Auch wenn die Zeit lustig war, drängte es ihn täglich mehr, weiterzuziehen. Das Einzige, was ihn daran hinderte, war der Gedanke daran, seine Freunde zu verlieren. Er würde Abschied nehmen müssen von Elira und Rewona ohne zu wissen, ob er sie wiedersehen würde. Und das hielt ihn fest. Aber er wusste, früher oder später würde dieser Zeitpunkt kommen, also wieso nicht früher? Von hier aus könnte er nach Norden zum Malven und dann auf einem Schiff zum Langen See, nach Ravi, diesem Schweinehaufen und zurück nach Hause. Oder den gefährlichen Weg durch das Gebirge, direkt nach Süde. War aber zu riskant.
Er lag wach in seinem Bett und fasste schließlich seinen Entschluss. Noch drei Tage würde er bleiben und dann Richtung Heimat aufbrechen, auch wenn ihm diese leer und langweilig erschien. Das Abenteuerleben war wirklich schön gewesen. Aber irgendwie vermisste er die Steppen auch. Und er konnte ja immernoch nach Srakdin gehen irgendwann, dort war mehr los, als in seiner verschlafenen Heimat.

Elira kam nach ihrem Trainig zurück. Sie fühlte sich gut und komischerweise ausgeruht. Rewona, der wieder die Rolle ihres Lehrmeisters übernommen hatte, war noch draussen und redete mit irgendwelchen Priestern über die Handhabung eines Schwertes und Akiras neuen Werken.
Es interessierte sie nicht wirklich. Sie fand Kraigor in der Küche vor. Irgendwie wirkte er bedrückt, also setzte sie sich ihm gegenüber, legte die Füsse auf den immerfreien vierten Stuhl und schenkte sich Apfelsaft ein.
"Sag mal", begann, sie, nachdem sie gierig getrunken hatte und sich erneut eingeschenkt. "Kommst du mit nach Tanue?"

"Ich...glaube nicht", fing er zaghaft an. "Es macht zwar eine Weile Spaß hier zu trainieren, aber mit jedem Tag in Lovit vermisse ich es herumzureisen oder in meiner Heimat zu sein. Auf diesem Berg fühl ich mich einfach irgendwie unwohl auf Dauer. Und bis zum Herbst möchte ich nicht warten. Aber sinnlos herumreisen bringt auch nichts. Melissa ist ohnehin fort und sonst...bleibt mir ja nichtsmehr hier. Die Sache mit den Splittern hat sich schon lange erledigt, Dreshar ist fort und jetzt hab ich nur noch euch beide. Ich würde wirklich gerne noch weiter mit euch zusammenleben und Zeit verbringen, aber ich kann nicht einfach immer hier herumsitzen. Es ist zwar gut, dass ich über Kampfkunst mehr gelernt habe und somit stärker und reifer geworden bin, auch durch die ganze Reise, aber dennoch...irgendwie zieht es mich fort. Es ist zwar meine Severjakza, aber es fühlt sich so an, als wäre meine Zeit hier zu Ende...ich kann das nicht wirklich erklären."
Er brummte kurz.
"Der einzige Grund, wieso ich noch hier bin, seid ihr. Rewona und du, vor allem du. Immerhin haben wir so lange Zeit zusammen verbracht und uns angefreundet, da fällt es schwer Abschied zu nehmen. Aber wenn ich genau nachdenke, will ich in die Steppen zurück. Dort kann ich noch eine Weile die Severjakza fortführen, aber solange es keinen Grund gibt, weiter herumzureisen, will ich es auch nicht. Und wenn ich dorthin gehe und dann alleine nach Tanue reise, habe ich kaum Zeit dort. Es ist noch fern bis zum Herbst und doch zu nah. Zumal von meiner Heimat nach Tanue kein direkter Weg führt, den ich nehmen könnte."
Er starrte vor sich auf den Tisch. Wartete auf eine Antwort, hoffte Elira würde verstehen und dieses Verständnis würde ihn gewissermaßen entlassen.
Rewona hätte sowieso Verständnis, der ältere Mann wirkte einfach zu...zu...als hätte er viel erlebt und deshalb wäre er gleichgültiger geworden.

