"Ungewohnt", meinte er. "Ich brauchte Tage, bis ich gehen konnte, ohne hinzufallen."

Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen und ein wenig später brachte er es tatsächlich fertig, ans Steuerrad gelehnt einzuschlafen.
Sie erreichten die äusserste Spitze der Insel im Morgengrauen. Auf den flachen, von Wind und Wellen über die Zeit glattgeschliffenen Felsen wuchsen Bäume und Möwen zogen darüber ihre Kreise und kreischten. Zwischen den Stämmen und Blättern hindurch blitzten vage die Umrisse eines Hauses auf Stelzen und einiger kleiner Schuppen.
Sie umrundeten die Felsenzunge und fuhren von Norden her in eine kleine Bucht mit einem schmalen Strand, auf dem zwei umgedrehte Fischerboote lagen. Der Captain befahl, Anker zu werfen und das Beiboot zu Wasser zu lassen, dann ruderte er mit Reina und Ismir an Land. Niemand war zu sehen, das Häuschen auf den Felsen über dem Strand wirkte wie ausgestorben. Nichtsdestotrotz zogen sie das Boot an Land und stiegen die aus Treibholz zusammengezimmerte Treppe hinauf.
Der Klabauter klopfte an, aber niemand kam, um zu öffnen, nur die angelehnte Türe schwang mit einem leisen Knarren auf. Sie traten vorsichtig ein, und durchquerten den Korridor, wobei der Klabauter an die Wände pochte, aber abermals kam keine Reaktion, nur irgendwo klimperte ein Windspiel. Sie betraten den Hauptraum der Hütte. Es war ein durcheinander aus Flaschen, Pergamente, Schiffahrtsinstrumenten, Strandgut, Netzen und noch viel merkwürdigeren Dingen. Erst auf den zweiten Blick erkannten sie den Mann im abgeschossenen Sessell. Er war alt, knorrig und wettergegerbt und hielt eine Pfeife im Mundwinkel, die längst nicht mehr rauchte. "Ja?", fragte er krächzend.
"Kennst du mich noch?", fragte der Klabauter.
"Natürlich kenne ich dich, Bursche", meinte der Mann. "Die Frage ist nur: warum bist du hier?"

Der Klabauter stützte sich mit dem Ellbogen auf eine leere Flasche, die auf dem Tisch stand, und das Kinn in die Hand. "Ich bin hier, weil ich eine Karte brauche, alter Freund. Eine Karte, von der ich weiss, dass du sie hast."
"Was für eine Karte?", fragte der Alte misstrauisch.
Der Klabauter formte ein Wort lautlos mit den Lippen, sodass nur der Mann es sehen konnte, nicht die beiden hinter ihm.
"Wozu?", fragte der Alte mit zusammengekniffenen Lippen.
"Wozu wohl?", grinste der Klabauter.
Der Mann schien kurz nachzudenken. Dann warf er einen schnellen Blick auf Ismir und Reina und nickte zur Tür.
Der Klabauter drehte sich zu ihnen um. "Würde es euch etwas ausmachen, uns kurz alleine zu lassen?"

Ismir und Reina gingen nach draussen und lehnten sich dort gegen die Wand. Das Haus war relativ ringhörig, und der Wind wehte so, dass sie gelegentliche Fetzen des Gesprächs aufschnappten, aber mehr leider nicht.
"Du weisst... deinem Alten versprochen..."
"Pha..."
"...wusste warum... dreimal..."
"...Zweimaster... Ding..."
"Mit so einer Nussschale?! Das ist Wahnsinn!"
"Shht! ...schon her! Ich... dringend..."
"Warum?"
"..."
Dann folgte noch eine ganze Reihe leiser gesprochener Sätze, von denen nichts mehr zu verstehen war.
Schliesslich kam der Klabauter heraus, ein feines Grinsen auf seinen Lippen. Ohne ein weiteres Wort winkte er Ismir und Reina und sie gingen wieder hinunter zum Boot.

"Der Plan lautet, dass jetzt erst einmal alle ihr Frühstück essen, und dann segeln wir los", meinte der Captain. "Und du kommst kurz mit mir", sagte er zu Reina und ging in Richtung seiner Kajüte.