#361

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 08.02.2013 08:43
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Den ersten Tag verbrachte sie in der Nähe von Drez. Seit langem hatte sie nicht jagen müssen, um sich zu ernähren, doch da es Winter war und Knollen tief in der Erde vergraben lagen und so, oder so nicht viel in der Gegend wuchs, musste sie Fleisch essen. Seit einer Stunde lag sie verborgen im Unterholz. Aries suchte in der Luft nach einer Beute, die er dann zu ihr treiben würde. Natürlich hätte er auch selber ein Tier erlegen können, doch weil sie ebenfalls etwas abhaben wollte, musste sie sich an der Jagd beteiligen. So war es unter den Drachen üblich.
Einige Meter vor ihr raschelte es. Gespannt blickte Ran auf, den schmalen, langen Dolch bereit zum zustechen. Sie horchte und da kam es. Etwas brach durch Büsche und sprang über den umgefallenen Baumstamm vor ihr. Schnell sprang sie auf und erstarrte. Ein riesiger Eber raste auf sie zu. Als das Tier sie sah, blieb es abrupt stehen. Wütend funkelten sie die kleinen schwarzen Augen an. Die Hauer drehten sich in ihre Richtung und zielten auf ihre Eingeweide. Das Tier stürmte los. Ran schluckte, drehte sich um und rannte los. Magie würde sie nicht verwenden, aber wenn sie nicht zusah von hier zu verschwinden, würde das Wildschwein sie in Fetzen reissen.
Sie rannte so schnell sie konnte und hörte, wie das Wildschwein zu ihr aufholte. Über umgefallene Bäume und Büsche springend, kam sie Drez immer näher. Als sie aus dem Wald brachen, liess Ran sich fallen, rutschte auf dem Schnee weiter und rollte zur Seite. Nur einige Handbreit von ihr entfernt stürmte der Eber an ihr vorbei. Sie rappelte sich auf, das Tier kam zum Stehen und wandte sich zu ihr um. Sie nahm den Dolch und duckte sich leicht. Wie eine Katze fixierte sie ihre Beute. Der Eber schnaufte und rannte auf sie zu. Geschickt packte sie das Tier an den Hauern und schwang sich auf seinen Rücken. Schnell stach sie ihm ins Genick, wurde aber vom Rücken geschleudert und knallte gegen einen Baum. Aries schnellte vom Himmel hinunter.
In Drez verkaufte sie einen Teil des Fleisches. Maenavry begegnete ihr nicht und sie fragte er sich, ob er gegangen war. Aber Achrat stand vor ihr.


some men just want to see the world burn

nach oben springen

#362

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 10.02.2013 16:41
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Er musterte sie mit seinem Blick und seinen anderen Sinnen. Sie hatte vor kurzem getötet. Einen Eber. Im Schnee.
"Akkaya", sprach er sie an und schickte zugleich die Silben des Wortes, wie sie klingen würden, wenn man sie aussprach, und wie sie aussahen, wenn man sie schrieb, und eine Reflexion ihrer Bedeutung.
Ihr Geist reagierte mit Aufmerksamkeit, in die er seine Gedanken fallen liess. "Du sagtest, das ewige Leben sei nichts Wünschenswertes." Er liess die Erinnerung an sie, wie sie gesprochen hatte, die Worte begleiten. "Warum hast du es dann gewählt?"


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen

#363

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 10.02.2013 18:27
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Einige Augenblicke stand sie da. Sie brauchte eine Weile, um die Antwort auf die Frage zu finden, sie zu formulieren und dann auszusprechen. Als sie ihre Augen öffnete, blickte sie direkt in die des Jungen und liess ihren Geist den seinen Umspülen. Wie die Flut, die Küste sacht verschlang, so umschloss auch die Welt ihres Geistes, die des Jungen. Sie standen am Strand. Einem Strand der zu Dreitan gehörte und doch nicht. Es war der Tempel ihrer Seele, den Achrat jetzt betreten hatte. Die Welt um sie war schwarz. Wasser, Land und Himmel hatten die selbe düstere Farbe, nur der Mond schien rot herab. Glänzend nur unterschied sich das Wasser vom Strand und der Himmel vom Gras. Ihre beider Silhouetten verschmolzen mit der Landschaft und nur Hände und Gesichter leuchteten weiss. "Aus Dummheit", antwortete sie dann. "Wir hatten damals einander ein Versprechen gegeben. Das Versprechen herauszufinden, wie Leben entsteht, wie man es herstellt und repariert. Es war zuerst ein Spiel, eine Wette, um sich die Zeit zu vertreiben. Wir wussten nicht was die Konsequenzen waren, es interessierte uns damals auch nicht... Wenn man einmal auf der Suche nach dem 'Geheimnis des Lebens' war, gab es kein Zurück mehr. Die Neugier trieb uns an, machte uns immer durstiger und blind... Eines Tages stolperte ich dann über die Antwort. Ich überlegte nicht und griff zu... Der Preis war der Tod. Ich musste meinen Tod aufgeben, um das Wissen zu erlangen... Langezeit merkte ich es nicht, dass der 'Handel' schon längst erfolgt war... Es hatte im Grunde genommen nicht viel geändert... Meine Lebensspanne ist sowieso sehr lang. Aber es hatte die Welt um mich herum verändert, bevor es mich veränderte. Es zieht einen in den Abgrund, nimmt die Ehrfurcht vor dem Leben, lässt einen kalt und leer werden, bis man daran zerbricht. Man kann dem auch nicht entkommen. Der einzige Trost ist die Vielfalt der Welt, die man sehen kann, doch nach einer Weile hat man schon alles gesehen...Ich zum Glück nicht", sie lachte kurz und liess ihre Gedanken verstummen. Die Erinnerung an die schwarze Wüste und Himmel mit dem blutroten Mond verschwand langsam wie Nebel am Morgen. Das war das Bild, dass sie immer vor Augen hatte, wenn sie darüber sprach, daran dachte. Das und die Erinnerung an Aion. Sobald sie seinen Namen bittersüss auf den Lippen schmecken konnte, kam die schwarze Welt mit einem Schlag zurück. Glänzend erhob sich hohes Gras dunkel gegen den plötzlich grauen Himmel. Auf der Klippe, über die sie einst gestürzt war, tauchte er auf. Langsam drehte sich die schwarze Gestalt um und nur das helle Gesicht war zu sehen. Er sagte ihren Namen, bevor er zu tausend schwarzer, schreiender Krähen zerfiel und diese sich zum Mond erhoben. Sie drehte sich um und sah Achrat an.


