Als der Junge verschwand rannte ein Zwerg mit gezücktem Dolch auf sie zu und Growndrill erwischte ihn am Handgelenk, hob ihn hoch und warf ihn gegen die anderen Zwerge, die auf sie zugestürmt kamen. Eine andere Gruppe stürzte sich auf ihre eigenen Adeligen. In dem Moment und den folgenden verstand er nur die Hälfte von dem, was sich hier abspielen musste. "Was im Namen der Götter ist hier los?", donnerte seine tiefe, knurrende Stimme über den Platz. Er fühlte sich leicht verarscht, doch die Zwerge, die auf ihn zugestürmt kamen, waren nicht solche, die er töten mochte. Sie waren unerfahrene, ärmere Bürger, die mit ihren teils rostigen und stumpfen Waffen nichts ausrichten konnten. Es war langweilig sie zu töten und ihr Blut brodelte nicht so sehr, wie das der Krieger. Die, die er wollte, sollten schon eine Herausforderung darstellen - auch wenn Zwerge nichts waren im Vergleich zu Dämonen... Drachenjäger, Soldaten oder beides! Er fletschte die Zähne, als einer der Zwerge sein Schwert ziehen wollte und der Zwerg stolperte zurück.

Alastar kramte in aller Ruhe ein paar lederne mit Nieten besetzte Handschuhe hervor, dann legte er die linke Hand auf den Griff eines seiner Schwerter. Wenn sie ihn angreifen würden, hätte er ein Problem. Sie würden einfach über sie hinwegstürmen wie eine Flutwelle. Ein halbes Dutzend würde er wahrscheinlich mit sich nehmen können, doch spätestens dann würde er ein rostiges Messer zwischen den Rippen haben. Es sei denn er benutzte das Auge, aber auf so einem öffentlichen Platz hatte er dies nicht vor.

Anfangs konnten die Soldaten die Adeligen und Priester noch leicht vor dem wütenden Mob beschützen. Sie wichen in eine Nebenstraße zurück und gingen langsam in Richtung der Treppen und Aufzüge, die zur nächsthöheren Ebene führten, wobei sie mit ihren langen, Hellerbarden, die eigentlich nur zur Zierde gedient hatten, die Zwerge auf Abstand hielten. Vereinzelte Steine oder andere Wurfgeschosse konnten mühelos abgewehrt werden.
Sie erreichten einigermaßen unbescholten eine der engeren Wendeltreppen. Zwei Wachen blieben am Eingang stehen, während die Priester und Adeligen zusammen mit den restlichen Wächtern die Treppe hinaufhasteten. Sobald sie den Palast erreicht hätten, wären sie geschützt, und sie würden warten können, bis sich der Aufruhr gelegt hatte.
Plötzlich stürmte einer der vorgelaufenen Wächter die Treppe hinunter. "Sie kommen von oben!", schrie er angsterfüllt, und tatsächlich war das Stampfen vieler Stiefel von oben zu hören. Fast gleichzeitig schrie einer der Wächter am unteren Ende schmerzerfüllt auf, und die Menge johlte.
Der Hohepriester fiel auf die Knie und fing an zu beten.

"Ihr seid entlarvt!", brüllte Knurgiv als Antwort. Ihm war bewusst, dass das Wesen ihn möglicherweise erkennen würde, auch wenn es ihn im dunklen Gang vermutlich nicht genau hatte erkennen können. Schließlich hatte es Tasór ja auch allein am Geruch wiedererkannt. Aber in der Menge würde es wohl nicht nah genug an ihn herankommen. Und lange würde die Gruppe dem Ansturm auch nicht standhalten können.

