"Ich..."
Drecheb wartete, bis die Frau verschwunden war, dann beugte er sich zu Veray und sagte leise: "Ich sag dir, nimm nie irgendwas zu trinken von ihr an, oder überhaupt irgendwas, egal was es ist. Es heisst, sie hat ihren eigenen Mann vergiftet."
"Danke für die Warnung", meinte Veray.

Ran liess abermals die Blitzchen tanzen, darauf schnappte sich Drecheb seinen Jungen mit den Worten, er müsse eigentlich zum Unterricht.
Ran und Veray verbrachten den Rest des Tages damit, mehr oder weniger nichts zu tun, das Abendessen verlief ähnlich wie das erste, abgesehen davon, dass Lardesh eine Schiene am Handgelenk hatte und ziemlich missmutig wirkte.
Am nächsten Tag brachen sie wieder auf in Richtung Drez, Nardaki liess sie Grüsse ausrichten.

Achrat versteckte sich unter einer Treppe der Arenatribüne. Diesmal war er Vron entwischt und er war schlicht ins nächste Versteck gehechtet, das er gefunden hatte. Nervös verfolgte er den Geist des Mannes, der ihn suchte, und langsam aber sicher auf ihn zu kam. Normalerweise hätte er gewartet, bis Vrons Aufmerksamkeit kurz auf etwas anderes gerichtet war, und wäre dann weiter ins nächste Versteck gehuscht, aber er wusste nicht, ob es in der Nähe überhaupt eines gab.
Vron kam immer näher und blickte unter die Holzbänke der Tribüne. Achrat spürte, wie er in Gedanken die Möglichkeiten durchging, wo sein Schüler sich sonst noch verstecken konnte. Bei den Hütten, im Heuwagen am Zaun...
Mit einem Geistesblitz griff Achrat nach dem Bild des Heuwagens und hielt es in Vrons Kopf fest, als dessen Gedanken weiterschweifen wollten, wobei er sich völlig an Vron's Art zu denken anpasste, wie er es damals mit Machek getan hatte, als er dessen Wall umging.
Vron hielt inne. Vielleicht tatsächlich der Heuwagen?
Achrat liess eine Bestätigung durch seinen Geist schwirren zusammen mit der Idee, dass der Junge eigentlich gar nicht bis hierher gerannt sein konnte in der kurzen Zeit.
Vron drehte sich um und ging die Tribüne hinunter.
Blitzschnell kroch Achrat aus dem Versteck und wollte sich davonschleichen, aber dummerweise knarrte eines der Tribünenbretter unter seinen Füssen, Vron fuhr herum und entdeckte ihn. Drei Sekunden später hatte er ihn erwischt und schleppte ihn Quer über die Arena zurück zu den Häusern.

Akkayas Gegenwart war merkwürdig, seit sie schwanger war. Denn sie war zwei. Achrat spürte den Geist des Ungeborenen, wie er alle anderen auch spürte, auch wenn dieser anders war. Er dachte nicht wie jemand, der bereits das Licht gesehen und Luft gespürt hatte, die Welt und die Wahrnehmung dieses Wesens war ganz anders. Achrat gab grösste acht darauf, nichts von seiner Seite her zu der Seele durchsickern zu lassen, denn er spürte, dass es falsch gewesen wäre.
"Nein", antwortete er an Akkaya gewandt.
Vron packte ihn am Kragen und er ersparte es sich, zu zappeln. Stattdessen griff er nach Vrons Geist und plazierte darin ganz unauffällig den Gedanken: Ich sollte ihn vielleicht etwas weniger hochziehen, sonst erstickt er noch.
Es funktionierte mässig, weil Vron natürlich sofort feststellte, dass er Achrat nicht so hoch hielt, dass diese Gefahr wirklich bestand.
"Hallo Vron", grüsste Veray. "Hast du einen neuen Schüler?"
"Ja, und ich wäre nicht unglücklich darüber, wenn du ihm mal erklären könntest, dass Weglaufen nichts bringt", antwortete Vron. "Mir glaubt er es nämlich nicht."

"Achrat!", dachte Veray scharf und warnend.
"Ich weiss", tauchte die Antwort in seinem Geist auf, bevor er überhaupt dazu kam, den Gedanken auszuformulieren, was offenbar auch nicht nötig war, Achrat hatte ihn bereits verstanden.
"Gut", meinte Veray nur.

"Keine Sorge", dachte Achrat an Akkaya gewandt. Und fügte irgendein vages Gefühl im Stil von: "Ich mach nur ein Experiment", hinzu.

Achrat liess sich von Vron zurück in die Arena schleppen. Er machte sich keine grosse Sorgen wegen dem Bekanntwerden seiner Fähigkeit. Vron wusste es zwar logischerweise - man bemerkte nicht nicht, wie jemand einem Schmerz übertrug - aber er mass dem keine Bedeutung bei. Für ihn zählte nur, ob jemand als Krieger stark war, ob der betreffende nebenbei Magie oder etwas ähnliches beherrschte war ihm völlig egal.
Aber Achrat wusste, dass er nun an einem Punkt angelangt war, an dem er vorsichtig sein musste, denn Veray hatte Recht. Vron versohlte ihm den Hintern, wenn er nicht tat, was er sollte. Vakra würde es nicht dabei belassen.

Sie erreichten die Festung, Veray klopfte und bat den Wachmann, der öffnete, die Pferde zurück zu Desatah zu bringen.
"Ich werde kurz Vakra sagen, dass wir wieder hier sind", meinte er an Ran gewandt. "Du musst nicht mitkommen, wenn du nicht willst."