Elira schmunzelte. "Gibst du mir also auch einen Korb", grinste si, sah den Apfelsaft in ihrem Glas an und schüttelte den Kopf. "Ich kanns verstehen", seufzte sie dann. "Aber... Ich weiss auch nicht. Würde man uns in Drez nicht gleich verscheuchen oder umbringen, würde ich dir anbieten, mit dir dahin zu reisen... In die Steppe kann ich nicht. In spätestens zwei Monaten will ich nach Tanur aufbrechen..."

"Du hast mir zuerst einen Korb gegeben...irgendwie...indirekt", antwortete er ebenfalls grinsend.
"Ja, das ist das nächste Problem. Ich kann schlecht mitten durchs Gebirge reisen. Entweder am Ostrand entlang oder am Besten nach Norden und dann den Fluss und Langen See entlang. Und wenn ich wirklich aufbrechen sollte, aber irgendwann wieder Lust auf Abenteuer hätte, könnte ich dann nach Lovit zurückkehren und jemand wüsste, wo ihr seid?", fragte er noch und besiegelte damit eigentlich, dass er gehen würde. Aber Tanue war nichts für ihn, es ging ihn auch nichts an, also was sollte er dort. Er mochte zwar Dreshar, aber der war gegangen, hatte sich sowieso oft merkwürdig verhalten. Er würde ihm nicht nachlaufen, wie Elira es tat.

(Zu elly war er auch nie wirklich merkwürdig xD)

Sie schnaubte zuerst amüsiert und dachte dann nach. "Ich glaube nicht", meinte sie dann. "In Lovit wird man nicht wissen, dass wir nach Tanue gehen... Du weisst ja, dass die meisten glauben, es sei ne gottverlassene Ruine... Und wenn man das Gebirge von der Steppe her umwandert, braucht man zu lange nach Tanue. Vielleicht sind wir dann längst nicht mehr dort, wenn du es dir anders überlegt hast...falls natürlich."

"Ja, aber ich meine, was ist nach Tanue? Wohin geht ihr dann?"

"Ich weiss nicht", antwortete sie ehrlich und blickte zur Decke. "Ich will Dreshar wiedersehen...weil er meinte, er würde warten", sie erinnerte sich an die Notiz, die er als Abachied hinterlassen hatte. "Und je nachdem werde ich mich nur von ihm verabschieden oder eine Weile bleiben, was unwahrscheinlich ist. Es wundert mich, wie es mit Tanue weitergehen wird... Die Egraz sind...den Assassinen sehr ähnlich. Vielleicht mag ich ihn ja deshalb", murmelte sie und sah dann Kraigor wieder an. "Vielleicht reise ich dann weiter. Ich wollte ja herausfinden, wieso meine Mutter sterben musste. Und wo es mich hinziehen wird, weiss ich nicht. Rewona meinte etwas von Kasz...aber bis ich dort überstehen kann, werden noch einige Jahre vergehen. Ich bin schlicht noch zu schwach..."

Er nickte. "Und mir sind die ganz großen Geschichten zu hoch. Ich kann kämpfen, aber ihr habt ja selbst gesehen, dass ich mich in echten Kämpfen eher selbst aufspieße, anstatt ein Held zu sein. Und in meiner Heimat gibt es genug Kampfmeister, die mir da helfen können. Ich denke, ich werde übermorgen packen und am Tag darauf abbrechen. Solange kann ich mich ja von euch verabschieden, mit euch Zeit verbringen, meine Reiseroute überlegen und noch einmal den Trainingsplatz besuchen. Was denkst du darüber? Vor allem bezüglich der Reiseroute..."

"Du solltest die Wälder im Tal nordöstlich vom Gebirge meiden, also nicht nach Norden ziehen, sondern durch die Gebiete, die sich die Dämonen mit den Drachen teilen. Die sind nicht so gefährlich, wie die Wälder Azuras... und du würdest schneller voran kommen", schlug sie vor und dachte nach. "Ich bitte einen der Priester uns genügend Speis und Trank zu bereiten... Am Abend vor deimer geplanten Abreise veranstalten wir ein Abschiedsfest", sagte sie dann. "Und abreisen kannst du dann auch einen Tag später. Es eilt ja nicht. Es ist erst der Herbst und nicht der Winter vor der Tür... Der Schnee wird also noch ein Weilchen warten. Aber der Regen könnte recht gefährlich sein. Herbststürme in den Bergen sind nicht gerade ein Zuckerschlecken für jemanden, der in der Steppe aufgewachsen ist."