(shon dritte aprilwoche? o.O)

Karim las die Nachricht durch. Randreyah hatte wirklich jedem der Familienoberhäupter geschrieben. Sie müssten sich Ende Mai versammeln und ihren Befehlen lauschen. Dann würde auch die Zeremonie der Übergabe stattfinden, welcher sie sich noch nicht unterzogen hatte. Er schnaubte. Schlaues Mädchen, sie hatte an alles gedacht oder mindestens daran, ihrem Vater zuerst zu schreiben, damit er die Nachricht weiterleitete. Innerlich grinste er. Ein Treffen der Verdezia, des versammelten Clans. Das hatte es seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Er seufzte halb zufrieden und gab die Nachricht an die Hauptfamilie weiter, welche nicht besonders gross war.

Ende April

Ailgaur kletterte die Uferböschung hoch und liess Idril hinunter, damit er sich ausgiebig schütteln konnte. Wasser spritzte ihr ins Gesicht, doch das Mädchen kümmerte es nicht. Es verschlang einen weiteren Pilz und entschied sich dann die restlichen zu sparen, obwohl ihr Hunger noch lange nicht gestillt war. Sie wusste nicht wann sie das nächste Mal etwas zu essen bekommen würde. Die restlichen Amarok schwommen ebenfalls ans Ufer, beschnupperten Idril mal kurz und spitzten dann die Ohren um die vertrauten Geräusche ihrer Heimat aufzunehmen. Ihre Freude über ihre Heimkunft steckte Idril ebenfalls an. Sie kroch rüber zu einem niedrigen Baum und zog sich in die Höhe. Es tat gut auf einem Bein zu stehen und zumindest Draugmôr wieder auf Augenhöhe begegnen zu können. Um den anderen in die Augen sehen zu können, würde sie noch ein wenig wachen müssen.

Sie verweilten nicht lange am Fluss, doch Idril konnte ein Entennest plündern. Mit dem Fingernagel stach sie ein kleines Loch in die Schale und schlürfte den Inhalt des Eis genüsslich heraus. Dann aber musste sie wieder auf Baran hochklettern und sie drangen tiefer in den Wald ein. Die Amarok schnupperten an jedem Baum und frischten alte Markierungen wieder auf. Daher kamen sie nicht so schnell wie üblich vorwärts. Dennoch hätte Idril rennen müssen um mit den grossen Tieren mithalten zu können. Idril blickte hoch zur Laubdecke über ihrem Kopf und sog den erdigen Duft des Waldes tief in sich ein. Es war wirklich ein schöner Ort. Die Natur hier war wild und ungebändigt. Jetzt verstand sie warum Biredh diesen Wald wegen seiner Schönheit gepriesen hatte.

Triwan seufzte, als er sein Floss den Fluss hinabmanöwrierte. Karim hatte ihm aufgetragen einige Dinge aus einer der abgelegenen Lagerhütten zu holen.
Als er in der Nähe der Hütte anlegte, horchte er auf. Ein bedrohliches Knurren drang aus den dunklen Schatten der nahen Bäume. Er schluckte trocken und hoffte, dass er es sich nur eingebildet hatte. Von der Stelle rührte er sich aber dennoch nicht.

Die Amarok waren eine Weile im Wald herumgestreunt, doch dann waren sie wieder zum Fluss zurückgekehrt. Idril war auf Barans Rücken eingeschlafen, doch als die Wölfin plötzlich anhielt, purzelte sie fast runter. Im letzten Moment schaffte sie es sich festzuklammern. Dann hörte sie Ailgaur Knurren. Dieser Laut jagte ihr jedesmal einen Schauer über den Rücken. Baran trat noch einige vorsichtige Schritte vor und Idril hob den Kopf um einen besseren Blick zu haben. Als die Wölfin ebenfalls den Kopf, setzte sich das Mädchen mit einem ärgerlichen Brummen auf. Ein scharfer Schmerz zuckte, wegen dieser plötzlichen Bewegung, durch ihren gebrochenen Fuss. Sie keuchte erstickt auf, doch biss die Zähne zusammen. "Lauf noch ein wenig weiter.", flüsterte Idril Baran zu. Sie blieb jedoch stur stehen. Idril streckte ihren Geist nach der der Wölfin aus und überzeugte sie davon, dass ein paar Schritte nichts machen würden. Zögernd tat Baran wie sie ihr geheissen hatte.
Ailgaurs Knurren war lauter geworden und nun hatten sich auch die Stimmen von Draugmôr und den Zwillingen dazugesellt. Das Elfenmädchen spähte angestrengt durch die Bäume und erkannte dann eine Gestalt vor einer Hütte. Er würde ihr sicher helfen können. "Bitte lauf zu ihm!", flehte sie die Wölfin in Gedanken an. Sie zögerte Ailgaurs Knurren war eine deutliche Warnung. Der Mann konnte eine Gefahr darstellen. Dennoch spürte die Amarok, dass das Mädchen auf ihren Rücken in Nöten war. Also schritt sie hinaus aus dem Wald und die restlichen Amarok folgten ihr dichtauf.
"Ähm... hallo!", sagte Idril ein wenig verlegen.

