#3481

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 10.05.2015 00:59
von Úrakantôr | 2.898 Beiträge

Abends

Shagan saß in der Bibliothek von Drez. Dem größten Schatz in dieser Stadt, die er nie wirklich gemocht hatte. Auch die Schatten mochte er oft nicht so. Obwohl er selbst ein halber war und mehr denn je einem Schatten glich.
Diesen Ort kannte er zumindest. Und bis er schlafen ging, würde er hier bleiben und weiter seine Studien betreiben, wenn man es so nennen konnte.
Erst morgen würden sie abreisen und vermutlich noch einige der Schatten mitnehmen, wie es abgemacht war.


And he wondered...how can I protect something so perfect without evil?

nach oben springen

#3482

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 10.05.2015 04:04
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Mercha biss auf ihre Knöchel, um nicht zu weinen. Sie lag unter ihrem Bett, zusammengerollt auf dem kalten Boden, die Knie an die Brust gezogen, die Augen zusammengekniffen. Ihre Welt war zusammengebrochen. Ihr Vater hatte sie geschlagen. Ihre Eltern hatten sich angeschrieen. Sie suchten sie. Sie wusste noch immer nicht warum, aber sie hatte Angst davor, was passierte, wenn sie sie fanden und zu Nodon brachten. Sie hatte irgendetwas ganz schlimmes getan, das hatte sie begriffen, etwas, das sich nicht einfach wieder gut machen liess. Etwas kaputt gemacht, was sich nicht wieder reparieren liess. Auch wenn sie nicht begriff, was. Warum hätte sie nicht gegen Kesah kämpfen dürfen? Warum hatte ihr das nie jemand gesagt? Es war so unfair. So unfair! Sie hatte Angst. Vor ihrem Vater. Vor Nodon. Sie hatten Angst, dass sie sie töteten, um den Schandfleck in ihrer Familie loszuwerden. Aber es war doch Kesah, der der Schandfleck war, nicht sie! Sie hatte doch alles gegeben, damit sie stolz auf sie sein konnten und sie mochten. Es war so unfair!
Ein Schluchzen entwischte ihren Lippen und sie fing leise an zu weinen, nur um regungslos zu erstarren, als die Tür aufging. Jemand kam in den Raum und schloss die Türe hinter sich. "Mercha?", fragte ihre Mutter.
Mercha wagte nicht zu atmen. Was, wenn sie sie auch verraten hatte? Und sie den anderen ausliefern wollte?
"Mercha, ich weiss, dass du hier bist", sagte Sizra, kniete sich neben dem Bett hin und blickte darunter.
Mercha überkreuzte wimmernd die Hände vor der Brust, bereit, nach ihr zu treten, aber ihre Mutter sah sie nur traurig an. "Mercha, ich will dir nichts tun. Ich verspreche es dir."
Plötzlich verliess sie alle Kraft. Sie fing an zu schluchzen, streckte die Hände aus und liess sich widerstandslos unter dem hervor ziehen. Sizra schloss sie in die Arme und zog sie sanft hoch auf ihre Knie, als sie sich aufs Bett setzte. "Es wird alles gut", flüsterte sie leise und strich Mercha über den Rücken. "Es ist ok. Ich lass nicht zu, dass sie dir etwas tun, ich versprechs dir. Ich pass auf dich auf."
Mercha schlang die Arme und Beine um sie und klammerte sich haltlos schluchzend an ihr fest.

Achrat sass auf seinem Bett, die Augen geschlossen und lauschte den Gedanken der Festung, die unaufhörlich dahinflossen, aus jedem einzelnen Bewohner. Einige von ihnen würden Drez am nächsten Tag verlassen, zusammen mit den Feuerdämonen, und sie nahmen Abschied von ihren Familien oder packten alleine ihre Sachen. Sie wussten nicht, wann sie zurückkehren würden. Wenn es tatsächlich einen Krieg gab, vielleicht niemals wieder. Es war kein Gedanke, der Achrat sonderlich melancholisch machte. Er hatte zu viel Tod und Verlust in den Erinnerungen anderer gesehen, als dass es ihn noch gross erschreckte. Trotzdem ertappte er in all dem Fluss plötzlich einen eigenen Gedanken, sogar ein eigenes Gefühl. Er hoffte, dass es keinen Krieg gab. Denn falls doch, würde Driss die Krieger der Schwarzen Festung anführen. Und er wusste, dass Vakra nicht erlauben würde, dass er sie begleitete. Und davor hatte er Angst.


