"Wir nennen sie normalerweise einfach nur die Göttin", antwortete Nisil. "Aber es gibt viele Namen, mit denen wir sie anrufen. Behüterin, Herrin, Licht, Saat der Welt, und viele weitere. Du wirst sie kennen lernen, wenn du eine Weile hier bleibst. Die Göttin macht, dass alles wächst und gedeiht, dass die Saat im Frühling aufgeht, dass Kinder und junge Tiere entstehen, sie beschützt die Frauen bei Schwangerschaft und Geburt, macht, dass Milch aus ihren Brüsten fliesst, um die Säuglinge zu nähren, lässt die Tage im Frühling länger werden und den kalten Winter besiegen. Sie macht, dass die Welt lebt."

"Nein", sagte Nisil freundlich. "Komm, ich zeige dir, wo du schlafen kannst."
Sie legte dem Mädchen die Hand auf die Schulter und führte sie einige Korridore entlang zu den Schlafräumen der Schützlinge, wie sie die kleinen Mädchen, die zu ihnen gebracht wurden, nannten. Sie bedeutete ihr, leise zu sein, bevor sie die Tür zu einem der Räume öffnete und im schwachen Lampenschein, der vom Flur hereinfiel, schnell ein freies Bett bereit machte.
Eines der anderen Mädchen drehte sich im Schlaf um und murmelte etwas. Nisil bedeutete Idril sich aufs Bett zu setzen, half ihr dabei, die Stiefel auszuziehen und deckte sie zu, bevor sie ihr lächelnd gute Nacht wünschte und die Türe zum Zimmer leise schloss.

Die kleinen Novizinnen wurden früh am Morgen geweckt, dazu gebracht, sich zu waschen und anzuziehen und dann zum Gebet mit den anderen in die Kapelle gescheucht. Nisil hatte dafür gesorgt, dass auch für die Idril ein frisches Novizinnengewand in ungefähr ihrer Grösse bereitlag und eine andere Schwester zeigte ihr, wie sie die Hände zum Gebet falten und die Worte nachsprechen musste.
Nach dem Morgengebet gab es Frühstück und dann wurden die Mädchen in die Wäscherei geschickt, wo sie zwei Stunden lang arbeiten sollten, bis der Unterricht begann.
Alysia war mittlerweile von praktisch allen Arbeiten entbunden worden, um sich zu schonen, und so ging sie in den Garten, um etwas in der Morgensonne zu spazieren, bevor die Temperaturen unerträglich würden. Sie fand den Drachenmann schlafend auf der Bank sitzen und lächelte. Er sah friedlich aus. Leise, um ihn nicht zu wecken, setzte sie sich neben ihn, schloss die Augen und liess die Sonne auf ihr Gesicht und ihren Bauch scheinen.

Sie hatte gespürt wie er aufwachte. "Ich kann mich nicht beklagen", antwortete sie lächelnd. "Die meisten Schwangeren Frauen haben vermutlich mehr beschwerden als ich."

"Eure Schwester, die kein Drache ist?", fragte sie und fragte sich, was das für eine Botschaft sein mochte.