Ohne zu zögern packte Ro das Heft des Dolches und riss ihn aus Rans Brust, gefolgt von einem Schwall Blut. Sie wusste nicht wirklich, warum das wichtig war, aber Ran musste es wissen. Es war immerhin ihre Brust. Ro riss auch den Säbel heraus, machte einen Ausfallschritt und schlug um Ran herum nach Rombras Hals. Er sprang aus ihrer Reichweite und liess dabei Ran los, die zu Boden sackte. Ro folgte ihm, wieder wich er mit einem Sprung zurück aus, aber offenbar war sein Enthusiasmus für das dich auflösen und andernorts wieder auftauchen etwas gedämpft. Stattdessen antwortete er wieder mit eine r Reihe von Blitzen. Sie wehrte ab und wivh aus, aber schliesslich traf er sie am linken Oberarm. Sie wurde herumgewirbelt und fiel zu Boden. Es gelang ihr sich abzurollen und das Feuer in ihrem Blut liess sie im Moment keinen Schmerz spüren, aber irgendetwas roch verbrannt. Sie hoffte, dass es nur der Stoff war.

Er warf Blitze und stach mit dem Dolch nach ihr. Sie fing die Blitze mit dem Säbel ab duckte sich unter dem Dolchstoss hindurch und trat ihm gleichzeitig in die Magengrube. Er taumelte einen Schritt zurück und schlug wieder mit Magie nach ihr. Ihre Wahrnehmung veränderte sich. Die Welt war nicht mehr ein festes Gefüge, in dem sie sich bewegte, sondern jeder Ort und jeder Moment bewegte sich relativ zu ihr. Alles, der Boden, der Himmel, Rombra, die Magie, stand in einer gewissen Relation zu ihr und sie kannte diese Relation. Sie sah die Umgebung nicht einfach, sie spürte sie, hörte sie, schmeckte sie, jeden Punkt.
Ihr Säbel sirrte, streifte den Blitz und nahm ihn in sich auf, sie sprang und schlug nach Rombra. Er wehrte mit dem Dolch ab und stach selber zu, aber sie war schneller, trat in seine Deckung und zog die Klinge aufwärts gegen seinen Hals. Er verschwand. Noch bevor er ganz weg war, wusste sie, wo er auftauchen würde. Sie riss ihren Dolch aus dem Gürtel und stach rückwärts. Seine Klinge glitt an ihrem Schulterschutz ab und schnitt ihr in den Oberarm, ihre bohrte sich in weiches Fleisch.
Sie riss den Dolch zurück und schlug mit einer Drehung den Säbel nach seinem Hals. Wieder löste er sich auf. Sie spürte die Magie und sog daran, als zöge sie an unsichtbaren Fäden. Einen Augenblick lang schien es, als würde er bleiben, doch dann verschwand er. Einige Meter weiter tauchte er keuchend wieder auf. Blut quoll aus dem Stich in ihrer Seite, während er die Hände darüber hielt vermutlich um ihn zu heilen. Sie beabsichtigte nicht, ihm die Zeit dazu zu lassen, sondern stürmte auf ihn zu. Er sah sie einen Moment lang hasserfüllt an, dann drehte er sich blitzschnell um und schleuderte einen Blitz gegen das Fenster, in dem Veray stand.
Dann wollte er verschwinden, aber bevor er es schaffte, prallte Ro gegen ihn und riss ihn um. Ihr Säbel bohrte sich in seine Schulter und nagelte ihn förmlich am Boden fest, während sie auf ihn fiel und ihn mit ihrem Gewicht zusätzlich niederdrückte. Sie spürte, wie er panisch Magie freisetzte, um weg zu kommen, aber die Wut machte sie stärker. Sie wusste nicht, ob Veray getroffen war oder nicht, aber dieser verdammte Bastard von Rombra würde sich nicht aus dem Staub machen, diesmal nicht! Er versuchte den Zauber mit all seiner Kraft zu wirken und einige Augenblicke flackerte er, wie eine Illusion, aber er kam nicht weg. Die Blutlache unter ihm vergrösserte sich. Schliesslich gab er auf und stach stattdessen mit schmerzverzerrtem Gesicht nach Ro. Die Klinge streifte ihren Hals und riss die Haut auf, aber nicht tief genug, dass es tödlich gewesen wäre. Sie schlug ihm mit ihrer Stirn die Nase ein und drückte den Säbel noch tiefer in sein Fleisch.

Ro fluchte. "Mir ist scheissegal, ob er tot ist oder nicht", sagte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen. "Aber wenn ich ihn nicht töten soll, könntest du dann vielleicht solange dafür sorgen, dass er mich nicht tötet und nicht abhaut?"
Verdammt, was dachte sich Ran eigentlich gerade bei dem, was sie da laberte? Als wäre es so einfach, einen Magier festzuhalten, der sich jederzeit in Luft auflösen konnte und mit einem Dolch nach einem stocherte!
Tatsächlich stach er wieder nach ihr, aber diesmal bekam sie seinen Arm zu fassen, drückte ihn auf den Boden und stellte ihren Ellbogen darauf, sodass er ihn nicht mehr heben konnte.

Ro rappelte sich auf, riss ihren Säbel aus Rombras Schulter, der schmerzerfüllt aufschrie, und wischte ihn am Saum ihrer Tunika ab. Dann meinte sie: "Ich will die Befragung ja ungern unterbrechen, aber ich schätze, wenn du ihn so liegen lässt, verblutet er, bevor er dir eine Antwort geben kann."
Tatsächlich färbte sich immer mehr Schnee um Rombra herum rot und sein Gesicht wurde allmählich etwas blass.

"Ich weiss nicht", meinte Ro. Sie blickte zum Fenster hoch. Veray stand nicht am Fenster. Ein eher schlechtes Zeichen. "Ich sehe besser mal nach."
Sie lief zur Türe der schwarzen Festung und unterdrückte einen Fluch, als das Feuer in ihr abkühlte und sie den Schmerz ihrer Wunden spürte. Automatisch drückte sie die Hand gegen die Wunde am Hals. Als sie sie wieder wegnahm, war sie blutig. Es war zu wenig Blut, um gefährlich zu sein, aber weh tat es, verdammte Scheisse!
Sie stiess die Türe auf und rannte auf der Treppe in Veray hinein. Fluchend taumelte sie, dann fragte sie: "Hat er dich nicht getroffen?"
"Nein", antwortete er. "Aber ich dachte jemand von euch könnte vielleicht Hilfe brauchen, wenn ihr ihn gebodigt habt."
"Ist der wirklich dein Bruder?", fragte Ro.
"Mein Halbbruder", korrigierte Veray scharf.
"Er ist ein Feigling", sagte Ro. Ihr wurde klar, dass sie mal wieder unnütze Dinge sagte. Irgendwie fühlte sie sich ein bisschen wie angetrunken. Dabei hatte sie doch gar nicht getötet? Seltsam. Naja, Magie war sowieso seltsam.
"Ist Ran in Ordnung?", fragte Veray.
"Ich denke, ja", meinte Ro und versuchte dabei neutral zu klingen. "Sie hat sich irgendwie geheilt."
Bevor sie dazu kam, noch etwas weiteres zu sagen, war Veray an ihr vorbei zur Tür gelaufen. Sie folgte ihm missmutig.