Jetzt erst sah er, dass die Wunde scheinbar von einem Bolzen kam, der scheinbar durch das Bein geflogen war.
Glücklicherweise sah es so aus, als wäre er nur durch die Wade und hätte keinen Knochen getroffen. Trotzdem, selbst wenn keine Sehne oder kein Knochen verletzt wären, war das eine ernstzunehmende Verletzung der Muskeln.
Er nahm sie sofort tröstend in den Arm, als sie schluchzend da saß und streichelte ihren Rücken.
"Keine Sorge, das flicken wir wieder zusammen! Dir passiert nichts! Ich hole jetzt jemanden, der die Wunde fachgerecht verarzten kann, wahrscheinlich muss sie mit Alkohol gereinigt und dann verbunden werden." Oder eine kleine Operation, aber es gibt mehr als einen Weg dich zu betäuben, damit du nichts spürst, dachte er bei sich, um sie nicht unnötig aufzuregen.
"Ich bin in ein paar Minuten zurück, das hälst du durch!", sagte er, weil er sie nicht zu sehr wie ein Kind behandeln wollte, auch wenn sie ihm gerade extrem leid tat.
Er würde sich an Rewona oder Elira wenden, die hatten mehr Ahnung davon. Heilmagier gab es hier wohl leider keine, die den Muskel hätten korrekt wieder zusammenwachsen lassen können. So blieb nur eine oberflächliche Behandlung. Und mit viel Pech würde Melissa sehr lange nichtmehr richtig laufen können.

Als Kraigor zurück kam schien er nicht besonders begeistert und etwas aufgeregt und durcheinander. Er trug Elira seine Bitte vor und diese biss die Zähne zusammen, stemmte sich hoch und stand auf, wobei sie kurz schwankte, da ihr schwarz vor Augen wurde. Sie ignorierte Dreshars tadelnden Blick. Sie musste selber laufen können, Rewona konnte sie nicht die ganze Zeit herumtragen wie ein verkrüppeltes Kind. Das wollte sie auch nicht. Sie ging an Kraigor gestüzt zu Melissa und liess sich neben das Mädchen sinken. "Phu", meinte die Elfe und versuchte ihren Atem zu regeln. "Zeig her."

Reina zuckte beinahe zusammen. "Ja. Drei", antwortete sie, "Aber es sollte eine Handvoll geflüchtet sein... Die Kradnaner waren gründlich." Sie widerstrebte dem Verlangen auszuspucken und knurrte nur, die Arme verschränkend und zur Seite blickend.

Kraigor kniete neben Elira am Boden und hielt Melissas Hand fest. Er ließ die Elfe die Wunde betrachten und fragte dann: "Es sind nur die Muskeln und die Haut verletzt, oder? Keine wichtige Ader oder Knochen? Reicht es, sie zu reinigen und zu verbinden?"

"Ja", antwortete Reina schlicht. "... Ihr werdet übrigens alt", meinte sie und nickte in Richtung seiner Wunde.

Elira sah sich das Bein an. Dann hob sie den Kopf, um Kraigor ansehen zu können. "Nichts schlimmes, solange es verbunden und desinfizuert wird...Bring mit Alkohol...zur Not auch starken Schnaps... und sauberen Stoff...", wies sie ihn an, nahm einige Blätter aus ihrer Gürteltasche, die sie schon für Dreshars Wunden gebraucht hatte und begann das trockene Grünzeug zu zerkauen.

"Danke!", antwortete er sichtlich erleichtert, erhob sich und eilte davon unter Deck.
Wegen dem ganzen Wirrwarr war es schwierig, jemanden zu finden, der ihm vernünftig sagen konnte, wo die Dinge waren, aber er fand in einem Schrank eine Flasche Absinth, der sehr stark zu sein schien und nach einigen Minuten hatte er auch ein paar halbwegs saubere Stofflappen aufgetrieben. Sie waren nur etwas feucht, besser als Nichts.
Außerdem hatte er noch ein Hemd in einer Kiste gefunden.
Mit diesen Dingen eilte er wieder hoch an Deck zu Elira und Melissa und reichte der Elfe die Stofftücher. Die Flasche stellte er auf die Planken.

Elira nahm ihr Messer hervor und eine der Nadeln, die in das schwächere Gift getaucht waren. Sie strich die zerkauten Blätter auf die Haut, welche noch über der Wunde lag und die Infektionsgefahr steigerte. "Hör mal, ich muss hier aufschneiden", sagte sie an das Mädchen gewandt. "Dann heilt es schneller und besser... Es wird wehtun, aber wenn du willst, kann ich dich betäuben. Das heisst du wirst eine halbe Stunde schlafen."
Während sie das erklärte, nahm sie die Flasche Absinth, giss etwas über einen Stofflappen und wischte die im Kampf ungebrauchte Klinge damit ab.

Reina schnekte dem Klabauter ebenfalls ein schmales Lächeln und ging davon, half hie und da - sie war ja jetzt auch Teil der Crew, wenn auch unfreiwillig - und machte sich wieder daran ihm aus dem Weg zu gehen.