Veray brachte Karim zu Vakra und begleitete ihn in das Zimmer. Vakra begrüsste Karim und bat ihn, Platz zu nehmen, falls er dazu Zeit habe, Veray warf er einen Blick zu, der sagte: Das von vorhin wird Folgen für dich haben.
Veray war es egal. Er nickte den beiden älteren Männern zu, trat wieder hinaus auf den Flur und schloss die Tür hinter sich. Dort lehnte er sich erstmal gegen die Wand, schloss die Augen und atmete tief durch. Er musste irgendetwas tun, wenn er nicht die Beherrschung verlieren wollte. Aber was? Er konnte sich in sein Zimmer zurückziehen und heulen. Er konnte irgendetwas zerhacken. Er konnte ein Buch nehmen, und sich so darauf konzentrieren, dass er die Geschehnisse verdrängte. Er konnte einfach an Ort und Stelle zusammenklappen und darauf hoffen, dass er sofort einschlief. Was war die beste Variante?

Vakra sah Karim offen an. "Ich habe etwas gegen Sardak in der Hand, das sie vermutlich sehr schnell dazu bringen wird, den Krieg zu beenden", sagte er.

Veray fiel plötzlich etwas ein, als er dort so an die Wand gelehnt stand. Das Ei. Dieses verfluchte Ei war noch immer unten in Drez. Und wenn er hier war, Ran hier war, Quivi, Maenavry und Karim ebenfalls, wer war dann noch dort?
Er stiess sich von der Wand ab und rief einige Wachen zusammen. Sie mussten das Ding sofort holen.

"Das war eine Verzweiflungstat", antwortete Vakra. "Sie wissen, wenn sie jetzt nicht aufgeben, kann ich die Zukunft ihres Clans vernichten. Wir haben ihre Kinder. Hier."

Sie waren vorsichtig auf dem Weg, auch wenn es bis zum Eingang des Tals relativ sicher war. Danach, der Abstieg nach Drez, wurde gefährlicher. Immer wieder um sich blickend schlichen sie einen der Seitenwege entlang, dennoch sahen sie den Hinterhalt nicht, bevor sie hineingelaufen waren.
Veray sah, wie einer seiner Männer einen Bolzen durch die Brust bekam und noch bevor er seinen Säbel ziehen konnte, lag er mit dröhnendem Schädel im Strassenstaub. Archiz stellte sich vor ihn und versuchte ihn zu verteidigen, aber zwei der Angreifer stürzten sich auf sie und streckten sie nieder. Veray zog noch seinen Dolch und rammte ihn dem einen ins Schienbein, dann wurde er niedergeschlagen und verlor das Bewusstsein.

"Nein, zumindest nicht alle von ihnen", antwortete Vakra. Er lächelte schmal. "Einst war es üblich, Kinder als Geiseln zu behalten, um sich die Loyalität gewisser Clans zu sichern. Sie wurden im eigenen Haus aufgezogen und wenn sie erwachsen waren, wussten sie nicht mehr welchem Clan sie sich nun zugehörig fühlen sollten. Auf diese Weise verhinderte man kurzfristig die Feinde am Angreifen und löschte sie langfristig von der Feindesliste. Warum diese hübsche Tradition nicht wieder einführen? Siehst du etwas, das dagegen spricht, Karim?"

Achrat hatte sich auf dem Estrich verschanzt. Ihm waren zu viele Leute in der Festung. Andauernd lief einem jemand über den Weg. Er zog es vor, die Leute zu beobachten, ohne mit ihnen zu tun zu haben.
Die Distanz hielt ihn nicht davon ab, ihre Gedanken lesen zu können. Er hatte schon lange gewusst, dass Ran's Kind lebte, als sie und Veray noch zitterten vor Angst. Er wusste um die Angst der Kinder in den Kerkern, über deren Schicksal sich Vakra und Karim mit solcher Nüchternheit unterhielten. Er spürte Quivis Sorge um Ran und Maenavrys Sehnsucht nach dieser Frau mit rotem Haar, die immer irgendwo in ihm schwelte.
Dann spürte er den Drachen. Tao. "Du bist hier wegen Akkaya", stellte er fest.

Vakra wollte etwas antworten, aber in diesem Moment hämmerte jemand gegen die Tür.
"Ja?", rief Vakra und Lesir stürmte herein. "Sie..."
Er stockte, als er Karim sah, aber Vakra bedeutete ihm, weiter zu sprechen. "Sie haben Veray!"
Vakra blieb ruhig. "Wie konnte das geschehen."
"Er wollte nach Drez hinunter, etwas holen, was er vergessen habe", sagte Lesir. "Sie gerieten in einen Hinterhalt. Einige sind gefallen, Veray und zwei andere wurden fortgeschleppt."
"Wer hat davon berichtet?"
"Miriya Serpeta. Sie sagt, einige Verwundete seien noch dort."
"Dann stell eine Rettungstruppe zusammen um sie herzubringen!", befahl Vakra.
Lesir nickte und eilte zur Tür hinaus, drehte sich aber nochmal um. "Und Veray?"
"Darum kümmere ich mich", sagte Vakra.

Achrat zeigte Tao, was er aus Ran's und Veray's Geist entnommen hatte, und aus dem der Heilerinnen.
"In Drez", antwortete er auf die zweite Frage und schickte Tao einen Plan aus Veray's Gedanken, zusammen mit der Information, dass er es hatte holen wollen, aber gescheitert war.