"Kann ich dann mit Mara sprechen?", fragte Ran.

"Sicherlich. Sie hat mir gesagt, sie wäre beim Trainingsplatz. Kommt ich zeige euch den Weg." Er liess den Stock vor sich über den Boden hin und her tasten, während er sich einen Weg durch die Gänge suchte. Es dauerte nicht lange und sie traten auf dem kleinen Hof hinter der Festung hinaus. Idril sass noch immer auf der Bank und fütterte ihren Raubvogel, der das sitzende Kind fast um eine Kopflänge überragte.

Ran und Veray folgten dem Blinden. "Wie lange seid ihr schon zurück in Drez?", fragte Ran. Das viele Laufen machte sie müde.
Bevor der Blinde antworten konnte, waren sie beim.Trainingsplatz angekommen und Idril blickte überrascht auf. Ran winkte ihr und lächelte dem Mädchen entgegen.

"Seit ein paar Wochen.", erwiderte Biredh.

Idril blickte auf als sie die Schritte hörte und ein breites Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie Ran erkannte. Sie winkte zurück und sprang von der Bank runter. Der Adler klapperte missbilligend mit dem Schnabel. Ein klares Zeichen, dass er immer noch Hunger hatte. Sie strich ihm über die Brust und beruhigte ihn mit ein paar gemurmelten Worten.
"Veray und Randreyah wollen mit dir über die Nachtmahre reden, Mara.", sagte Biredh sanft. "Ist das in Ordnung?"
Idril's Lächeln verschwand wie fortgewischt und sie wandte abweisend den Kopf zur Seite. "Warum? Ich habe doch schon alles erzählt."
"Sie würden es aber gerne von dir hören. Einer Clanführerin schlägt man keine Bitte ab. Das zeugt von schlechten Manieren und ich habe dich besser erzogen.", mahnte er. Nach einem kurzen Zögern nickte sie schliesslich und ging zurück zu ihrem Vogel. "Sie redet nicht gerne über diese Nacht.", entschuldigte sich Biredh. "Sie stand unter Schock und hat bereits einen Teil der Geschehnisse vergessen. Sie konnte keine genaue Beschreibung geben und sie fanden nur heraus, dass es Nachtmahre waren, weil sie einer weiteren solchen Kreatur habhaft werden konnten."

Ram nickte. "Mara", begann sie und gong zum Mädchen hinüber, um sich neben die Kleine zu setzen. "Wenn du nicht über die Nachtmahre reden willst, ist das in Ordnung... Kannst du mir sagen, ob noch mehr solcher Wesen hinter dir her sind?", fragte sie und lächelte das Mädchen an. "Ein schöner Vogel. Hast du ihn gezähmt?"

"Ich weiss nicht ob noch mehr dieser Dinger sich in der Nähe verstecken, deswegen habe ich solche Angst. Ich versuche immer in Arguis Nähe zu bleiben, doch Markai sagt, ich kann mich nicht ewig an die Rockschösse eines blinden Geschichtenerzählers klammern.", schloss mit einem leisen Grummeln. "Der Vogel ist mir zugeflogen.", gestand Idril, nach einer kurzen Pause, "Er mag mich und bleibt deshalb bei mir. Willst du ihn mal füttern? Es ist ganz leicht." Sie nahm ein kleines Stück Fleisch aus dem Korb neben ihr und hielt es dem Vogel hin. Der Kopf ruckte vor und der kräftige Schnabel klappte milimeter vor Idrils nackten Fingern zusammen und riss ihr das Fleisch aus der Hand.

"Gerne", meinte Ran und nahm ein Fleischstück entgegen, das sie dem Vogel hinhielt und er ihr aus den Fingern schnappte. Sie lächelte. "Hast du so die Amarok gefunden?", fragte sie freundlich. "Weisst du, vielleicht kannst du auch irgendwann Einfluss auf andere Wesen, als Tiere nehmen", murmelte Ran und strich über das Halsgefieder des Vogels. "Du hast noch so viel Zeit, so viel zu lernen, Mara. Irgendwann, wirst du es sein, an deren Rockschösse sich Leute klammern werden. Dann werden dir ein paar schäbige Nachtmahre nichts anhaben können."

"Ich will die Tiere gar nicht beeinflussen. Ich will sie nur mal anfassen und ein wenig mit ihnen spielen. Aber die Amarok fanden mich und nicht umgekehrt. Ich dachte zuerst sie wollten mich fressen, doch dann haben sie mir nur das Gesicht und die Arme abgeschleckt. Seitdem laufen sie mir hinterher." Sie reichte dem Adler ein weiteres Stück Fleisch. "Ich weiss nicht ob ich jemals keine Angst haben werde. Seit dem Angriff fürchte ich mich vor jedem Schatten. Ich träume von den Dingern, doch sobald ich aufwache, erinnere ich mich nur noch an ein Maul voller Zähne, weisse Augen, bleiche Haut und schwarze Haare. Ich.... ich würde am liebsten von hier weg. Dann geht vielleicht auch die Angst weg."

"Weisst du, Angst ist nichts schlechtes", sie fuhr dem Mädchen über den Kopf und der Vogel schnappte warnend nach Rans Ärmel, liess aber von ihr ab, als er merkte, dass sie nichts böses wollte. "Irgendwann werden die Alpträume anderen Träumen weichen... Du musst nicht immer fliehen, weisst du. Und du bist nicht allein. Weisst du man sagt, dass Nachtmahre, oder Alpe, wie man sie auch nennt, Alpträume verursachen... Aber du bist selber Herr über deine Träume und Gedanken. Du musst dich nur daran erinnern... Du hast mir gesagt, dass du Narum kennst. Hat er dir etwas beigebracht? Wie man mit Tieren redet zum Beispiel?"

"Ja, das hat er.", erwiderte sie zögernd. Sie wusste nicht was das mit ihren Träumen zu tun haben sollte. Sie streckte ihren Geist nach dem von Ran aus. Es dauerte ein paar Sekunden, doch schliesslich fand sie ihn. "Und wie man den Geist von jemanden berührt.", fügte sie in Gedanken hinzu.