

Drewngard schüttelte amüsiert den Kopf. "Es ist ein langer Weg nach Drez... So ohne Proviant, warme Sachen, ein Reittier... Jagdwaffen", meinte er und stiess sich vom Baum weg. "Naia, ich wünsch dir ein gutes Heimkommen", fügte er hinzu und verschwand hinter den Bäumen, um sich weiter auf die Suche nach seiner Schwester zu machen.
some men just want to see the world burn

Veray blieb einige Augenblicke lang stehen, dann ging er weiter. Er lief bis zum Abend durch. Einige Stunden lang schaffte er es, seine Wut aufrecht zu erhalten, aber schliesslich kühlte sie ab, und in der Leere, die zurückblieb, machte sich verzweifelter Schmerz breit. Er hörte Ran's Stimme in seinem Kopf. Ich war schon immer ein Drache. 'Wir' hätte nie sein sollen.
Es tat so weh, das zu hören. So weh, zu begreifen, dass er ihr niemals etwas bedeutet hatte. Sie sich niemals ihm verbunden gefühlt hatte. Wieder stieg Zorn in ihm auf. Es war alles eine Lüge gewesen. Alles nur gespielt. Darin war sie schon immer gut gewesen, auch als Jugendliche. Er hatte es doch gewusst, warum war er so blind gewesen? Weil er sie liebte. Weil er nichts mehr gewollt hatte, als dass sie seine Liebe erwiderte. Aber sie hatte nur gespielt. Wie ein verzogenes Kind, das eine Weile lang an einem Spielzeug hing, und es dann wegwarf, wenn es seiner überdrüssig war. Wie hatte er auch nur glauben können, er wäre in ihren Augen, für Akkaya, die Göttin des Sturms, die grosse Halbdrachin, überhaupt etwas wert?! Und Ran... Ran war eine Farce gewesen, eine Lüge, um ihn zu blenden.
Mit einem Wutschrei hackte er in einen weiteren Baumstamm, riss den Säbel heraus und schlug noch einmal zu. Seine Hände und Lippen zitterten. Vor Wut, aber auch aus der Erkenntnis, dass es ihm vermutlich so viel mehr weh tat, was er getan hatte und immer noch tat, als ihr. Dass er sich ins eigene Fleisch schnitt und sie vermutlich nur darüber lachte. Sich mit ihren Drachenbrüdern darüber amüsierte, wie dieser naive, kurzlebige Dämon ihr verfallen war. Er konnte das Bild vor seinen Augen sehen und es war, als erwürge es ihm das Herz.
Schliesslich brach er zusammen, rollte sich zwischen den Wurzeln einer Tanne wimmernd zu einer Kugel und drückte den Kopf gegen die Knie. Tränen liefen ihm über die Wangen. Er hasste sie. Er hasste sie. Aber er liebte sie auch. Und deshalb tat es furchtbar weh, sie zu hassen.
If you're going through hell, keep going.

"Bist du glücklich?"
Die Stimme kannte sie, sie gehörte Drewngard, genauso wie die Schritte, die ihr schon eine Weile lang gefolgt waren. "Lass mich", brummte sie heiser. "Du kennst die Antwort. Also lass mich."
Doch er liess sie nicht, lief ihr nach und sein Geist umtastete den ihren, streckte sich nach der Erinnerung, die seine Neugierde befriedigen würde. Sie drehte sich um und funkelte ihn böse an, die Augen kalt und leer.
"Was hast du ihm denn gesagt, dass er den halben Wald abholzt?", fragte Drewngard unschuldig.
"Wen?"
"Den kleinen Dämon... Du weisst schon... Veray."
"Du lässt mir nicht meinen Frieden bevor du's nicht weißt, was?", fragte sie und Drewngard zuckte nur mit den Schultern. Seufzend zeigte sie ihm die Erinnerung und ihr Herz zog sich dabei zusammen, verkrampfte sich und sie wandte sich ab und lief weiter.
"Wieso hast du ihm das gesagt?", rief ihr Drewngard nach und eilte hinterher. Sie antwortete nicht. "Wieso hast du ihn belogen?", hakte er nach. Erst dann blieb sie stehen und sah ihm hoch in die Augen. "Ich habe nicht gelogen."
"Und jetzt belügst du mich?"
"Nein... Ich... Es bringt nichts. Vergiss es", murmelte sie und setzte sich seufzend auf einen Baumstumpf. Sie war müde. Die Nacht würde bald über's Land einbrechen und weit war sie nicht gerade gekommen. Drewngard liess sich neben ihr nieder und musterte sie von der Seite. "Wieso?", wiederholte er kaum hörbar.
"Weil es ein Fehler war", flüsterte sie zurück. "Es war ein Fehler... den ich schon einmal begannen habe und jetzt wieder. Es bringt nichts an einem Traum, einem Wunsch fest zu halten der..."
"Ach sei still", schnaubte Drewngard. "Du hast Angst. Darum... Und jetzt geh zurück, wenn du hier entlang weiter läufst kommst du irgendwann zu den Verfluechten Wäldern. Geh dich entschuldigen", mit den Worten stand er auf und machte sich davon, liess sie alleine im Schatten des Waldes sitzen. Erst nach einer Weile erhob sie sich und folgte dem Weg zurück, bis es tiefe Nacht war und ihre Füsse vom Laufen schmerzten. Dann stiess sie einen schrillen Pfiff aus und dunkle Schwingen durchbrachen die Nacht.
some men just want to see the world burn

Als er keine Tränen mehr hatte - zumindest fürs erste - lief er weiter. Ohne Ran gab es nichts mehr, was ihn davon abhielt nach Drez zurückzukehren. Und alles dafür zu tun, dass er Vakra's Nachfolge antreten würde. Nicht Lesir, nicht Ro, sondern er.
Er lief im Schatten der Bäume, die die Talsohle bewaldeten, in Richtung Westen. In diesem Tal hier war er noch nie gewesen, aber er kannte die grossen Strukturen des Gebirges und wusste, wohin es ihn führen musste. Wenn er das Tempo so durchhielt, konnte er mitunter in einer knappen Woche in Drez sein.
If you're going through hell, keep going.

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