Die Verhandlungen zogen sich hin, und nach einer Weile befahl der Klabauter seinen Männern, stehen zu bleiben wo sie waren, und die Gefangenen keine Sekunde aus den Augen zu lassen, während er mit dem Händler in dessen Zelt ging, um weiter zu diskutieren. Mentraz - so war der Name des Mannes - servierte ihm dabei wie üblich einen Tee und aus Höflichkeit nippte der Klabauter daran. Er hasste Tee, und er argwöhnte, dass genau deshalb die Händler den Piraten immer welchen auftischten. Verwirrungsstrategie.

Eine Frau, die genau so schwarz war, wie der Captain, und ihr langes Haar zu lauter feinen Zöpfen geflochten hatte, öffnete. "Ja?"
"Guten Tag", begann Meleth lächelnd.
"Ich kaufe nichts", meinte die Frau und machte Anstalten die Türe zu schliessen.
"Ich soll fragen, wie es Azali geht", sagte Meleth schnell.
Die Frau öffnete die Tür wieder ein Stück weiter und jetzt war ihr Blick misstrauisch, wenn nicht gar finster. "Wer will das wissen?"
"Der Schwarze Klabauter", antwortete Meleth.
Das Gesicht der Frau verzog sich wütend, aber dann begann sie zynisch zu lachen. "Sag dem Schlappschwanz, wenn er das wissen will, soll er gefälligst die Eier haben, selber hierher zu kommen."
Damit schlug sie Meleth die Türe vor der Nase zu.

Er liess sich nicht verwirren und schlug einen angemessenen Preis für die Ladung heraus in der Feilscherei, die immer wieder unterbrochen wurde von anderen Fragen und Anekdoten. Er hatte schon früher gelegentlich mit Mentraz gehandelt, und der Händler wollte wissen, warum er so lange nicht gekommen war. Der Klabauter erzählte ein bisschen, aber nicht sehr ausführlich, drehte den Spiess um, indem er Mentraz fragte, was in Kasz so passiert war, und erhielt etwa ähnlich wenig Auskunft.
Schliesslich wechselte das Geld den Besitzer, sie verliessen das Zelt, und der Klabauter stellte einige Männer ab, um die Gefangenen zusammen mit Mentraz' Leuten zu dessen Lager vor der Stadt zu bringen, mit dem Befehl, danach sofort zum Schiff zurück zu kehren, wenn sie ihren Anteil haben wollten. Mit dem Rest machte er sich direkt auf den Rückweg.
Als sie das Schiff erreichten, war Meleth bereits dort und der Klabauter winkte sie zu sich. "Und?", fragte er leise.
Sie biss sich auf die Lippen, um nicht zu grinsen, und zitierte ihm wörtlich die Aussage der Frau.
Er nahm es ohne eine Miene zu verziehen zur Kenntnis, aber als sie sich abwandte, sah sie aus dem Augenwinkel wie er seufzte und die Augen verdrehte.
Als die gesamte Mannschaft wieder an Deck versammelt war, zahlte er jedem seinen Anteil von der Beute aus, und gab ihnen bis Sonnenaufgang frei.

Der Klabauter blieb nicht lange auf dem Schiff, sondern verliess es bald und verschwand in den Gassen.
Meleth setzte sich zu Reina und zündete Marres' Pfeife an - er hatte sie ihr ganz überlassen, weil er an dem Abend eine neue gefunden hatte, wie genau wusste er auch nicht mehr.

"Ok", sagte Meleth fröhlich und sprang von der Mauer auf der sie gesessen hatte.

Der Klabauter klopfte an die selbe Tür wie zuvor Meleth. Es dauerte keine drei Sekunde bis dieselbe Frau wie vorhin öffnete. Ihr Gesicht verfinsterte sich, als sie ihn sah und sie stellte sich breitbeinig und mit verschränkten Armen in den Türrahmen. "Ich höre."
"Was?", fragte er, leicht aus dem Konzept gebracht.
"Was du zu sagen hast", antwortete sie. "Oder hast du etwa keine Entschuldigung auf Lager. Keine fadenscheinige Ausrede, warum du für verdammte sieben Jahre verschwunden bist ohne auch nur ein Wort zu sagen?!?"
Sie letzten Worte hatte sie gebrüllt und der Klabauter wäre fast zusammen gezuckt. Er richtete sich auf. "Ich musste das Meer verlassen, weil der Fluch zu stark wurde", antwortete er gereizt. "Ich hab dir doch gesagt..."
"Du hast mir gesagt, dass du vielleicht nicht mehr so weit raus fahren können würdest", sagte sie und stiess ihm mit dem Finger vor die Brust. "Du hättest ganz gut einfach hier bleiben können. Aber nein! Du musstest dich ja ohne ein Wort vom Acker machen und sieben Jahre lang nicht mehr auftauchen. Wie die Kleine und ich hier alleine durchkommen sollen, daran hast du wohl überhaupt nich gedacht, was?!?"
"So schlimm kann es auch nicht gewesensein", verteidigte er sich. "Ich meine, die Familie..."
"Oh, du weisst genau was die Familie von mir hält und wie sie mir helfen würden", rief sie wütend. "Es. war. die. Hölle! Und das weisst du genau, sonst hättest du nicht einen deiner Jungen vorgeschickt, bevor du dich selbst hierhertraust, du verdammter, feiger..."
Es folgte eine Reihe von Schimpfwörtern die jedem alten Bettler zur Ehre gereicht hätte. Der Klabauter stand da und liess es über sich ergehen. Als sie schliesslich etwas abgekühlt schien, obwohl sie ihn noch immer zornig anfunkelte, liess er einige Augenblicke verstreichen und fragte dann. "Ist Azali hier?"
"Nein", antwortete sie mürrisch. "Sie ist in der Schule."
"Was? Schon?", fragte er überrascht.
Sie hob eine Augenbraue. "Was heisst da schon? Sie ist mittlerweile Zehn."
"Oh", meinte er.
"Wahrscheinlich erinnert sie sich nicht mal an dich."
"Oh."
Sie seufzte. "Na komm schon rein.'

"Bring mich zu ihm", sagte der Klabauter, der neben der Frau km Türrahmen auftauchte und sich den Dreispitz aufsetzte.
"Wenn du am Morgen nicht da bist, hast du es selbst zu verantworten wenn die Kleine sauer auf dich ist", murmelte sie.
Er seufzte und folgte dem Mann.