"Wenn man n paar Löffel Honig als Abendessen bezeichnen kann", antwortete sie, "Also nein. Du, Hunger?"

Reina beobachtete ihn eine Weile, wie er sich vor der schillernden Landschaft als dunkler Schatten abzeichnete und folgte seinem Blick übers Wasser, nur um dann dem Essen entgegen zu sehen.
Man stellte die Schalen vor die beiden Gäste auf den Tisch und auch die Krüge mit dem süsslichen Getränk daneben.
Sie assen zuerst schweigend, dann blickte Reina hoch zu ihrem Captain. "Morgen legen wir ab?", es war mehr eine Feststellung, als Frage und das Nicken des Klabauters lockte ihr Lächeln hervor. "Gut", meinte sie und drehte das Gesicht gegen den sachten Wind. "Ich mag die See... Und ich freue mich auf den Palast. Hab ein gutes Gefühl bei der Sache." Sie stocherte kurz im Rest des Reises herum bevor sie ihn ass, aufstand und sich neben den Klabauter setzte, ihre Finger um seine Hand am Tisch schmiegend. Er hatte sein Mahl beendet und Reina zog es weiter. "Sollen wir?", schnurrte sie und sah ihn von unten her an, denn die Hutkrempe verbarg seinen vor ihrem Blick.

Sie streifte zu ihm und fuhr seinem Rücken nach, bevor sie sich gegen ihn lehnte. "Ich schätze sie haben Angst vor dem, was sie nicht sehen und erfassen können und Bekanntes bietet Bequemlichkeit und Geborgenheit. In ihren Augen ist man wahnsinnig monatelang dem Horizont entgegen zu segeln, ohne zu wissen, wo der nächste Hafen liegt. Sie würden einen als lebensmüde bezeichnen, weil der Horizont für sie eine unüberwindbare Grenze ist, kein Tor in eine andere Welt - und wenn, dann ins Jenseits", sie grinste schief, "Vielleicht wäre ich auch so geworden, wenn ich nicht bei dir angeheuert hätte."

Reina schmunzelte. "Viele sind nicht in der Lage das zu erkennen. Sie sind so in ihrer Angst vor dem Fremden gefangen, dass sie nicht erkennen, wie tief sie in der Scheisse sitzen. Ich rede da ausnahmsweise mal aus Erfahrung", meinte sie und richtete seinen Kragen. "In den Augen der meisten ist das eigene Heim sicher vor jedem Sturm, egal ob es aus Stroh gebaut ist und von Fackelträgern oder einem Sturm überrannt wird." Sie machte eine Pause und lehnte sich ans Fenstersims. "Oder das was sie haben ist ihnen so viel wert, wie dir die Freiheit der See oder mir... Vielleicht wissen sie genau, dass sie verrecken, wenn sie bleiben, aber vielleicht können sie das Stück Land einfach nicht los lassen, weil ihnen jedes andere nicht so viel wert wäre. Egal wie schön weit oder schillernd."

Reina schmunzelte. "Das kann ich mir vorstellen", meinte sie, "Aber ich werde dir erst in ein paar Monaten zustimmen können", murmelte sie, in die Nacht hinausschauend. Dann, wenn ich ihnen ihr Stück Land genommen habe, für das, das sie mir nahmen. Wenn das was mich hält endlich in Trümmern vor mir liegt, dann werde ich dir recht geben können.
Ihr Blick flackerte zu ihm, noch die Flammen widerspiegelnd, die sie sich herbei wünschte.
Sie glaubte ihm nicht, wenn er sagte, dass er nichts fühlte, dass ihn nichts hielt. Es war eher so, als würde ihn etwas davon abhalten, irgendwo vor Anker zu gehen.
Aber vielleicht bildete sie es sich nur ein, dichtete viel zu viel dazu und interpretierte viel zu viel in das Mysterium hinein, das er war.
Sie hätte gerne alles erfahren, hätte alle seine Geheimnisse gelüftet, doch sie musste sich damit abfinden, dass es nicht in ihrer Macht lag. Ihre Neugierde würde ihr zum Verhängnis werden, das war ihr klar und sie würde nie den Klabauter knacken können, denn sie besass nicht das Werkzeug dazu. Wie frustrierend.
Ein Lächeln zuckte in ihren Mundwinkeln. Nun, all die Häppchen, die er ihr vor die Nase hielt reichten um ihren Wissensdurst für eine Weile zu stillen, auch wenn dieser dann wuchs.
"Klabauter, willst du noch die Abendluft genießen oder soll ich dir die alten Knochen wärmen?", fragte sie lieblich.