Triwan liess das Messer fallen und seine Kinnlade klappte hinunter, als er die kleine Elfe in zerschlissenen Kleidern, zerzaustem Haar und geschwollenem Fuss auf dem Rücken einer Amarok-Wölfin sitzen sah. "Hallo", meinte er tonlos. "Sind das deine Wölfe?", fragte er und sah dann ihren Fuss an. "Brauchst du etwas?)

"Ja, mein Fuss ist gebrochen. Kennst du jemand, der ihn heilen oder richten kann? Und hast du etwas zu essen dabei?", fragte sie und dann fügte sie rasch hinzu, "Es sind nicht meine Wölfe. Sie haben mich adoptiert. Sie sehen mich als Welpen, das hat jedenfalls Biredh behauptet."

"Ich verstehe", meinte er schwammig. "Ich habe leider nichts dabei, aber wenn du magst bringe ich dich zu meinem Dorf... Wenn die Wölfe dich ziehen lassen natürlich." Die ganze Situation schien absurd und er fragte sich ob er halluzinierte oder das gerade wirklich geschah.

Idril nickte. Sie sah keinen anderen Ausweg. Wenn sie weiterhin bei den Amarok bleiben würde, würde ihr Fuss vielleicht für immer steif bleiben. Sie hatte einmal die Folgen von einem ungeschienten Bruch gesehen. Der Fuss war steif geworden und der Heiler in Lovit hatte das Gelenk erneut brechen müssen, damit es richtig zusammenwuchs. Hoffentlich war das bei ihr nicht der Fall. Sie liess sich schwerfällig von Barans Rücken gleiten und wollte auf den Mann auf ihrem rechten Bein zuhüpfen, doch Baran packte sie am Kragen. Das war zu viel für das stark beanspruchte Kleidungsstück. Mit einem müden Laut rissen die Nahtstellen und Idril fiel mit einem überraschten Schrei zu Boden. Baran schien ein wenig verdutzt, dass sie auf einmal das Schaffellwams von Idril im Maul hielt. Achtlos liess sie es fallen und beschnupperte das nunmehr halbnackte Elfenmädchen um sich zu versichern, dass es sich nicht verletzt hatte.
"Es geht mir gut.", knurrte Idril unwirsch, schnappte sich ihr kaputtes Wams und warf es sich behelfsmässig über die Schultern. Baran wollte sie eindeutig nicht gehen lassen. Die anderen Amarok ebenso wenig. Ailgaur kam zu ihr rüber und fuhr ihr mit der Zunge übers Gesicht. Deutlich vernahm sie seinen Wunsch sie zu beschützen, doch bei einem gebrochenen Fuss konnte er ihr wenig helfen. Idril schloss die Augen und schickte ihm ein Bild von ihr, wie sie als Frau noch immer nicht laufen oder rennen konnte. Anschliessend versuchte sie ihm zu vermitteln, dass wenn sie mit dem Mann gehen würde, würde alles wieder gut werden und sie würde wieder rennen, hüpfen und laufen können. "Du kannst mir auf dem Weg zum Dorf des Mannes folgen. Wartet draussen. Es ist wie bei den Höhlen.", fügte sie hinzu und fügte das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit hinzu. Ailgaur zögerte einen Moment dann leckte er ihr noch einmal das Gesicht ab und blickte den Mann an. "Könnt ihr mich tragen?", fragte Idril ein wenig scheu. "Sie werden euch nichts tun. Ich habe ihnen gesagt, dass du freundlich bist."

"Eine Magierin", stellte er verblüfft fest. "Natürlich!", meinte er dann schnell und zog seinen Umhang aus, um ihn ihr zu reichen. "Wir werden ein, zwei Stunden laufen müssen, aber deine Wölfe können mitkommen, solange sue sich im Wald, hiter den Bäumen aufhalten", sagte der Shatten und trat auf die Elfe zögerlich zu. Sie kletterte auf seinen Rücken und er trat den Rückweg nach Azura an, seine Aufgabe vollkommen vergessend. "Wie heisst du eigentlich? ", fragte er Idril.