some men just want to see the world burn

nach oben springen

#364

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 10.02.2013 21:41
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Er sog die Welt ihrer Gedanken in sich auf, ihre Dunkelheit, ihre Öde, ihren Schmerz. Er verstand. Das war es, was ihn zu dem machte, was er war, so unheimlich für all die anderen. Dass er verstand. Dass er viel Älter war, als die dreizehn Jahre, die die Zeit mit ihm verbracht hatte. Weil er Erinnerungen hatte von hunderten von Jahren, gesammelt aus den Seelen all jener, die ihn umgaben. Weil er viele Leben kannte, als wären es die seinen. Er kannte die Gedanken eines kleinen Kindes, das mit Kieseln spielte. Er kannte die Gedanken eines alten Dämonen, der sich auf den Tod vorbereitete. Er kannte Vakra, seinen alten Zorn und seinen krankhaften Ehrgeiz. Er kannte Veray, seine Bücher, seine Angst, niemals genug zu sein. Er kannte Nera, ihre Schande und Verbitterung. Er kannte Driss, seine leibliche Mutter, ihren unüberlegten Mut und ihren Wunsch, den Bruder gekannt zu haben, der gegangen war, bevor sie geboren wurde. Er kannte Ro, ihre Liebe zum Tod und dieses Alte, was in ihr war, das sie selber nicht verstand. Und nun kannte er Akkaya, ein Wesen, das sie einmal einen Gott genannt hatten, ein Wesen mit mehr als einem Leben.
Er sah sie an und sah in ihren Gedanken den Blick aus seinen schwarzen Augen widergespiegelt. "Warum du nicht?", fragte er.


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen

#365

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 10.02.2013 22:11
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Ran lächelte. "Weil ich nur zehn Jahrtausende gelebt habe und diese in diesem kleinen Land verbrachte und doch entdecke ich immer wieder Neues hier... Du bist der lebende Beweis dafür... Du nimmst alles auf, Kummer, Leid, Trauer, Freude, Liebe, Schmerz, Angst und Hoffnung. Jedes andere Wesen, dass deine Fähigkeit hätte, wäre längst daran zerbrochen, aber deine Seele ist noch ganz. Das kann ich sehen. Du scheinst durch das Wissen das du hast den Drachen näher zu sein, als den Dämonen und dann doch nicht. Du hast immer noch diese Reinheit in dir, die deine Seele zusammen hält... Die Seele eines Kindes, die 'reine Form' der Seele", Ran machte eine Pause. Hier in dieser Welt, die sie mit ihren Gedanken erschuf, spielte Zeit keine Rolle. In Wirklichkeit starrten sie sich weniger als eine Minute lang an. Ihre Welt hier konnte man auch als Traum bezeichnen. Einen Traum, in dem auch andere Teilhaben konnten. "Willst du sehen, wie meine Seele aussieht? Die Drachen haben es mir beigebracht. Sie sagen und glauben, dass jede Seele eine Form hat, die sie bevorzugt und ihren Charakter ausdrückt. Jeder von ihnen kann diese Form sehen und zeigen, wenn er es will... Wenn du willst, kann ich es dir beibringen. So lernt man einiges über sich selbst", schlug sie vor. Sie wusste nicht wieso, aber etwas an diesem Kind fesselte sie. Er erinnerte sie an ein tiefes und stilles Gewässer in dem kein Wesen hauste, dass die Ruhe des Wassers stören konnte. Es war, als blicke sie in einen alles verschlingenden Spiegel den sie ergründen wollte. Und dann fiel ihr ein, dass er wissen musste, was sie wissen wollte.


some men just want to see the world burn

nach oben springen

#366

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 10.02.2013 22:25
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

"Die Welt ist Wandel", sagte er. "Alles, was neu entsteht, hat es niemals zuvor gegeben."
Er dachte nach. Dann sagte er: "Zeige es mir, wenn du willst, dass ich es sehe. Es wird sicher sein, wenn du es willst. Mein Geist birgt zu viele Erinnerungen, als dass jemand sie durchsuchen könnte."


