"Weil ich ihm noch ein paar Fragen stellen will", antwortete der Klabauter, stellte fest, dass seine Pfeife fertig geraucht war, klopfte sie aus und stopfte sie neu. "Darüber, wer was genau mit meinem Schiff angestellt hat. Ich hab nicht vor, die verdammten Hurensöhne ungeschoren davonkommen zu lassen, aber es macht keinen Sinn sie zu jagen, solange ich in einer Nussschale herumschippere, mit denen ich sie nicht einmal einholen kann. Erst die Sturmsänger. Dann die Rache. Und wenn ich ihn umgebracht hätte, wäre es wohl schwer, noch etwas aus Birkman herauszukriegen. Die meisten Toten sind recht schweigsam."

Der Klabauter winkte den Wirt heran und bestellte für alle vier etwas zu essen - irgendeine Sorte Fisch mit Beilage, denn viel mehr hatten sie hier nicht - während Reina sich zu ihnen setzte.
"Und, was meinst du?", fragte er Wezkon. "Wartest du, oder suchst du dir jemand anderen, um mit zu segeln?"

Meleth schlenderte den Hafen entlang bis zu einem Steg, auf dem einige Jungen sassen und fischten. "Fängt man hier was?", fragte sie.
"Klar doch", meinte einer der Jungen und deutete auf den Eimer neben sich. "Wir ham schon ne ganze Menge gefangen." Er tippte sich an die Nase. "Mann muss nur wissen, wie. Kannst du Fischen?"
Meleth trat näher. Die Jungs waren alle einige Jahre jünger als sie und einer von ihnen streckte ihr den Eimer entgegen, in dem tatsächlich ein paar kleinere Fische seicht vor sich in platschten. "Du bist von nem Schiff, oder?", fragte einer von ihnen.
"Ja", antwortete sie und zeigte rüber auf das des Klabauters. "Von dem da."
"Wie ist denn das so?", fragte der, der als erster gesprochen hatte.
"Wie meinst du?"
"Naja, ich mein, kriegt man da auch Geld? Oder schuftet man sich nur den ganzen Tag den Buckel krumm und wird kielgeholt?"
"Also kielgeholt bin ich noch nicht worden", lachte Meleth. "Ne, es ist eigentlich... recht ok. Aber ich denke, das kommt auf den Captain an. Ist wohl schlimmer, wenn der ein Arschloch ist."
"Ja, voll", meinte der Junge und tippte sich wieder gegen die Nase. "Ich habs mir eben schon überlegt."
"Auf ein Schiff zu gehen?", fragte Meleth.
"Ja. Ich mein, wenn man da Geld verdienen kann, wär doch toll. Und dann können mir meine Schwestern nicht mehr auf die Nerven gehen."
"Und was halten deine Eltern von der Idee?", fragte Meleth amüsiert.
"Meine Eltern? Denen sag ich das doch nicht! Die würden nur ein riesen Geschrei machen. Ne, wenn ich geh, dann hau ich einfach so ab. Und nach n'paar Wochen komm ich dann wieder und hab Geld, und dann können sie nichts mehr sagen. So."
"Also ich würds meinen Eltern schon sagen", meinte ein anderer Junge, ein recht schmächtiger Bursche mit sehr kurzen Haaren. "Ich glaub die hätten auch nicht so viel dagegen."
"Oh, ich glaub ich hab was!", rief der dritte, und packte hastig seine Angel fester, als die Schnur sich spannte und ruckte.

Nach dem Essen zündete der Klabauter wieder seine Pfeife an und sah Zanenza an. "Und jetzt bringst du deiner kleinen Schwester die Piraterie bei?", fragte er grinsend. "Ich wäre vorsichtig an deiner Stelle. Sonst schlägt sie dich irgendwann noch."

Es hing tatsächlich ein Fisch an der Angel, auch wenn er nicht grösser war als die, die sie bereits gefangen hatten, und sie warfen ihn zu den anderen in den Eimer.
"Deine Eltern sind auch cool, Josh", meinte der Junge, der ihn herausgezogen hatte. "Meine würden mir nie sowas erlauben. Du darfst einfach alles."
"Is schon so", meinte Josh.
"Ihr wohnt alle hier?", meinte Meleth und nickte auf das Dorf.
"Jap", antwortete der erste.
Meleth fiel gerade nichts zu sagen ein, und so setzte sie sich zu ihnen auf den Steg und blickte ins Wasser, um zu sehen, ob sie einen Fisch entdeckte, und lauschte dabei den philosophischen Gesprächen einer Gruppe zwölfjähriger.

"Ob ein Mann ein guter Pirat ist, hängt nicht von seiner Abstammung ab", antwortete der Klabauter. "Ich würde mich auch mit Ranista verbünden, wenn ich nicht genau wüsste, dass wir es beide nur täten, um einander in den Rücken zu fallen."
Er grinste schmal. "Reina hat einige Jahre selbst ein Schiff geführt. Jetzt ist sie Maat unter meinem Kommando."

Der Klabauter lachte schnaubend und schnappte sich seinen Weinbecher, bevor er sich zurücklehnte und die Füsse auf den Tisch legte. "Komm her Zanenza", meinte er grinsend und klopfte auf den freien Platz neben sich. "Und erzähl mir, wen du schon alles umgebracht hast."

Nach einer Weile rief eine Frau lauthals nach dem einen Jungen und er und sein Freund packten sofort ihre Sachen zusammen und liefen nach Hause, zum Abendessen.
Nur Josh blieb noch neben Meleth sitzen. Er holte einige Male Luft, als wollte er etwas sagen, aber schliesslich meinte er nur: "Ich sollte auch mal gehen", und verschwand zwischen den Häusern.