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen

#3483

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 11.05.2015 04:24
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Am frühen Morgen sass Mercha am Tisch in der Küche. Leute kamen herein und gingen wieder. Sie starrten sie an, aber sie selbst traute sich nicht aufzublicken. Sizra stand am Herd. Niemand sagte etwas. Irgendwann stellte ihre Mutter einen Teller mit Eintopf vor sie und Mercha versuchte zu Essen, aber das Essen schien sich in ihrem Mund in Schlamm zu verwandeln. Es war klar, dass sie heute nicht zur Arena gehen würde. Das brauchte sie nicht zu fragen.

Vakra war zugegen, als die Feuerdämonen wieder Abschied von Drez nahmen. Fünf Krieger der schwarzen Festung würden sie begleiten, und ein Käfig voller Tauben, die hierher zurückkehren sollten. Er gab den Feuerdämonen einzeln die Hand und versicherte ihnen nocheinmal ihre Unterstützung. Als er beim letzten angekommen war, hielt er die Hand einen Moment länger fest, als es nötig gewesen wäre und sah dem jungen Mann in die Augen. "Mich würde wunder nehmen, wie du den finger hast nachwachsen lassen", sagte er kaum hörbar.


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen

#3484

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 11.05.2015 16:38
von Úrakantôr | 2.898 Beiträge

Shagan brachte nur ein kleines, feindseliges Lächeln bei Vakras Worten zustande. "War nur ein geringer Aufwand", murmelte er zurück und drehte sich dann um, um zusammen mit den Anderen den Heimweg anzutreten. Dass Vakra ihn erkannt hatte, war nicht besonders verwunderlich, aber dennoch, er hatte nicht damit gerechnet.
War jedoch weiter auch kein Problem.


And he wondered...how can I protect something so perfect without evil?

nach oben springen

#3485

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 12.05.2015 22:48
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Vakra blickte dem Feuerdämonen einen Moment lang nach und sein Mundwinkel zuckte fast unmerklich. Er hatte einen Namen. Der Rest würde sich praktisch von selbst erledigen.


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen

#3486

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 12.05.2015 22:55
von Randreyah | 11.751 Beiträge

Maenavry hatte beschlossen die Wüstendämonen mit seiner Schwester und ein paar anderen Clanmitgliedern zu begleiten. Er wollte wissen, wie er von Minpier noch ein paar Jahre stehlen konnte, denn er wollte weder seine Frau bald mit Kindern im Stich lassen, noch wollte er Muirgeahl aufgeben.


some men just want to see the world burn

nach oben springen

#3487

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 13.05.2015 00:15
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Auch die anderen Clan's schickten einige Leute mit den Feuerdämonen mit, sodass die Reisegruppe, die sich auf den Weg in Richtung Süden machte, für Dämonenverhältnisse ziemlich beachtlich war.

