch zwei, drei anderen. Sie waren ein bisschen wie Familie, wenn auch nicht so nahe. Und Alek und Marres mochte sie eigentlich am meisten, abgesehen von Ismir vielleicht, aber der war immer so schweigsam und zurückgezogen. Ob sie sie auch mochten? Sie hoffte es.
Den Drang unterdrückend, den Arm um Alek zu legen, lehnte sie den Kopf an den Mast, blickte über den Steg und summte leise eine Melodie.

Der Klabauter sass am Tisch und spielte Karten mit Azali, während Zetela Abendessen kochte.
"Hey", sagte Azali plötzlich und runzelte die Stirn. "Die Karte kannst du gar nicht haben. Du bescheisst doch!"
"Bescheissen, ich?!", fragte der Klabauter entrüstet, und Zetela grinste über seinen Tonfall. "Wie kannst du mir so etwas unterstellen? Ich würde doch nie betrügen!"
Azali blickte mit zusammengekniffenen Augen von ihm zu der dunkelgrünen Nixe auf dem Tisch und legte langsam ihre nächsten zwei Karten. Er legte zuerst eine schwarze vier, tat, als würde er angestrengt nachdenken, zog dann eine Karte aus seiner Hand und legte sie auf ihre. Zetela biss sich auf die Lippen, um nicht laut loszulachen, denn es war schon wieder die Nixe, und drehte sich um, um in der Fischsuppe zu rühren, während Azali wütend aufschrie.
Ein Krachen ertönte in ihrem Rücken und als sie sich wieder dem Tisch zuwandte, lag der Klabauter auf dem Boden, Azali sass rittlings auf ihn, schlug mit beiden Fäusten auf ihn ein und beschimpfte ihn lauthals. Sie brach in schallendes Gelächter aus. "Schwach geworden, alter Mann, was?"
"Sie schlägt eindeutig nach dir", stöhnte der Klabauter gespielt, während er mit beiden Händen Azali's Schläge abwehrte. "Hilf mir, Zetela, bevor sie mich noch umbringt!"
Zetela grinste nur breit. "Mach weiter, Azali, er hats verdient!"

Der Klabauter kehrte auch später nicht zurück. Noch tief in der Nacht, als Azali längst im Bett lag und schlief, sass er bei Zetela am Tisch bei einer Flasche Rum und sie erzählten sich, was ihnen einfiel, von den sieben Jahren, die er weg gewesen war. Irgendwann, als sie verstummt waren, meinte Zetela: "Denkst du nicht, es täte dir besser, dich irgendwann wieder einmal auf etwas fest zu setzen?"
Er blickte auf die Tischplatte. "Ich kann nicht."
Sie griff nach seinen Händen, sie den Becher umklammerten. "Immer noch nicht?", fragte sie leise. "Nach all den Jahren?"
Er schüttelte den Kopf.
Sie seufzte. Dann stand sie auf, trat hinter ihn und umarmte ihn, das Kinn auf seine Schulter gelegt. Sie sagte nichts, und dafür war er ihr dankbar. Er lehnte sich an sie und schloss die Augen.
"Es ist spät", meinte sie nach einer Weile. "Komm, wir gehen schlafen."
Er nickte nur, stand auf und folgte ihr.

"Was führ ein Kloster?", fragte Alek misstrauisch.
Ihm gefiel die Idee, Marres jemandem anzuvetrauen, den er nicht kannte, überhaupt nicht, und schon gar nicht, wenn der jemand irgendetwas offizielles war. Immerhin waren sie Piraten.