Er schaute Elira nur schief an. Manchmal konnte sie einem auf die Nerven gehen mit ihrem Gehabe. Selbst nur ein Krüppel, aber alles besser wissen und die Größte und Tollste sein.
Er sagte einfach nichts, sondern hüpfte vom Tisch, auf dem er saß und ging nach draußen. Feiner Nieselregen fiel vom Himmel und schuf Pfützen auf dem erdigen Boden. Er lief runter zur Hafengegend, aber dort gab es mehrere Kneipen. In der Ersten war sie nicht, in der Zweiten bestand der Wirt darauf, dass er etwas zu trinken bestellen müsse, wenn er schon hier drinnen war und weil Kraigor nicht gut im Nein sagen war opferte er fast den Rest seines spärlichen Geldes für ein Bier, das er recht schnell trank und weiterzog.
In der dritten Kneipe war die Stimmung am Fröhlichsten, hier fand er auch die Piraten vor, saufend und derbe Scherze reißend.
Er setzte sich zu ihnen an den Tisch.
"Ich feier dann mal mit!", verkündete er und blickte die Piraten an.
Melissa saß einen Tisch weiter, wie er realisierte, aber an diesem war kein freier Platz mehr gewesen.

Elira sah ihm nur ratlos nach. Konnte der Narr nicht einsehen, dass die Reise zu nichts geführt hatte? Melissa wollte scheinbar nichts mit ihm zu tun haben und sie hatten schon zu viel riskiert auf ihrem Weg. Sie konnte nicht mehr kämpfen. Keinen der beiden verteidigen. Ja nichteinmal mehr sich selbst! Es war viel weiser abzuhauen. Sofort. Zurück nach Lovit zu gehen, denn dort waren sie mindestens in Sicherheit und konnten ihre Wunden heilen lassen...
Wie ein begossener Pudel setzte sie sich auf den Tisch und wiederstand dem Drang die Beine anzuziehen. Sie machte sich Sorgen um den liebesblinden Rotschopf. Was wenn Kradna jetzt angriff? Was wenn sie ihn für einen Piraten hielten und töteten? Oder einfingen und hängten?

"Aufs Meer? Geht ihr dorthin? Wann und warum?", fragte er verdutzt nach.
Er hatte eigentlich gar keine Lust aufs Meer zu fahren. Es war mal ganz schön gewesen, aber mit Meer konnte er genauso wenig anfangen wie mit Schiffen oder der Tatsache, dass er dann auf einem Schiff weit draußen gefangen war. Eigentlich war seine Antwort schon jetzt klar...ein klares Nein, aber erstmal wollte er sich den Rest anhören.

"Ich glaube nicht, dass ich mitkomme. Mir gefällt es nicht so auf Schiffen oder auf dem Meer", antwortete er. "Aber vielleicht kann ich euch ja ein Stück weit begleiten."

Als Reina in die Schenke taumelte war sie sturzbetrunken und hing, mit je einer Rumflasche in der Hand, zwischen zwei Piraten, die ebenfalls Flaschen bei sich hatten. Sie lallten ein altes Piratenlied und bewegten sich richtung Tresen, schwankten aber, wie ein Schiff bei Sturm.
"Joho, joho blaubrat dr Birat!", lachte Reina und liess sich auf einr Bank hinter sich fallen, wobei sie von einem anderen angefahren wurde. Sie blinzelte ihn an und versuchte sein Gesicht zu erkennen, packte ihn mit langen Fingern an den Wangen und stand auf. Mit zusammengekniffenen Augen und leicht schwankend, sah sie ihm tief in die seinen und wollte etwas sagen, doch irgendwie schnappte ihr stets der Rum die Worte von der Zunge... Das Spiel konnte man auch zu zweit spielen, dachte sie sich und kippte den Rest der einen Flasche. Sie wollte auch die zweite leer trinken, aber der waren scheinbar Flügel gewachsen und sie war davongeflattert. Reina wandte sich zum Mann, den sie noch festhielt. "Hasdu?", weiter kam sie nicht, da sie jemand zu sich an den Tisch rief. "Schonklaa!", rief sie zurück und tätschelte die Wange ihres Gefangenen - sie kicherte, ihres Gefangenen, "Alles flott im Schritt! SCHULDIGUN!", entschuldigte sie sich beim Mann und schwankte zum Tisch rüber, bekam noch mehr zu trinken und brach dann irgendwann mit ihren Trinkgenossen in Tränen aus, als sie über die Verstorbenen erzählten, bevor sie hinaus stürmte und sich draussen bei der Hausecke übergab. Es dauerte eine Weile, bis sie sich gefasst hatte.
Die Leere in ihrem Kopf fühlte sich wie Baumwolle an. Sie sah hoch zu den Sternen und schniefte. Ob es wirklich einen Himmel gab? Waren ihre Geschwister dort glücklich? Hatten sie endlich ihren Frieden gefunden? Sie wischte sich mit dem Ärmel kurz übers Gesicht und setzte sich an die Hauswand gelehnt hin. Das ganze war doch scheisse... Was sollte sie in Kasz?
Kurz darauf torkelte sie wieder mit den Piraten singend und lachend durch die Schenke, zwei Krüge in der Hand und weil sie nicht wusste, was mit dem einen zu viel Anfangen, stellte sie ihn vor den Captain hin und stiess sogar mit ihm auf die Toten an.

Er schaffte es ohne Geld noch ein paar Humpen zu saufen - Piraten beklauen war moralisch so schön einfach - und ging dann etwas benebelt zurück zum Haus. Er würgte fast - im letzten Bier war doch tatsächlich Rum drinnen gewesen - und ging hinein, legte sich in sein oder ein Bett, das wusste er gar nicht so genau und schlief ein.
Er wachte erst auf, als ihn jemand am Arm rüttelte.
"Ne, willnochn bisschnmüde is doch kurz geschlafn Sonne, mach sie weg!", murmelte er im Halbschlaf, aber das Rütteln wurde nur noch vehementer.