"Du weisst schon, dass es irritierend ist, wenn jemand einfach so alle Gedanken seines Gegenübers liest?", fragte sie und verschloss einige Erinnerungen, die ihr früheres Leben als Akkaya beinhalteten. Er musste nicht alles wissen und in letzter Zeit hatte es kein Drache geschafft durch ihren Wall zu brechen. Sie hoffte, dass der Junge nicht stärker war. "Achrat, was bist du genau? Ich habe in meinem Leben noch nie jeamanden wie dich getroffen. Woher hast du diese Gabe, wenn ich fragen darf?" Er hatte ihr Interesse geweckt. Aber wieso war er dem Ruf nicht gefolgt? Den letzten Gedanken behielt sie hinter ihren Mauern aus wirren Gedanken, die ihre Erinnerungen schützten.

Ran atmete hörbar aus. "Veray, darf ich dein Büro etwas länger in Anspruch nehmen?", fragte sie den Dämon, der sie ansah, als hätte sie eine Tomate als Kopf.

"Hast du ihn nicht mithören lassen?", fragte Ran und hob eine Augenbraue. Achrat schüttelte den Kopf. "Dein Cousin hat mir eine Frage gestellt... Und um sie zu beantworten dauert es eine Weile... Ich bin... wie soll ich es sagen... müde. Wenn ich noch länger stehe, kippe ich bald um", antwortete sie halb lachend. "Ich brauche eigentlich nur einen Platz um mich zu setzen und ich glaube, dass Vakra mich nicht in der Festung herumwandern lässt, weil ich unangekündigt hier aufgetaucht bin und noch mehr bezweifle ich, dass er Achrat nach draussen lässt", fügte sie hinzu.

"Danke", sagte sie erleichtert zu Varey und nahm Platz. Sie liess den Dämon mithören. "Sagt dir das Wort Seele etwas?", begann sie. "Es ist angeblich ein Teil dessen, was wir Magie nennen. Eine einzigartige Ansammlung von Energie. Diese 'Seele' kann die Zeit überdauern. Zwar verändert sie sich, aber nicht zu sehr. In meinem Fall...", sie machte eine Pause. War es wirklich klug ihnen davon zu erzählen? Sie schluckte. "In diesem Fall hat die 'Seele' den Körper überdauert... Wobei das nicht ganz so stimmt. Aber in etwa. Nehmen wir also an, diese Seele wird in einem neuen Körper mit ihren alten Erinnerungen zusammengetan. Somit ist das Wesen an sich - wenn man das Alter durch Wissen und Erfahrungen misst - älter, als es scheint. Klingt das irgendwie logisch?Weder ich, noch sonst ein Wesen - das mir bekannt ist - weiss wo der Ursprung der ersten Seele lag. Es gibt aber Wesen die das 'Geheimnis des Lebens' kennen. Im Moment sind es acht und vier von ihnen leben seit ungefähr zehn Jahrtausenden. Grob zusammengefasst kann man dieses 'Geheimnis' als Rezept bezeichnen mit dem man 'Leben' erschafft, zerstört und verhindert... Es ist verbotenes Wissen, aber nötig. Darum werden einige 'Seelen' damit beauftragt es zu hüten, sie dürfen aber erst dann sterben, wenn sie das Wissen an ein anderes Wesen weitergeben... Wobei sterben hier eher eine Art von Vergessen, Auflösen und Neumischen ist... Ich kann dir soviel sagen, dass die Geburt nicht der Ursprung eines Lebens ist... Mehr brauchst du nicht zu wissen", sie lächelte. Es kostete sie einige Kraft mit Gedanken zu kommunizieren, denn etwas anderes - ein jemand - zehrte noch an ihren Kräften. Immer wenn sie etwas erklärte schickte sie Sinneseindrücke und Bilder mit. Sie zeigte den Dämonen nicht wo und wie man das Geheimnis fand, oder wie es aussah, sondern wie es sich anfühlte. Ähnlich wie Achrats Präsenz, zugleich mächtig und doch unscheinbar. "Jetzt beantworte meine Frage. Etwas ist seltsam an deiner Art der Kommunikation. Deine Gedanken scheinen nicht durch die Luft zu strömen, sondern durch die Dinge, die du berührst... Wieso kannst du das und wer hat es dich gelehrt?"

Ran musterte Achrat. "Ich schätze man würde jemanden wie dich als Naturtalent bezeichnen", sie machte eine Pause. "Es gibt Magier die würden mit deinen Fähigkeiten dir und deiner Umgebung Schaden zufügen, wenn sie merken was du für eine Gabe hast... Beherrschst du Magie?"
Sie spähte zu Ro hinüber. Die Halbdämonin war bleicher als sonst und sie hatte den gleichen Gesichtsausdruck wie Growndrill, wenn er kurz davor stand alles kurz und klein zu hacken. Sie hatte also doch mitgehört, denn das Buch das sie las lag zugeschlagen neben ihr und sie sah in ihre Richtung. Für einen Moment erinnerte sich Ran an einen Tag im Winter, wie ihr Vater sich mit einem Drachen gestritten hatte und ihm einen Kinnhaken verpasste. Sie war sich nicht sicher wieso ihr ausgerechnet dieses Bild in Erinnerung kam.