Alastar legte mit Hand an und zog den Verband fester an. Dann riss er die Ärmel seiner Tunika ab, halbierte sie und band die vier Teile um die am heftigsten blutenden Wunden. Dabei ging er nicht sonderlich sanft vor, denn er wusste, dass sie nicht viel Zeit haben würden. Anschliessend holte er eine kleine verschrumpelte Wurzel aus einem kleinen Beutel und schnitt drei kleine Stücke ab. Eines der Stücke reichte er Ro, das andere Shagan und das dritte schob er sich selbst in den Mund. Kräftig biss er drauf und zerkaute das Gewächs. Der bittere Geschmack trocknete ihm fast den Mund aus und er verzog das Gesicht, doch es half gegen die Schmerzen, zumindest für eine Zeit.
Plötzlich hörte er ein Summen, das rasch lauter wurde. Verwundert drehte er den Kopf und sah wie der Schatten einer schwarzen Wolke um die Ecke bog. Einige Sekunden später folgte die eigentliche Wolke. Wegen des Artefaktes sah er noch immer einige Sekunden in die Zukunft. Was immer die schwarze Wolke auch war. Sie verhiess sicherlich nichts gutes. Mit einer fliessenden Bewegung zog er Fuin und eine Sichelwelle zerteilte die Wolke. Die schien das allerdings nicht weiter zu kümmern. Im Gegenteil, das Summen wurde nur noch lauter und bedrohlicher.

Shagan, der sich bisher nur darauf konzentriert hatte, die Schmerzen nicht zu spüren, drehte sich um, als das Brummen stärker wurde.
"Na toll, das sieht blöd aus", murmelte er nur und stellte sich angriffsbereit hin.
"Sind das Insekten?"

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Die Ameisen flogen auf die drei zu, teilten ihren Schwarm und fuhren ihre Giftstachel aus.
Es waren hunderte, verteilt über den ganzen Gang.
Ein Teil flog auf Ro zu, ein weiterer auf Alastar und der letzte Teil auf Shagan.
So wäre jeder auf sich selbst gestellt.

Alastar war gerade noch rechtzeitig zu Ro rüber gehechtet. Schnell rappelte er sich hoch und blickte auf den Boden. Seine Ohren klingelten, doch nur noch wenige dieser Viecher flogen noch herum. Die Hitze hatte ihre Flügel schmelzen lassen, was sie aber nicht davon abhielt an seinen Beinen hochzuklettern und ihn zu stechen. Auf einem Bein zu anderen hüpfend schlug er sich auf die Beine und wischte diese verdammten Mistviecher fort. Würde er doch nur ein wenig Feuermagie beherrschen, dann würde er diese Ameisen auf kleiner Flamme rösten. Er spürte einen Stich im Oberarm und zerschlug das Vieh einen Herzschlag später mit der Hand.
Der Feuerdämon beherrschte doch Feuer, warum röstete er diese Viecher nicht? Mit einem unwilligen Knurren zerstampfte er fünf weitere dieser Ameisen und zerschlug nochmals einige, als sie sich auf ihn niederliessen. Gleichzeitig spürte aber, wie sich langsam eine bleierne Schwere in seinen Gliedern ausbreitete. Das Gift der Tiere schien langsam anfangen zu wirken.

Memo: Ende Mai

Er brauchte Ro's Befehl gar nicht erst Folge zu leisten, weil er bereits ein paar Meter hinter ihnen stand. Der einzige Nachteil war nur, die plötzliche Explosion, die ihn hatte zusammenzucken lassen, hatte seinen Teil der Angreifer nicht erreicht. So wich er mit schnellen Schritten und dumpfen Ohren zurück und ließ aus seinen Händen dünne Feuerfäden entstehen, die er durch Handbewegungen zu einem Netz formte, das sich vor ihm ausbreitete.
Aber egal, wie schnell er fuchtelte, um das Netz feiner zu weben, es blieben doch genug Maschen übrig, durch die die Ameisen fliegen konnten, zumal er weder die Decke, noch den Boden ausgekleidet hatte.
Ein paar Viecher verbrannten mit leisem Zischen im Feuernetz, aber die meisten waren klug genug, es zu umgehen.
"Ach, SHAK!", fluchte er und ließ kleine Feuerkugeln aus seinen Fingerspitzen schießen. Jede traf in den Schwarm und verbrannte Dutzende der Insekten, aber leider blieben trotzdem Hunderte übrig, die immer näher kamen, verteilt von allen Seiten.
Eine Feuerwalze, die alle auf einmal niederbrennen würde, konnte er nichtmehr zustande bringen, seit Drúnkhars Eingriff, seine Magiereserven waren ohnehin schon fast verbraucht von dem bisschen.
So drehte er sich um und rannte den Gang entlang, bog nach rechts um die Ecke und den nächsten Gang weiter, stets verfolgt von dem Summen zahlreicher Ameisen.
Er war sich bewusst, dass er jetzt keinem Magier in die Arme laufen durfte, sonst wäre er hinüber.
"Denk nach, denk nach!"
Säbel? Brachte nichts. Dinge zum Werfen auch nicht, Magie ging nicht. Er tastete nach seinem Spezialwaffenbeutel, der früher immer eine Antwort gegeben hatte. Leer.