Mit zwei Sätzen war Growndrill beim Zwerg angelangt und hatte ihn am Kragen gepackt und hochgehoben. "Sagt das nochmal", knurrte er. Angst schien dem Zwerg aus allen Poren zu strömen und Growndrill grinste. "Ihr seid einer aus dem Gang", meinte er mit einem genüsslichen Grinsen, als er den Geruch des Zwerges erkannte. "Ich bat euch meine Hilfe an und das ist der Dank dafür? Wollt ihr so dringend Kor brennen sehen? Ab jetzt wird jeder Zwerg, der eine Waffe gegen mich erhebt sterben. Sei es Mann, Frau oder Kind", spie er laut aus und fuhr mit dem Zwerg herum, als eine Axt auf seinen Rücken niederschwang. Er wich dem Hieb aus und schmetterte Knurgiv gegen die umstehenden Zwerge. "Man hat uns betrogen!", rief er halb erfreut und deutlich, dass ihn sicherlich noch mehr Leute hörten und verstanden, zu Alastar und Ro hinüber. "Die Zwerge wollten unsere Schwerter für ihre Revolution. Für den Sturz ihrer 'ungerechten' Herrscher! Doch von Anfang an wollten sie uns sterben lassen! Und dafür sollen sie jetzt bezahlen!"
Schnell zog er sein Schwert und sah sich suchend um, wich dem einen oder anderen Zwerg aus, der mit Messern angriff und fand die Situation recht amüsant. Der Gestank nach Angst und Verwirrung wuchs und bald würde er sich mit dem des Todes mischen.
Er war doppelt so gross wie die Zwerge, überragte sie alle und ausser Alastar, Ro und Machek, war keiner da, um die anderen Völker zu vertreten. Er grinste bösartig. Sie würden sich so nicht im Getümmel verlieren.

"Fünf Minuten noch!", rief Growndrill grinsend, als er mit einem Schwung zwei Zwerge enthauptete. Nun gut, fast enthauptete. Denn die Kraft des Hiebs reichte nicht, dem zweiten den Kopf abzutrennen. Als er einen Zwerg erstach, der vor ihm am Boden lag, schaffte es ein anderer ihm einen Dolch in den Oberarm zu rammen, doch im nächsten Moment hatte er ein Messer im Auge und fiel rücklings um.
Growndrill wurde zurück gedrängt, denn auch wenn die Zwerge nicht besonders gut im Kämpfen waren, so waren es dennoch verdammt viele. Irgendwann kam er Ro zu nahe und musste ihren Säbel, den sie gerade herum schwang, mit seinem Schwert abblocken und gleichzeitig der Axt eines Brüllenden Zwergs ausweichen.

Eine Axt sauste auf Ros Kopf zu, ein Schwert zielte auf Growndrills Bauchnabel. Doch der Drache drehte sich zur Seite, fing die Axt ein und stach nach dem einen Zwerg. Sein silbernes Haar und Gesicht waren beide voll mit Blutspritzern, seine helle Kleidung getränkt von Blut. Er packte Ro, als sie beinahe vollends umkreist waren und drehte sich und sie zur Seite weg, liess sie los, parierte einen Hieb von ihr, welcher auf seinen Hals abzielte, ohne etwas zu sagen und trat dann einem Zwerg ins Gesicht, wobei dessen Nase knackend brach. "Rückzug, in die Gassen, dort haben wir nen Vorteil", knurrte er.

