"Interessant", meinte Ro. "Veray scheint viele alte Freunde zu haben, die jetzt von langen Reisen zurückkommen." Naja, viele war vielleicht etwas übertrieben. Aber immerhin war es bei Ran auch so ähnlich gewesen, zumindest ungefähr.
Sie erreichten die Türe der schwarzen Festung. Bevor sie öffnete, musterte Ro den Fremden noch einmal, der immer noch die Kapuze aufhatte und meinte: "Tut mir leid, aber ich muss Euch zuerst frage wer ihr seid und ihr solltet die Kapuze abnehmen. Wir hatten in letzter Zeit zum Teil etwas... unangenehmen Besuch." Ihr einer Mundwinkel zuckte, als sie ein Grinsen unterdrückte.

Sie öffnete die Tür und bat ihn herein. "Interessante Narbe habt ihr, Rakkah", meinte sie und deutete auf seine Wange. "Darf ich fragen, woher sie stammt?" Söldnerangewohnheit. Man fragte sich gegenseitig nach den Narben, um dem anderen die Gelegenheit zu geben, irgendeine gute Geschichte zu erzählen.
Sie schloss die Tür hinter Rakkah wieder und hängte gewohnheitsmässig die linke Hand am Griff ihres Säbels ein. Eine merkwürdige Unruhe streifte sie, verschwand aber wieder. Was sollte denn das jetzt? Sie sah sich um, ob vielleicht Achrat dafür verantwortlich war, aber sie konnte ihn nirgends sehen.

Sie stiegen die Treppe hinauf. "Ah, ein Assassine", meinte Ro. "Habt ihr ihn getötet?"

"Schade", meinte Ro. "Ich mag das Pack nicht."
Sieh sah sich im Raum um und meinte dann: "Nein, eher nicht. Er mag es nicht sehr, wenn Leute in seinen Räumen sind. Aber kommt, da hinten hat es ein Zimmer mit bequemen Sesseln, ihr könnt da warten."
Sie schloss Verays Zimmertür wieder. Wieder überkam sie ein seltsames Gefühl. Suchend wandte sie sich um, aber da war weder Achrat noch sonst etwas komisches. Irgendetwas... Sie kannte es, aber was war es? Sie schloss ihre linke Hand um den Griff des Säbels. Wann immer sie in letzter Zeit etwas komisches gespürt hatte, war er der Schlüssel dazu gewesen. Auch jetzt wurde die Wahrnehmung schärfer. Magie. Irgendwo hier war Magie. Wo? Sie musterte den Besucher genau, konnte aber nichts merkwürdiges an ihm finden.
Schliesslich öffnete sie die Türe des anderen Raums und bedeutete, in einem der Sessel Platz zu nehmen.

Sie liess Rakkah in dem Raum zurück und machte sich auf die Suche nach Veray. Sie brauchte ihn nicht lange zu suchen. Nachdem sie dreimal gegen die Tür seines Schlafzimmers gehauen hatte, als wolle sie sie einschlagen, öffnete er. Er sah nicht sehr frisch aus. "Du pennst immer noch?!", fragte sie entgeistert. "Mann, es ist Abend!"
"Ich penn gar nicht", nuschelte er. "Ausserdem war die letzte Nacht anstrengend. Ich wurde immerhin zweimal k.o. geschlagen, erinnerst du dich daran?"
"Ach ja", sagte Ro. "Und ich wurde vom Blitz getroffen. Und ich hab einen verdammten Nachmittag Training mit Vron hinter mir, also sag mir nichts von wegen anstrengend. Es ist jemand hier, der dich sprechen will. Rakkah, er sagt er ist ein alter Freund von dir."
"Rakkah?", meinte Veray, während er sich den Gürtel mit seinem Säbel umschnallte. "Ich kenne keinen, der so heisst."
"Aha", meinte Ro sinnierend. "Dann schätze ich, es dürfte gleich interessant werden."
Sie ging mit Veray im Schlepptau zurück zu dem Zimmer, in dem sie den Fremden gelassen hatten. Unterwegs begegneten sie Nera. Ro bemerkte, dass sie irgendwie müde aussah. War sie letzte Nacht auch wach gewesen? Sie erreichten das Zimmer und Veray musterte den Besucher, schien aber nicht viel mit seinem Erscheinungsbild anfangen zu können.