RE: Nebelsee und nördliche Ausläufer der Drachenberge
in Dreitan - das Spiel 30.05.2016 22:47von Ro Raven •

Sie warteten noch eine ganze Weile und Ro hatte alle Mühe nicht einzuschlafen oder herumzuzappeln, aber irgendwann rief der Nachtwächter sein leises "Mitternacht" die Gasse herunter und bald darauf erloschen auch die letzten Lichter. Ro tippte Alastar an, zum zeichen, dass sie ging und kroch dann langsam rückwärts zur Dachkante, mit ruhigen, bedachten Bewegungen. Es war ein typischer Anfängerfehler zu glauben, dass man im Dunkeln nicht mehr gesehen werden konnte, sobald die Laternen aus waren. Im Gegenteil: nichts machte die Schatten sicherer als eine brennende Fackel, denn das Licht liess die Wachen blind werden für alles, was dahinter lag. Wenn es hingegen erlosch, war alles gleich dunkel, und über kurz oder lang gewöhnten sich ihre Augen daran, und selbst im Schein einer Mondsichel bot eine einzelne Silhouette auf einem Dach dann ein verdammt gutes Ziel.
Darauf achtend, überhaupt nicht erst ins Gesichtsfelt der Wachen auf der Mauer weiter westlich oder dem Turm nur zwei Häuserzeilen weiter nach Süden zu gelangen, hangelte sie sich der Dachrinne des Schuppens entlang und schwang sich von dort auf das Backhaus, das den Hinterhof vom nächsten trennte. Geduckt kroch sie am Kamin vorbei, steckte einer Idee folgend die Hand hinein und kratzte etwas Russ von der Wand des Schlots, um sich das Gesicht damit einzuschmieren.
Zum Riegelbau gehörte ein Gärtchen mit drei ordentlichen kleinen Gemüsebeeten und einer Rosenlaube, und auf der anderen Seite, hinter einer schmalen, halbhohen Hecke, einem Wäscheplatz. Ro liess sich die Mauer hinunter gleiten und hielt sich der Hauswand entlang, immer wieder innehaltend und lauschend. Die Laube schränkte den Blick von den Häusern, die auf der Rückseite an das Grundstück grenzten, ein, trotzdem gab es einige Fenster, von denen man sie hätte sehen können, aber sie blieben alle dunkel.
Zwei Türen führten in den Garten, eine etwa in der Mitte des Hauses, vermutlich in der Nähe der Küche, die zweite von der etwas tiefer gelegenen Waschküche. Ro huschte darauf zu und wäre beinahe auf eine Katze getreten. Im Augenblick, den sie brauchte, um zu realisieren, was da plötzlich vor ihren Füssen aufgesprungen war, und dass es davon rannte, hatte sie bereits ihren Dolch gezogen, und die linke Hand war nicht weit von der Halterung entfernt, in der sie früher immer Wurfmesser getragen hatte. Warum hatte sie die eigentlich nicht wieder nachgekauft?
Immer noch war alles still und nach einigen Atemzügen, in denen die Katze sich weder auf sie stürzte, noch ein Gezeter begann, steckte sie den Dolch wieder weg und brachte die letzten Schritte hinter sich. Dann kniete sie sich vor die Türe und zog die Dietriche aus dem Futter ihrer Rüstung.
If you're going through hell, keep going.

RE: Nebelsee und nördliche Ausläufer der Drachenberge
in Dreitan - das Spiel 31.05.2016 20:36von Armelion •

Alastar wäre am liebsten aufgestanden um mehr sehen zu können, doch das wäre mehr als kontraproduktiv gewesen. Also hielt er still und beobachtete das Haus. Der Nachtwächer drehte seine übliche Runde und schien nichts zu bemerken. Für einen Moment war Alastar versucht ihm mit der Schleuder einen Stein an den Schädel zu werfen, damit er keinen Alarm schlagen würde, doch das wäre genau so dumm.
Das Verschwinden des Wächters würde sicherlich bald jemandem auffallen.

