"Ich füttere dich ja nicht. Aber du, mein feiner Herr, musst ja auch unbedingt ein Nachkomme sein. Wenn du in meiner Anwesenheit stirbst, entehre ich meine Familie", entgegnete sie. Dann stand sie auf und ging nachsehen, ob Kraigor schon die Splitter hatte finden können.

Als Elira wieder zu ihm kam, hielt er ihr den Beutel hin. "Er enthält noch alle vier Splitter sagte er zu ihr."
"Sieht so aus, als wäre diesmal noch alles gut gegangen. Aber vorsicht, sie könnten heiß sein."

"Danke", sagte sie und nahm sie strahlend entgegen. Dann ging sie zum X-ten Mal zu Egraz.
Triumpfierend hielt sie ihm den Beutel vor die Nase. "Willst du sie?"

"Gut", meinte Elira nur und verstaute die Splitter sorgfältig, bevor sie nach draussen ging und sich aufs Dach schwang. Sie mochte nicht in dem stickigen Raum gefangen sein. Sie schloss die Augen, ihr Kopf pochte und ihre Gedanken drehten sich wirr. Die Nebenwirkungen setzten ein.
Die Elfe versuchte ruhig zu atmen und sich zu sammeln. Es stieg ihr langsam alles zu Kopf. Sie mochte nicht weiterreisen, nicht mehr die Splitter suchen. Nicht weil sie faul war, sondern weil sie einfach nicht mehr Blut sehen wollte. Sie hatte schon genug in ihrem Leben getötet.

Elira betrachtete die Splitter, wie sie die noch schwachen Sonnenstrahlen des Morgens brachen. Alle vier hatten verschiedene Grössen und Formen und glitzerten und glänzten in den verschiedensten Farben. Sie lag gekuschelt in eine dicke Wolldecke auf dem Dach. es war eine unruhige Nacht für sie gewesen. Sie hatte die Nebenwirkung der verschiedenen Rauschmittel unterschätzt. Vor dem Morgengrauen hatten sie Hufschläge geweckt. Neugierig hatte sie sich aufgerichtet und war erstarrt. Der Egraz verliess sein Dorf in Richtung Osten. In Richtung Tanue. Elira schluckte trocken. Hatte sie wirklich die richtige Entscheidung getroffen? Lag sie mit ihren Vermutungen richtig? Würde der Egraz wirklich einem seiner Vorgesetzten über die Splitter berichten? Wahrscheinlich wussten nur wenige über die Splitter bescheid.
Zehn, somit ein Viertel, befanden sich angeblich in Tanue, im alten Labor des Gelehrten hatte Ran damals vermutet. Egraz hatte ihr nichts über Aion erzählen wollen, ausser dass er eine Legende war. Folglich musste er für die Egraz eine wichtige Rolle spielen. Die Tatsache, dass sich zehn Splitter in Taune befanden - sie nahm an, die Information sei wahr - hiess, dass jemand dort sein musste. Vielleicht die Egraz? Elira hoffte, die Splitter im Namen Akkayas oder deren und Aions Enkel zu bekommen, wenn nicht, würde Elira die ihren vier in Tanue lassen. Dort würden sie sicher sein. Randreyah würde sie dann selber holen können. Sie seufzte. Die Reise war doch anstrengender, als gedacht. Vielleicht würde sie Tanue, nicht lebend verlassen können. Irgendwie musste sie ein Botentier nach Lovit schicken, für den Fall der Fälle.

Kraigor blieb noch kurz in der Hütte, dann ging er raus und setzte sich zu Elira aufs Dach, sagte aber nichts.
Er legte sich hin, dachte nach und merkte gar nicht, wie er einschlief.
Irgendwann wachte er wieder auf und sah, dass Elira ebenfalls wach war.
Er drehte sich zu ihr um. "Worüber denkst du nach?", fragte er, als er ihren nachdenklichen Gesichtsausdruck sah.

"Nicht viel", antwortete sie und packte die Splitter weg. "Nur darüber, ob mir das gelingt, was ich vorhabe."

"Du bist nicht allein. Du hast ja noch Egraz und mich!"
Er lächelte sie an, war sich aber bewusst, dass sein kindlicher Optimismus zwar aufheiternd sein konnte, aber die Aussage, ihn dabei zu haben, nicht gerade die Aussicht auf Erfolg drastisch steigerte.