Sie stiess ein ersticktes Stöhnen aus, als die Knochen übereinander schabten, doch bevor sie in Tränen ausbrechen konnte, ebbte der Schmerz ab. Sie wischte sich über die Augen und legte das Wams zur Seite. Es tat fast überhaupt nicht mehr weh. Sie wackelte vorsichtig mit den Zehen und lächelte als sie sie bewegen konnte. Dann schlang sie ohne Vorwarnung die Arme um Dayanas Brust und drückte sie fest. "Danke! Ich hatte schon gedacht er würde nicht mehr in Ordnung kommen.", sagte sie. Ihre Stimme klang gedämpft, da sie das Gesicht in Dayanas Kleidung vergraben hatte. Idril hielt sie noch einige Sekunden fest, dann löste sie sich von der Elfe. "Vorhin hast du doch was von Essen gesagt, oder?", fragte sie unschuldig und blickte zu ihr hoch.

"Ja hab ich, komm mit. Aber den Fuss musst du noch schonen!", sagte die Elfe und hielt dem Mädchen die Hand hin? Um sie ins untere Stockwerk des Hauptgebäudes in die grosse Küche zu führen.
Sie half ihr die Treppe hinunter und beantwortete die Fragen des Elfenmädchens. Jetzt wusste Idril, dass sie in Azura war und Dayana eine Assassine. In der Küche angekommen wies die schwarzhaarige Elfe Idril an sich zu setzen und holte ihr eine grossen Teller, einen Leib Brot, Besteck und einen Krug Milch, dann brachte sie eine grosse Schüssel mit Suppe, die sie vor sie stellte. "Iss soviel du magst", meinte sie und setzte sich Idril gegenüber. Als das Mädchen sich Essen schöpfte fragte sie sie, woher sie kam.

"Ich komme aus einer Stadt in den Bergen. Es lebten nur Magier dort.", erzählte zwischen zwei Löffeln. Sie wusste sie sollte langsam essen, doch es war schwierig, wenn sich all diese Köstlichkeiten direkt in ihrer Reichweite befanden. Sie hob den Milchkrug mit beiden Händen an und trank gierig ein paar Schlucke. Genießerisch schloss sie die Augen und stellte den Krug wieder auf den Tisch ab, nur um sich über das Brot herzumachen. "Ein Hund hat mir eine meiner Flöten weggenommen, und als wir, also ich und Biredh, die Flöte suchen gingen, wurden wir von Schwarzmagiern angegriffen. Sie waren hinter mir her, warum weiss ich nicht." Sie nahm einen grossen Bissen vom Brot und musste ein Pause nehmen, bevor sie weitererzählen konnte. "Ich bin eine Klippe runtergefallen und bin in einem Fluss gelandet, doch die Amarok haben mich gerettet und hierher getragen. Der Wald hier ist ihr Zuhause.", erklärte sie und kam sich eine Sekunde darauf gleich ein wenig dumm vor. Dayana lebte hier. Sicher wusste sie das schon. Idril konzentrierte sich nun voll und ganz aufs Essen. Sie vertilgte den grössten Teil der Suppe, den ganzen Brotlaib und trank den ganzen Krug Milch. Als sie fertig war, lehnte sie sich satt und zufrieden im Stuhl zurück. Nie hatte ihr ein Essen besser geschmeckt und das teilte sie auch ihrer Gastgeberin mit. Trotzdem würde sie noch viele solche Mahlzeiten zu sich nehmen müssen, damit man ihr die Zeit in der Wildnis nicht mehr ansah. Ihre Rippen traten deutlich hervor und sie war immer noch schmutzverschmiert und hohlwangig.
Als sie plötzlich eine kalte Brise auf ihrem nackten Oberkörper spürte, realisierte sie wieder, dass sie auch keine passende Kleidung mehr hatte. Ihre Hosen würden ebenfalls nur noch ein paar Tage halten. Der Stoff war zerissen und schützte kaum vor der Witterung. Sie hatte die kalten Nächte nur überlebt, weil sie sich zwischen die warmen Amarok hatte kuscheln können. "Habt ihr nicht zufälligerweise noch ein paar Kleider für mich?", fragte sie daher vorsichtig.

"Natürlich", meinte Dayana freundlich. "...diese Höhlenstadt... War das Donsoha?", fragte die Elfe und stand auf, um den Tisch abzuräumen.