RE: Nebelsee und nördliche Ausläufer der Drachenberge
in Dreitan - das Spiel 31.05.2016 21:19von Ro Raven •

Ro zog die Türe leise hinter sich zu - sie knarrte nicht, sondern kratzte nur leicht über den Steinboden - und duckte sich unter zwei Reihen aufgehängter Wäsche hindurch. Irgendwo im Dunkeln der rechten Wand musste eine Türe sein, die ins Haus führte, dahinter endete das berechenbare Gebiet. Sie war oft genug in ähnlichen Häusern gewesen, um eine grobe Idee zu haben, wie es vermutlich aufgebaut war, aber theoretisch begab sie sich auf völlig unbekanntes Gebiet. Also: langsam vorrücken, sich den Rücken freiheiten, Fluchtweg absichern. Schnell kehrte sie nochmal zur Türe zurück und steckte eine Wäscheklammer, die sie von der Leine zog, am Türrahmen fest, so dass sie nicht zufallen konnte. Dann kehrte sie zurück zur Wand, fand die Türe und stiess sie vorsichtig auf.
Eine sehr vorsichtige und stille halbe Stunde später hatte sie den zweiten Stock erreicht und ihre Nerven waren arg strapaziert davon sich langsam fortzubewegen und zu warten. Eigentlich hatte sie auf das Ladenlokal im Erdgeschoss gehofft, aber mit Keramik konnte sie nicht viel anfangen, und die Kasse hatte offenbar jemand woanders hingebracht. Im Esssal im ersten Stock hatte sie ein paar Silberlöffel eingesteckt, hübsche dreingabe, aber nichts, was so einen Einbruch wirklich lohnte, und die Anrichte hatte zu sehr gequietscht, als dass sie sie weiter hätte öffnen können.
Leise schlich sie weiter. Irgendwo musste hier doch so etwas wie ein Arbeitszimmer sein. Das Ohr ans Holz drückend lauschte sie an den Türen, die vom Korridor abgingen. Hinter der ersten schnarchte jemand. Die zweite war Still, aber die in den Türsturz geschnitzten Kätzchen deuteten eher auf ein Kinderzimmer hin als ein Büro. Also versuchte sie es an der dritten.
If you're going through hell, keep going.

RE: Nebelsee und nördliche Ausläufer der Drachenberge
in Dreitan - das Spiel 31.05.2016 21:27von Armelion •

Er sass wie auf Nägeln. Wie lange brauchte sie noch. Der Nachtwächter war schon viermal an seinem Versteck vorbeigelaufen und er konnte einfach nichts mehr erkennen. Ro musste mittlerweile irgendwo im Haus sein, dessen war er sich sicher. Was trieb sie denn nur so lange da. Ein Einbruch sollte seinem Ermessen nach schnell und lautlos vonstatten gehen.

RE: Nebelsee und nördliche Ausläufer der Drachenberge
in Dreitan - das Spiel 31.05.2016 22:33von Ro Raven •

