Ein paar der Frauen waren zu den Kindern gegangen und hatten sich um sie gekümmert. Idril war trotzdem verstört über das Geschehene. Sie wollte keine fremde Frau sondern Narum oder Biredh. Sobald sie den alten Magier aus dem Tunnel kommen sah, rannte sie ihm entgegen, schlang die Arme um ihn und hielt ihn so fest, als ob sie ihn niemals wieder loslassen wollte. Kitsune folgte ihr dicht auf dem Fusse. Erst jetzt spürte sie wie der Schock des Geschehenen zu ihr aufholte. Sie zitterte und Tränen brannten ihr in den Augen. "Wo ist Janis und Ragnar?", fragte sie mit mühsam beherrschter Stimme.

"Bei den Heilern", antwortete Narum und hob sie schlicht hoch. "Der Kampf hat sie beide mitgenommen. Sie brauchen jetzt etwas Ruhe. Und wir beide auch. Komm wir gehen nach hause und ich koche dir eine leckere Kartoffelsuppe."

Idril vergrub das Gesicht an seiner Schulter und schloss die Augen. Jetzt da er wieder da war, war sie sicher. Ausserdem spürte sie Biredhs Anwesenheit. Biredhs Blindenstock hielt sie noch immer fest in der linken Hand. Die Müdigkeit, die sie bis anhin erfolgreich in Schach gehalten hatte, schlich sich wieder an sie ran, doch dieses Mal wehrte sie sich nicht. Essen könnte sie auch später. Auf halbem Weg zurück war sie in einen tiefen traumlosen Schlaf gefallen.

Narun trug das Mädchen heim und legte sie ins Bett. Wahrscheinlich würde sie die Nacht durchschlafen, aber dennoch bereitete er die Suppe; man konnte sie ja am nächsten Tag aufwärmen; ass und legte sich ebenfalls schlafen.

Am nächsten Morgen wachte Idril mit scheusslichen Kopfschmerzen auf. Das Zimmer drehte sich um sie und sie taumelte als sie aufstand. Eine kräfte Hand packte sie an der Schulter und hielt sie fest, bis sie wieder sicher auf den Füssen stand. Ein wenig erstaunt blickte sie sich um und erst jetzt sah sie Biredh, der auf einem Stuhl neben ihrem Bett sass. Er hatte einen neuen Stock. Dieses Mal war er aus einem dunkelbraunem, fast schwarzem Holz gefertigt. In seinen leeren Augenhöhlen flackerten die Schatten, als die Flamme der Laterne in einem Luftzug tanzte. "Warum bist du erst jetzt zurückgekommen?", fragte Idril leise. "Ich brauchte dich, brauche dich immer noch."
"Ich starb Idril.", erwiderte Biredh leise und schob dann seinen Umhang ein wenig zur Seite um eine noch immer offene Wunde zu entblössen. Es blutete zwar nicht mehr, doch die Wundränder und das Fleisch schimmerten noch feucht. "Die Klinge, die die Frau führte, war ebenfalls verflucht und die Worte, die sie sprach waren voller Hass und Bosheit. Meine Verletzungen schlossen sich nicht und meine Kraft rann aus mir raus." Er schob seine Kleidung wieder zurecht. Idril schluckte und starrte weiter auf den Punkt wo die Wunde jetzt unter den Kleidern verborgen war. "Es wird verheilten. Ich konnte mich lange ausruhen Idril. Eigentlich habe ich mich niemals so lange ausgeruht. Zu viel passiert immer, zu viele Geschichten müssen gesammelt und weitergegeben werden."
Idril schaute ihn nur verwirrt an. "Warum bist du nicht früher gekommen?", fragte sie wieder und spürte wie sich ein Funken Trotz und Zorn in ihr regte. "Ich habe dich gebraucht. Ich musste aus Drez weg....."
"Ich weiss.", erwiderte Biredh sanft. "Doch ich konnte nicht zurück, ehe du auf der Flöte gespielt hast und auch nicht eher als dass ich mich gut erholt hatte."
"Es ist nicht fair.", erwiderte Idril und sie war wütend auf sich selbst wie klein und verletzlich sie dabei klang. "Ich bin einfach nirgends sicher. Meine Mama will mich nicht und jetzt da ich eine Familie habe, wird ihr wehgetan. Es ist einfach nicht fair." Sie schniefte. "Ich will einfach in Frieden leben. Eine Familie bei der ich sicher bin. All diese Schwarzmagier können mich mal. Wenn ich wüsste was sie wollten würde ich es ihnen geben und sie dann zum Teufel jagen!"

Narum klopfte an der Tür. Er wusste, dass Biredh im Raum war und eigentlich wollte er nicht stören, aber das Mädchen musste essen. Und er würde sich noch mit dem Gesichtenerzähler unterhalten, bevor dieser sie einfach so mitnahm.

Bevor Biredh etwas antworten konnte, klopfte es und Idril machte auf. Schnell schmuggelte sie ihre Hand in die Seine und hielt sich an ihm fest. Ein Anflug von Trauer flackerte über Biredhs Gesicht, als er sah, dass sie Narums nähe suchte anstatt der seiner. Nun wer konnte es ihr verdenken. Der alte Mann kümmerte sich gut um sie. Er kam auf die Beine und ignorierte die stechenden Schmerzen seiner Wunden. Solange er keine Form gehabt hatte, hatte er von den Verletzungen nichts gespürt, doch jetzt bereiteten sie ihm bei jeder Bewegung rasende Schmerzen. Er musste sich für eine Weile zurückziehen und eines seiner Lieder spielen. Wachstum, Heilung, Licht. Das brauchte er jetzt.

"Es gibt Frühstück", meinte Narum. "Biredh, ihr seid herzlich eingeladen, uns gesellschaft zu leisten. Und wenn ihr wollt, kann eon Heiler nach euren Wunden sehen." Ihm war nicht entgangen, dass der Geschichtenerzähler Schmerzen litt.

"Ich danke euch für das Angebot, doch eure Heiler sollten sich um die eurigen kümmern. Ich meine Wunden selbst versorgen."
Beim Wort Frühstück hellte sie Idrils Gesicht auf und sie zog Narum mit sich ins Esszimmer. Sie wollte ihn noch nicht loslassen. Am allerliebsten wäre sie den ganzen Tag bei ihm geblieben, doch sie wusste, dass das nicht ging. Also würde sie so viel bei ihm sein wie möglich wenn er zu Hause war.

Narum nickte und tischte für sie alle vier. Nach sem Essen bat er den Barden zum Gespräch. Er wollte wissen, wie es Biredh geschafft hatte dem Tod zu entkommen, wie er nacj Donsoha kam und was er mit Idril vor hatte.