"Ich sehe nicht so wie ihr.", erwiderte Biredh mit einem Lächeln. "Doch ich habe sie in Erinnerung. Sie hat eine Ausstrahlung, die man nicht so leicht vergisst."

Der alte Geschichtenerzähler strich Idril und dem Fuchshörnchen wieder über den Kopf und beide erwachten langsam wieder aus dem Schlaf. "Ich geh und mache einen kleinen Spaziergang. Bleib du solange hier." Idril nickte verschlafen, kroch vom Stuhl nur um zu Narum zu gelangen und machte es sich auf dessen Knien bequem. Biredh ging gemächlichen Schrittes aus dem Haus und wandte sich in Richtung der Höhlen. Hier in der Nähe war eine Höhle und dort drinnen gab es einen Altar für einen alten Feuerdämonen. Nun, dieser würde ihm sicherlich Auskunft über Randreyahs Aufenthaltsort geben können. Sein Stock klapperte vor ihm über den Boden, als er sich seinen Weg durch die verwinkelten Strassen suchte. Schon bald tauchte er in den kleinen Gang ein und schritt zügiger aus. Es dauerte nicht lange, bis er vor Minpiers Altar stand. Ein leises Pfeifen von ihm genügte und das Feuer in der Opferschale flackerte auf.
"Sei gegrüsst! Ich suche jemanden und hoffe ihr könntet mir ein wenig aushelfen."

"Je nach Preis, den du zahlst, alter Mann", tönte Minpiers Stimme und ein breites Grinsen rauchte in den Flammen auf.

"Was für einen Preist verlangst du Minpier?", fragte der alte Geschichtenerzähler und setzte sich vor dem Feuergeist auf den Boden.

"Was du den Flammen zu bieten hast, Biredh", meinte der Feuergeist und vollführte eine einladende Geste durch das Feuer in dem er war, gleichzeitig die Form eines kleinen Männleins mit zu langen Armen und Beinen annehmend.

"Ein kleines Lied.", erwiderte der Flötenspieler. "Es geht um einen ausbrechenden Vulkan. Selten habe ich etwas atemberaubenderes gesehen. Sein Klang wird deine Flammen sicherlich anfachen." Er klappte eines seiner Etuis auf und nahm eine schlichte Holzflöte hervor. Er holte ein paar mal tief Luft und setzte dann das Instrument an die Lippen. Der erste Ton erinnerte vage an ein fernes Zittern. Als ob es weit weg donnern würde, doch man war sich nicht ganz sicher ob man was gehört hatte oder nicht. Auf einmal tat das Lied einen plötzlichen Sprung, steigerte sich in Lautstärke, Tempo und Intensität nur um dann wieder abzuebben um punktuell betont zu werden, als ob es einzelne Einschläge von feurigen Kometen geben würde.
Am Ende des Liedes glühte der Boden um Minpiers Schale herum und die Flammen selbst wirkten ungewöhnlich kräftig. "Reicht das?"

"Ja", meinte Minpier und sein Tonfall klang fröhlich. "Und wen soll ich für dich finden?"

"Randreyah Verdezia.", erwiderte Biredh schlicht. "Zeige mir ein Bild von ihrem Standort."

"Wie du wünschst", meinte Minpier und zweigte ihm ein Bild von Tunnelabschnitten, die von flackernden Flammen belichtet wurden und dann einen Wald mit weissen Ruinen, die sich anklagend und doch grazil gen Himmel wanden, davor ein schneebedecktes Feld, Wesen, die aussahen, als wären sie einem Alptraum entsprungen schnellten zu einer Gestalt, die Feuer in Händen hielt, es wachsen liess und die Ungeheuer verbrannte. Dann war dir Illusion in Minpiers Flammen verschwunden.

"Das ist nicht Drez.", meinte Biredh ruhig. "Das ist Tanue. Ich danke dir Minpier." Mit einem leisen Ächzen stand er auf und machte sich auf den Weg zurück. Er verabschiedete sich von Idril, die ihn nur widerwillig ziehen liess. Narum stellte ihm eines seiner Zimmer zur Verfügung und dorthin zog sich der alte Geschichtenerzähler zurück. Er setzte sich um Schneidersitz auf den Boden und legte den Stock über sein Knie. Seine Augen schlossen sich, seine Gestalt wurde durchscheinend und löste sich dann auf wie Morgennebel.

(Biredh weiter in Tanue S. 116)