Sie stiess die Türe auf und hätte beinahe triumphierend gelacht. Vor ihr lag ein kleines Zimmer, in dem offensichtlich niemand schlief, denn anstatt einem Bett war im schwachen Licht, dass durch das Bleiverglaste Fenster an der hinteren Wand fiel, ein wuchtiger Sekretär auszumachen, die Wände waren gesäumt von Regalen, in denen Bücher standen.
Leise schlüpfte sie hinein und lehnte die Türe hinter sich an, bevor sie an das Möbel trat. Wie erwartet waren einige der Schubladen verschlossen und schon die erste kostete sie bedeutend mehr Mühe zu knacken als das Türschloss unten, denn es war filigrane, präzise Arbeit. Als sie sie vorsichtig aufzog, kam ihr ein Stapel Briefe entgegen. Sie blätterte durch die Umschläge, aber sie hatte weder genügend Licht noch Zeit, um sie zu lesen und zu sehen, ob sich mit irgendetwas davon Geld machen liess, also schob sie sie zurück und die Schublade wieder zu, bevor sie sich an der nächsten zu schaffen machte.
Bei der nächsten war sie erfolgreicher, denn sie fand darin drei Ringe, einen Siegelring und zwei schlicht aus feinem Silber und Gold. Den ersten liess sie liegen, Siegel waren zu auffällig zum verhökern, die anderen steckte sie ein. Blieb die letzte und grösste Schublade. Das Schloss war noch mühsamer als die letzten und allmählich verlor sie die Geduld, bis sie schliesslich lautlos fluchte, ihren Dolch mit Gewalt in den Spalt zwischen Schubladen und Kasten drückte und so lange herumhebelte, bis das Holz an der Seite mit einem lauten Knacken nachgab.
Einen Augenblick lang hielt sie inne und als nicht sofort jemand begann zu rufen, hebelte sie weiter, bis das Deckblatt lose genug war, um die Hand hineinzustrecken. Sie ertastete weitere Papiere und bekam einen Beutel zu fassen, als Geräusche auf dem Gang sie erstarren liessen. "Moni?", fragte eine Frauenstimme. "Bist du das?"
Sie zog den Beutel lautlos heraus, öffnete ihn und fand zu ihrer Befriedigung Münzen darin vor.
"Moni, was geisterst du denn herum?"
Sie hörte die Schritte auf die Türe zukommen, sah sich hastig um und drückte sich kurzerhand hinter den Sekretär, als sie aufging. Sie konnte nichts sehen von der Frau, aber offenbar streckte sie nur den Kopf in den Raum. "Bist du hier? Los, ab mit dir wieder ins Bett."
Nach einigen Sekunden schien sie zum Schluss zu kommen, dass Moni nicht hier war und zog die Türe mit einem Klicken hinter sich zu, bevor die Schritte sich auf dem Flur etwas entfernten.
Ro löste sich von der Wand. Ihr war klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis der Frau - vermutlich ein Dienstmädchen - klar wurde, dass nicht Moni für die nächtlichen Geräusche verantwortlich war, aber auf den Flur hinaus konnte sie jetzt nicht. Schnell war sie beim Fenster und praktischerweise gehörte es zu jenen, bei denen sich ein Flügel öffnen liess. Der Riegel liess sich leicht aufdrehen, aber die Bleiumrandung klemmte und als sie sie endlich freibekam, ertönte ein Quietschen, das ihr das Blut in den Adern gefrieren liess. Binnen eines Herschlages war sie auf dem Fenstersims, mass die Distanz und sprang. Sie bekam die Dachrinne mit den Fingern zu fassen, nutzte den Schwung und verstärkte ihn. Das Blech knackte und bog sich, aber die Verankerung hielt und sie landete auf dem Dach. Ohne zu lauschen, ob jemand ins Zimmer gestürzt kam, kroch sie weg von der Dachkante, richtete sich halb auf und rannte auf den Übergang zum nächsten Haus zu.
If you're going through hell, keep going.

RE: Nebelsee und nördliche Ausläufer der Drachenberge
in Dreitan - das Spiel 02.06.2016 19:02von Armelion •

In dem Moment als Ro durch das Fenster hinauskam, lief der Nachtwächter vorbei. Er hörte das Quietschen und blickte nach oben, doch bevor er ein Geschrei anzetteln konnte, traf Alastar ihn mit einem Stein im Genick. Der Mann sackte ohnmächtig zu Boden.
Er pfiff einmal und schwang sich dann vom Dach. Ro würde klar kommen. Sie lief bereits leichtfüssig zum nächsten Übergang hin. Alastar war für einen Moment lang unsicher was er tun sollte und blieb im Schatten. Er wollte die Gegend noch im Auge behalten. Vielleicht tauchte zufälligerweise noch eine Wache auf.

RE: Nebelsee und nördliche Ausläufer der Drachenberge
in Dreitan - das Spiel 02.06.2016 19:10von Ro Raven •

Ro hörte dem Pfiff, blickte nach unten und stutzte einen Moment, weil der Nachtwächter augenscheinlich mitten auf der Strasse eingepennt war. Erst auf den zweiten Gedanken dämmerte ihr, warum er da lag, und sie blickte auf das Dach, auf dem sie Alastar zurückgelassen hatte, aber er war nicht mehr dort, stattdessen entdeckte sie seinen Schemen auf einem Dach der gegenüberliegenden Strassenseite. Wieso hatte er gewechselt...?
Egal, er würde selber nach Hause finden. Sie rutschte auf der Rückwärtigen Seite das Dach hinunter, packte die Rinne und liess sich hinunter bis sie einen Fenstersims erreichte, balancierte einen Moment und sprang dann auf das herausragende Dach eines Erkers, von wo aus sie sich zu Boden hangelte und die letzten zwei Meter fallen liess. Schnell sah sie sich um, aber es war niemand in der Nähe, der sie gesehen hätte, also schlenderte sie in eine Richtung davon und wischte sich dabei mit dem Ärmel den Russ aus dem Gesicht.
If you're going through hell, keep going.

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