Knurgiv wurde wie eine Spielfigur durch die Luft geschleuderte und krachte in eine Reihe von Zwergen hinein. Glücklicherweise wurde er dabei nicht aufgespießt, denn die Zwerge zogen ihre Waffen schnell genug zurück.
Benommen setzte Knurgiv sich auf und kroch von Growndrill fort. Er sah Zwergenstiefel an sich vorbeistampfen, der Lärm war kaum zu ertragen. Sein gesamter Körper schmerzte vom Aufprall.
Plötzlich packte ihn eine Hand an der Schulter. Er zuckte zusammen und erwartete schon Growndrill, doch es war Anthork, der Zwerg, der die Rede gehalten hatte. „Was hast du uns da für ein Wesen auf den Hals gejagt?“, brüllte er ihm ins Ohr, denn anders konnten sie sich in dem Lärm kaum verständigen.
Knurgiv blickte auf und sah, wie es ein Schwert packte und auf die Umstehenden einhackte. „Und wer sind die anderen? Halt sie auf, töte sie, schaff sie hier irgendwie fort! Wir können es uns nicht leisten, so viele Zwerge an sie zu verlieren! Du hast sie hergeholt, und du lässt sie auch wieder verschwinden, oder du wirst getötet – von ihnen, von Zúans Nachfolger oder von uns!“ Dann verschwand Anthork ohne ein weiteres Wort wieder im Getümmel.
Knurgiv fluchte und sprang auf die Beine, obwohl jeder seiner Knochen protestierte. Das war alles verdammt ungerecht! Tasór hatte entschieden, wofür sie Growndrill einsetzen würden, und Tasór war ihm auch schon einmal begegnet gewesen.
Er sah seine eigene Axt, die er beim Sturz verloren hatte, in der Nähe auf dem Boden liegen und hechtete zu ihr. Mit ihr in der Hand fühlte er sich schon etwas sicherer und schaute sich um.
Die Priester und höheren Adeligen waren nicht mehr zu sehen, und eine große Menge Zwerge war ihnen gefolgt. Aus den Seitengassen hörte Knurgiv das Splittern von Glas und zerbrechendes Holz, anscheinend nutzten einige Zwerge die Situation zum Plündern, oder um sich an der reichen Schicht zu rächen.
Auf dem Platz stand noch eine große Traube um die drei Fremden und verteilt sich zusammendrängende Familien oder einzelne, verwirrt und ängstlich aussehende Männer, Frauen und Kinder. Währenddessen strömten von der Westseite des Platzes aus den unteren Ebenen weitere Zwerge, die wohl von dem Aufstand gehört hatten. Sie waren besser bewaffnet, nicht nur mit Messern oder Dolchen, teilweise sah Knurgiv sogar leichte Rüstungen. Von Westen als auch von Osten her kam jedoch auch ein weniger erfreuliches Geräusch – das gleichmäßige Stampfen von Stiefeln, die zu Soldaten und Wachmännern aus den unteren Kasernen sowie Palastwachen gehörten.
Knurgiv sah zurück zu den Fremden und bemerkte erfreut, dass sie langsam aber sicher zurückgedrängt wurden. Hoffentlich hatten einige der Neuankömmlinge Armbrüste dabei, dass würde das ganze deutlich einfacher machen – die Fremden gaben wegen ihrer Größe ein leichtes Ziel ab.
Die Angriffe der Zwerge wurden vorsichtiger, nachdem das Überraschungsmoment nicht gewirkt hatte. Sie hielten einen gewissen Abstand zu den Fremden, und wichen den Schlägen aus oder blockten sie, um in den Pausen zwischen den Angriffen zuzuschlagen. Gleichzeitig konnten die Fremden dadurch allerdings auch in eine Gasse zurückweichen, in der vielleicht zwei oder drei Zwerge nebeneinander gehen konnten. Sie zögerten, keiner wollte den Anfang machen. Nach einigen Momenten jedoch wurden sie von einem Dutzend schwerer gerüsteter Zwerge zur Seite gestoßen, offensichtlich ehemalige Wachmänner aus den unteren Ebenen, die sich entschlossen hatten, zu desertieren und sich der Rebellion anzuschließen. Sie trugen Kettenhemden, Schilde aus Stahl und Speere oder Äxte. "Ihr habt hier lange genug für Zúan spioniert", brüllte einer von ihnen. Gleichzeitig rannten weitere Zwerge zur anderen Seite der Gasse - sie kannten sich hier aus, die Fremden wahrscheinlich nicht.

"Zúan?", lachte Growndrill und das Lachen und Blut, welches nun auch von seinem Schwert tropfte, liessen ihn wie ein Ungeheuer aussehen. "Ich wurde von den Rebellen herbestellt", knurrte er lachend. Er hatte ihnen seine Hilfe angeboten, sie hatten versucht ihn ans Messer zu liefern und sich somit mit dem Falschen angelegt. "Der Zwerg der mich holte hiess Tasór, wenn ich mich recht entsinne!", rief er und fegte mit seinem Schwert durch die Gasse, die Zwerge wichen aus.