Idril nickte. "Ja, so hiess es.", erwiderte und stand auf um Dayana beim abräumen zu helfen, zuckte vor Schmerz jedoch zusammen, als sie ihren Fuss belastete. Sie musste es offensichtlich langsamer angehen. Die Schwellung würde noch sicher für ein paar Tage bleiben. "Könnte ich, nachdem ich dir beim Abwasch geholfen und ein paar Kleider angezogen habe, kurz aus dem Dorf raus? Baran und die restlichen Amarok machen sich sicher Sorgen um mich. Ich will ihnen nur sagen, dass du meinen Fuss geheilt hast und das er in ein paar Tagen wieder in Ordnung sein wird."

"In Ordnung, ich zeige dir dann den Weg. Wenn du willst kannst du auch ein Bad nehmen... War ein Mann namens Narumdrongwer in Donsoha?", fragte sie beiläufig.

"Gerne. Vielleicht wäre es sogar klüger, wenn ich ein Bad nehme, bevor ich die sauberen Kleider anziehe.", sagte Idril und schaute an sich runter. "Narumdrongwer war in der Stadt, doch ich durfte ihn Narum nennen. Er hat mich übrigens auch in der Magie unterrichtet.", erzählte sie stolz, dass ihr Meister so weit von den Höhlen entfernt noch bekannt war.
Sie half Dayana bei der Vorbereitung des Bades, trug Holz zum Feuer und schleppte einige Eimer Wasser heran. Nach ein paar Runden musste sie sich allerdings wieder setzen, da ihr Fuss wieder zu schmerzen angefangen hatte. Als der Badezuber schliesslich mit dampfendem Wasser gefüllt war, zog sich Idril aus und liess sich ins Wasser gleiten. Sie schloss geniesserisch die Augen und tauchte kurz unter um ihre Haare nass zu machen. Dayana reichte ihr ein Stück Seife und das Mädchen begann sich von Kopf bis Fuss abzuschrubben.

"Ich werde im Nebenzimmer sein, wenn du etwas brauchst, musst du mich nur rufen", sagte die Elfe und stand auf, um zu gehen.

Idril nickte lediglich. Nach einer halben Stunde hatte das Badewasser eine schmutzig gräuliche Verfärbung angenommen. Das Elfenmächden kletterte aus dem Zuber raus, wickelte sich in das bereitgelegte Handtuch und rieb sich trocken. Nun blieb lediglich das Problem mit der Kleidung. Sie tapste auf nackten Füssen ins Nebenzimmer und fand dort Dayana. "Ähm... wisst ihr wo ich ein paar Kleidungsstücke herkriegen könnte?", fragte sie nochmals vorsichtig. Sie wollte um keinen Fall aufdringlich sein, doch sie konnte sich schlecht, nur in ein Handtuch gewickelt, zu den Amarok begeben. Ausserdem hatte Dayana ihr schon so viel geholfen, dass es ihr eigentlich frech vorkam, nach noch mehr zu fragen.

"Oh, stimmt. Sie sind im Schrank... warte ich zeig dir wo", sagte sie und führte das Mädchen wieder ins andere Zimmer, suchte ihr einige Sachen aus dem Schrank raus, die ihr passten - es waren zwar Jungenkleider, aber für den Moment würden sie genügen - und reichte sie dem Mädchen.
Als sie Idril wieder allein lassen wollte, klopfte es an der Tür und ein blonder Elf erschien im Türrahmen. "Schwester, Karim will dich sprechen", meinte er schlicht und wartete auf eine Antwort. "Sag ihm ich bin bald da. Und sag den anderen, dass wir Narums Schülerin als Gast haben. Sie sollen nett zu ihr sein und aufpassen, dass sie nicht irgendwo über irgendetwas stolpert und sich verletzt", wies Dayana ihn knapp an und der Mann nickte und verschwand. "Ich muss schnell zu einem Freund. Wenn du etwas brauchst, kannst du ruhig jemanden hier fragen, der dir über den Weg läuft, sag ihnen du seist mein oder Narums Gast", sagte Dayana, nachdem sie sich zu Idril hinuntergebeugt hatte, dann ging sie aus dem Zimmer und suchte sich den Weg durch die Gänge zum Abteil der Dämonen, in denen sich Karim aufhielt.