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen

#367

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 10.02.2013 22:54
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Ran lachte. "Das ist wahr", sagte sie und ihr Abbild schloss die Augen. Ein Wind in ihren Gedanken hob sich und wehte die Schwärze aus dem Boden, das Graue aus dem Himmel und den Mond hinfort. Auf einer saftigen Wiese, an einem Sommertag stand sie jetzt da. Ein Drachenhalbblut aus Kristall. Ihr Körper war der eines Zweibeiners, der sowohl menschlich, elfisch, zwergisch, als auch dämonisch aussah. Zwei grosse Drachenflügel und ein Schweif umschlossen sie. Sie schien, wie eine Statue aus beinahe schwarzem Kristall, umweht aus einem Vorhang lagen, silbernen Haars. "Das ist die Form meiner Seele", antwortete sie und ihre Stimme klang wie der Wind selbst, der durch Blätter und Höhlen streifte. Ihr Lächeln entblösste die scharfen Fangzähne und liess die silbernen Reptilienaugen aufleuchten. Als sie die Hand hob änderte sich wieder ihre Gestalt zurück zu ihrem physischen Erscheinungsbild. "Es jagt den meisten Wesen Angst ein, wenn sie diese Gestalt sehen. Sie denken, dass so etwas nicht existieren darf. Du hast gesagt, dass die Welt ein Wandel ist, aber dieser Wandel folgt einem Gesetz. Viele fürchten sich davor. Meist grundlos, den sie werden ihn so, oder so nicht erleben", Ran sah ihn eine Weile lang an. "Ich möchte dir eine Frage stellen. Es geht dabei um jemanden aus deiner Familie... Verays und Lesirs Bruder... wo ist er und wieso leugnet Veray jetzt seine Existenz? Was ist so schlimmes in den Mauern der Schwarzen Festung passiert?"


some men just want to see the world burn

nach oben springen

#368

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 11.02.2013 00:00
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

"In der Welt der Gedanken kann und darf alles existieren", sagte Achrat. "Es gibt keine Grenzen und alles ist möglich."
Es erstaunte ihn, dass Ran's Seele ein so körperliches Erscheinungsbild hatte. Er vermutete stark, dass das bei ihm selbst nicht der Fall war. Es nahm ihn wunder, was es war. Er hatte eine gewisse Vermutung. Und eine ganze Reihe weiterer Fragen. Aber er spürte, dass Randreyah - denn in Bezug auf diese Sache war sie Randreyah, nicht Akkaya - viel an einer Antwort lag auf die Frage, die sie selbst gestellt hatte.
"Du meinst Rombra", sagte er. "Er ist nicht Veray's und Lesir's Bruder. Sie wussten es nicht. Er wusste es selber nicht. Aber irgendwann fand Vakra heraus, dass er nicht sein Sohn ist."


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen

#369

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 11.02.2013 00:18
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Ran war überrascht und erleichtert zugleich. "Wessen Sohn ist er dann?, fragte sie unsicher. Im Gegenzug für seine Antwort würde sie ihm seine Fragen beantworten, aber nicht nur deshalb. Sie wusste, dass sie jemanden brauchte, der einen Teil ihrer Geschichte und ihres Wissens kennen musste, denn dieses Wissen durfte nicht verloren gehen. Unter all den Kandidaten die sie bis jetzt hatte, war er am geeignetsten. In ihrem jetzigen Zustand war nicht einmal sie selber in der Lage die Erinnerungen so handzuhaben, wie es eigentlich von Vorteil wäre.


some men just want to see the world burn

nach oben springen

#370

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 11.02.2013 00:35
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Er dachte kurz nach, dann antwortete er: "Er ist der Sohn von Nera, Vakra's Frau. Sie hat niemals jemandem gesagt, wer der Vater ist, denn sie will nicht, dass jemand es weiss. Vorallem will sie, dass Vakra es niemals erfährt. Deshalb will ich es dir nicht sagen. Es wäre... ungerecht.
Vakra fand wegen einem Ritual heraus, dass Rombra nicht das Blut der schwarzen Festung in sich trägt. Er hat ihn davongejagt mit der Drohung, ihn zu töten, falls er jemals wieder in die Nähe der schwarzen Festung kommt."


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen


Besucher
0 Mitglieder und 11 Gäste sind Online

Forum Statistiken
Das Forum hat 111 Themen und 30462 Beiträge.

Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen | ©Xobor.de