-> Shagan, Feufeu's und ihre neuen Verbündeten weiter in Hislark S. 14

Festung von Agares

Den ganzen Tag über geschah nichts. Mercha traute sich nicht, die Küche zu verlassen, nur an der Seite ihrer Mutter fühlte sie sich halbwegs sicher. Irgendwann, als sie alleine dasassen, fragte sie leise: "Was habe ich eigentlich böses getan?"
"Nichts", antwortete Sizra und setzte sich neben sie. Sie zog Mercha's Kopf an ihre Brust. "Du hast nichts getan, was irgendeinem Gesetz oder Gewissen widerspricht. Nur etwas, das alten Männern und ihrer Politik nicht in den Kram passt."
"Wieso darf ich nicht besser sein als Kesah?", fragte Mercha erstickt. Dann dämmerte ihr etwas: "Oder wieso hätte es niemand wissen dürfen?"
"Weil er ein Tarbash ist und du nicht", antwortete Sizra.
"Aber das ist nicht fair", schluchzte Mercha.
Sizra zog sie näher zu sich. "Nein, das ist es nicht." Sie klang zornig.
"Was werden sie mit mir machen?"
"Ich weiss es nicht", sagte Sizra. "Aber wenn sie dir irgendetwas tun wollen, dann müssen sie erst an mir vorbei."

Das Urteil war schlussendlich genau so schlicht wie endgültig: Mercha würde nicht mehr in die Akademie gehen. Und auch nicht mehr zu Markai's Training. Ihre Ausbildung war fertig. Und sie nahmen ihr den Säbel weg. Sie heulte einen ganzen Tag lang. Alles war zusammengebrochen. Alles, wofür sie sich so lange angestrengt hatte, alles, wovon sie jemals geträumt hatte. Eine Woche verging, in der sie mit kaum jemandem sprach, nur apathisch ins Leere starrte, bis jemand sie anschrie und ihr eine Aufgabe zuwies. Sie würde keine Kriegerin. Was war sie dann noch? Das war so gemein. So gemein, dass es ihr das Herz zerbrach.
Sizra machte sich mit jedem Tag mehr Sorgen um ihre Tochter, versuchte sie aufzumuntern, liess sie nachts in ihrem Bett schlafen - ihr Ehemann hatte dort ohnehin nichts mehr zu suchen seit er bewiesen hatte, dass er sich mehr darum bemühte vor Nodon zu katzbuckeln, als sich um seine eigene Tochter zu kümmern - und fütterte sie fast, als sie nichts essen wollte, aber es half alles nichts. Schliesslich traf sie eine Entscheidung. In der Morgendämmerung ging sie hinunter nach Drez und kaufte Mercha einen neuen Säbel und von da an trainierte sie sie, heimlich, wenn die anderen schliefen oder ihrer Arbeit nachgingen. Sie wusste, dass sie dem Mädchen niemals dasselbe bieten konnte wie eine Ausbildung in der Arena, aber es war immerhin etwas.
Sie klagte ihr Leid ihrem Bruder, aber sie wusste, dass ihm die Hände gebunden waren. Das war eine interne Angelegenheit der Agares, es ging ihn nichts an. Sie könnte Agares verlassen und zurückkehren, sagte er vorsichtig, aber sie zögerte. Sie hatte Nevor geheiratet, weil sie ihn liebte, bisher war er immer ein guter Ehemann gewesen, und die Vorstellung, ihm und all den Agares, die sie als neue Familie gewonnen hatte, den Rücken zu kehren, schmerzte. Sie würden sich sicher irgendwann wieder beruhigen.
Zwei Wochen lang trug sie sich mit dieser Hoffnung. Dann fand jemand den Säbel unter Mercha's Bett.

