"Wieso schickst du mich bloss fort", seufzte sie und drückte ihn enger an sich. Natürlich wusste sie wieso, aber sie wollte nicht gehen. Und doch wollte sie nicht das Leben ihres ungeborenen Kindes aufs Spiel setzen. Wobei sie dies auch in Donsoha tun würde, wenn sie zu lange dort blieb. Sie würde also doch nach Lovit ziehen müssen, früher oder später.
Es schmerzte sie Veray zu verlassen, auch wenn es nur für eine Weile war, doch es tat ihr weh. Und noch mehr nagte die Ungewissheit an ihr, was er in ihrer Abwesenheit an Dummheiten anstellen würde.

Sie sagte nichts sondern atmete einmal schwer ein und aus. "Ich liebe dich Veray", sagte sie und schloss die Augen. Sie wollte den Moment nicht ruinieren, aber sie war müde und drohte einzuschlafen, wenn sie weiterhin so auf seinem Schoss sass und er sie so zärtlich liebkoste. Sanft erhob sie sich und küsste die Spitze seiner Nase, die so typisch war für die Srok, bevor sie ihm den Rücken zuwandte und sich langsam aus den Kleidern schälte. Sie fragte sich dabei, wieso sie sich eigentlich wieder angezogen hatte, anstatt im Nachthemd zu ihm zu kommen.

Idril wählte ein paar Stücke von den Schlachtabfällen aus und lief dann zurück zu ihrem Vogel. Im vorbeigehen bedankte sie sich noch bei Lashk. Der Raubvogel blickte ihr erwartungsvoll entgegen. Triumphierend legte sie ihm einige Stücke der Schlachtabfälle vor die Füsse. Er betrachtete sie für einen Moment, dann packte er sie mit seinen scharfen Krallen und riss einen Fetzen Fleisch aus einem Kalbsfuss.
"Hast du dich bedankt?", fragte Biredh geistesabwesend.
"Ja.", erwiderte Idril knapp und betrachtete fasziniert, wie der scharfe Schnabel des Raubvogels das Fleisch von den Knochen des Kalbsfusses schälte.
"Es wird kühler. Wir sollten bald zurück zu den anderen gehen, Mara.", sagte der Geschichtenerzähler leise. Idril nickte nur und schaute dem Vogel weiterhin beim Fressen zu.

Sie nahm ihr Haar vom Rücken über die eine Schulter nach vorne und legte dann ihre Hände über die seinen.

Als die Sonne die Bergspitzen berührte gingen sie zu der Festung der Agares. Sie wurden ohne weiteres reingelassen. Idril schaute sich neugierig um. Sie war kleiner als die Schwarze Festung, die sie vom Trainingplatz aus gesehen hatte. Auf dem Weg tiefer in die Festung kam ihnen Lashk nochmals entgegen. Idril grüsste ihn höflich, bevor sie von Biredh weitergescheucht wurde.
"Geh runter in die Küche und sieh nach, bei was du helfen kannst. Ich muss etwas mit dem Clanoberhaupt besprechen.", befahl er und gab ihr einen kleinen Stoss in Richtung einer Türe.
"Was musst du denn besprechen?", fragte Idril neugierig.
"Das geht dich wieder einmal nichts an. Jetzt lauf." Ohne weiter auf sie zu achten, ging er weiter den Gang entlang. Idril seufzte und öffnete die Türe mit einem leichten Stoss.
"Hallo?", sagte sie zaghaft und trat ein. Ihre Augen brauchten einen Augenblick um sich an das Licht zu gewöhnen, doch dann erkannte sie eine Frau, die Lashk verblüffend ähnlich sah und ein etwa zehn- oder elfjähriges Mädchen. "Ich heisse Mara und Argui sagte, ich solle nachfragen ob ihr meine Hilfe braucht.", erklärte sie sich scheu.

"Ich liebe dich auch", seufzte sie und drehte den Kopf, um ihn zu küssen. Im Raum war es angenehm warm, dennoch erschauerte sie, als seine Hände warm über ihre Haut strichen.

Idril tat was ihr aufgetragen wurde und kippte die Stücke, dann in den vorgegebenen Topf. Die Frau gab ihr darauf hin einen Stapel Möhren, die sie schälen und schneiden sollte, während das andere Mädchen einen ähnlichen Auftrag erhielt. Als es schliesslich nichts mehr zu schneiden, oder schälen gab, stand Idril ein wenig unsicher in der Nähe des Tisches. Sie hatte keine grosse Lust mehr zu helfen, doch Biredh war ziemlich deutlich gewesen und ausserdem wollte sie es sich nicht mit den anderen Dämonen verderben.
"Kann ich gehen, oder kann ich mich irgendwie nützlich machen?"