Er lag noch eine ganze Weile da, bis das Mädchen eingeschlafen war, und noch ein bisschen länger, aber schliesslich hob er sie vorsichtig von sich, bettete sie auf die Matte und deckte sie zu. Sie murmelte etwas verschlafenes, ohne die Augen zu öffnen, und griff nach seiner Hand, er küsste sanft ihre Finger und strich ihr über den Kopf, dann stand er auf und zog sich an. Als er zur Tür der Hütte trat, hielt er nocheinmal inne, dachte einen Augenblick lang nach und ging dann zurück, zog etwas aus seiner Tasche und legte es neben sie, ein feiner, silberner Ring an einem Lederband. Dann trat er hinaus in die Nacht.

Es dauerte eine ganze Weile, bis Meleth merkte, dass Reina plötzlich verschwunden war. Irritiert sah sie sich um, konnte sie aber nirgends entdecken. Hatte sie sie jetzt einfach allein hier im Dorf gelassen, mit all den Leuten, die sie nicht verstand? Auf den zweiten Blick sah sie Ariak nahe einer der Hütten stehen. Immerhin war noch jemand da, und sie hatten sie nicht einfach ganz zurückgelassen. Sie wäre sich nichtmal sicher gewesen, ob sie den Weg noch fand.
Die Kinder schienen allmählich das Interesse an ihr zu verlieren und verschwanden wieder zwischen den Hütten, so dass sie alleine dasass, und Kieselsteine vor sich auftürmte. Sie überlegte sich aufzustehen und Ariak zu fragen, wo Reina hin war, aber bevor sie sich dazu entschloss, hörte sie Stiefelschritte auf sich zukommen. In Erwartung Reina's blickte sie auf und stellte überrascht fest, dass es der Klabauter war. Er musterte die zu Häufchen aufgetürmten Steinchen vor ihr und hob die Augenbraue, sagte aber nichts dazu. "Hattest du schon etwas zu trinken?"
"Wie bitte?", fragte Meleth blinzelnd.
"Nein? Ich auch nicht. Gehen wir zurück zum Fest."
Meleth sprang auf die Füsse, während sich der Klabauter zu Ariak umdrehte, der auf sie zukam.

Meleth schnappte empört nach Luft, aber der Klabauter kam ihr zuvor. "Also gewisse Vorlieben, was das Geschlecht betrifft, habe ich doch noch", meinte er mit einer gehobenen Augenbraue. "Ich habe ja auch nie etwas mit dir angefangen." Er tat als würde ihm plötzlich ein Licht aufgehen. "Ach deshalb warst du so sauer wegen Saki!"

"Ich mach das schon", meinte Meleth sofort. "Äh, wo ist sie überhaupt hin?"
Ariak beschrieb es ihr und sie lief los.
Der Klabauter blieb stehen und musterte Ariak. "Was hast eigentlich du vor, als nächstes zu tun?"

"Nein", meinte der Klabauter. "Aber du hast ein Schiff, und ich will wissen, ob ich dich in die Flotte einrechnen kann oder nicht."

Meleth schaffte es beinahe den falschen Weg zu nehmen, fand die Quelle aber schlussendlich. Es war ein kleiner Teich unter einer Felswand, an der Wasser herunterlief und den schwarzen Stein glitzern liess ist tanzenden Licht der Fackeln, die man in den dunklen Sand auf einer Seite des Felsteiches gesteckt hatte, nahe der Stelle, wo ein schmales, leicht dampfendes Bächlein sich zwischen den Bäumen in Richtung Strand verlor.
"Reina?", fragte Meleth, da sie sie im Halbdunkel zwischen den anderen badenden Frauen nicht sofort ausmachen konnte.

"Jap", meinte Meleth. "Der Captain ist wieder aufgetaucht und Ariak meint, er will nicht länger rum stehen."
Sie dachte einen Moment lang nach. "Ich schätze, er will lieber Rum trinken."
Ok, war nicht unbedingt der beste Rum-Witz aller Zeiten gewesen. Scheiss drauf.

"Gut", meinte der Klabauter nur.