Alastar stolperte ihr hinterher und schüttelte den Kopf um das Gefühl völliger Erschöpfung loszuwerden. Immer noch schwirrten und krabbelten ihnen diese Insekten hinterher. Bei jeder Kreuzung bogen sie einfach willkürlich ab. Sie liefen Treppen hoch und wieder runter. Er hatte schon längst die Orientierung verloren und er vermutete, dass es Ro genau so ging. Sie selbst wurde mit der Zeit auch langsamer. Sie hatte offensichtlich auch einige Stiche abbekommen. Schliesslich kamen sie in einen Raum, der wie eine Küche aussah. Grosse Tische, mit allerlei Essen, doch dafür hatten sie jetzt keine Zeit. Alaster schnappte sich einen Mehlsack und warf ihn gegen den Türrahmen. Mit einem trockenen Laut zerriss der mürbe Stoff und der Insektenschwarm flog hinein. Von der immer noch schwelenden Feuerstelle nahm er einen Holzscheit und warf ihn in die herabrieselnde Mehlwolke, welche sich mit einem wütenden Fauchen entzündete. Die Insekten, die die Staubexplosion überlebten, verloren ihre Flügel an die Hitze. Es waren aber nicht mehr besonders viele. Mit dem Stiefelabsatz zerquetschte er die letzten Viecher und wandte sich dann zu Ro um.
Seine Glieder fühlten sich mittlerweile so an, als ob sie mit Blei gefüllt worden waren. Die Stiche schmerzten nicht einmal mehr. Mit der Hand zeigte er in Richtung der Feuerstelle. Über dem Feuer gab es einen Abzug und der musste irgendwo hinführen. Doch erst wollte er noch wissen, was mit Shagan passiert war. Er war vorhin zu beschäftigt damit gewesen, diese Viecher zu zerstampfen um gross auf die anderen zu achten. Er holte seine Tafel hervor und schrieb zwei Wörter: "Shagan? Wo?"

Alastar nickte nur und griff sich an den Kopf. Was sollten sie bloss tun? In ihrem Zustand konnten sie nicht nach Shagan suchen. Die Magier würden sie erledigen. Seine Sinne schwanden ihm immer mehr. Auf einem kleinen Regal entdeckte er eine Flasche mit Schnaps. Mit den Zähnen zog er den Korken raus, trank einen Schluck und das Brennen in seiner Kehle vertrieb für einen Moment lang das Gefühl der bleiernen Schwere. Er reichte Ro die Schnapsflasche. Sie würde auch wenig klarer im Kopf sein wollen. Sie würden den Kamin hochklettern müssen. Mit einem Schürhaken schob er die Glut zur Seite und blickte dann den Kamin hoch. Es war vergittert. Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck zog er Fuin und schlug zu. Die Sichelwelle trennte den unteren Teil des Abzugs ab und eine Russ- und Aschewolke wirbelte auf. Sobald sie sich gelegt hatte, tastete er nach den Eisen, fand sie und verbrannte sich prompt die Finger. Mit einem ärgerlichen Grunzen nahm er sie in den Mund.
Alastar trat zu einem weiteren Mehlsack und schnitt ihn auf. Dieser Stoff war besser erhalten. In einem Wassertrog wusch er den Sack rasch aus, bevor er ihn in zwei Hälften riss und Ro die Flasche wieder wegnahm. Er tränkte die beiden Lappen in dem starken Getränk und band ihn sich um die Nase. Der starke Geruch kitzelte und brannte in der Nase, doch es würde seine Lebensgeister noch ein wenig länger wach halten. Zumindest hoffte er das. Er reichte Ro den zweiten Lappen und kletterte anschliessend unter den Abzug. Vorsichtig fasste er den ersten Griff an. Immer noch heiss, doch es war zu ertragen, wenn man schnell kletterte. Er warf einen fragenden Blick zu Ro. Würde sie es schaffen?
Sobald sie erst einmal hier draussen waren, könnten sie sich Gedanken darüber machen, wie sie Shagan suchen könnten. Falls er denn noch überhaupt lebte.