Es wurde Abend, bis sie in die Küche traten. Sorak, Erbe von Agares und Kesah's Vater war unter ihnen, Mercha's eigener Vater, sowie zwei von Kesah's Geschwistern. Auch Markai war da. Er blickte etwas betreten drein. Sizra stand auf, als sie eintraten, und stellte sich instinktiv vor Mercha. "Was ist?"
"Wir sind gekommen, um mit dem Mädchen zu sprechen", antwortete Sorak.
Sizra trat misstrauisch einen Schritt beiseite. Mercha krallte die Finger in die Tischplatte und brachte keinen Ton heraus.
Sorak nickte Nevor, Mercha's Vater zu und der holte den Säbel aus seinem Mantel hervor. "Was ist das, Mercha?"
Sie gab keine Antwort.
"Das ist ein Säbel", antwortete Nevor. "Hast du damit trainiert?"
Mercha begriff, dass sie es wohl nicht mehr schlimmer machen konnte, kniff trotzig die Lippen zusammen und nickte.
Das Gesicht ihres Vaters verzog sich zu einer zornigen Fratze, aber bevor er etwas tun konnte, rief Sizra: "Seid nicht töricht! Sie hat das Zeug eine der stärksten Kriegerinnen von Agares zu werden. Habe ich nicht recht, Markai?Wollt ihr wirklich so ein Talent verschwenden, nur für den angeknacksten Stolz eines dummen Jungen? Sie hatte ihre Strafe. Hört auf mit diesem Theater."
Markai senkte den Blick und sagte nichts. Sorak sah sie scharf an. "Ich darf dich daran erinnern, dass es mein Junge ist, Sizra. Und es geht nicht nur um seinen Stolz. Sie hat ihm die Hand und den Ellbogen gebrochen."
"Was auch nur eine faire Revanche war!", erwiderte Sizra. "Was glaubst du, warum ist sie monatelang mit einer Schiene herumgelaufen?"
Mercha zog den Kopf ein. Sie hatte doch keinem gesagt, dass es Kesah gewesen war...
"Geh zur Seite, Sizra", sagte Nevor. "Nodon hat es entschieden."
"Und weil Nodon es entscheidet, hältst du dich blind daran?!", schrie Sizra ihn an. "Sie ist deine Tochter!"
Mercha hätte sich am liebsten ganz tief unter dem Tisch verkrochen, aber sie wagte sich nicht zu rühren.
Nevor versuchte Sizra zu packen. "Sie hat dem Clan geschadet, sie verdient es bestraft zu werden. Wir müssen sicherstellen, dass sie sich nie wieder so einen Scherz erlaubt. Und offenbar lässt sie sich mit Worten nicht davon abhalten."
"Fass mich nicht an", fauchte Sizra und wich ihm aus. Dann wurde sie bleich, als der zweite Teil seiner Worte zu ihr durchsickerte. "Das ist nicht dein ernst", flüsterte sie.
Mercha spürte Panik in ihr aufsteigen. Ihr traten Tränen in die Augen.
"Genug geschwätzt", ertönte eine Stimme. Nodon stand im Türrahmen. Sizra warf ihm einen gehetzten Blick zu, aber er erwiderte ihn nicht, sondern starrte Mercha an. "Schnappt euch das Mädchen."
"Ihr rührt sie nicht an", schrie Sizra. "Ich war es, die ihr den Säbel gekauft hat. Ich habe mit ihr trainiert. Wenn, dann müsst ihr mich bestrafen."
"Geh zur Seite", sagte Nevor.
Als Antwort spuckte Sizra ihm ins Gesicht. Dann ging alles sehr schnell. Nevor schlug Sizra mit der Faust ins Gesicht, dass sie zu Boden ging. Mercha wollte aufspringen, aber zwei Männer packten sie und drückten sie auf die Tischplatte und verdrehten ihr die Arme auf den Rücken. Sie schrie vor Schmerz und versuchte sich loszuwinden, aber es ging nicht. Nodon trat auf sie zu. Die Küche verschwamm vor ihren Augen vor Tränen. "Bitte nicht", wimmerte sie. "Bitte nicht."
"Das war ein Fehler."
Sizra's Stimme war ruhig und klar, aber alle drehten sich zu ihr um. Sie wischte sich mit dem Handrücken das Blut von den Lippen, das ihr aus der Nase lief. "Das war ein Fehler", wiederholte sie, an ihren Mann gewandt. "Und wenn ihr tut, was ihr vorhabt, dann begeht ihr noch einen viel grösseren." Sie zog die Nase hoch. "Ich trenne mich von eurem Clan. Und ich nehme meine Tochter mit. Und ich verlange, dass jemand meinen Bruder hierher ruft."
Stille.
Mercha wimmerte leise.
Nodon schwieg und Sizra starrte ihn an. Sie wusste, dass er nichts tun konnte. Als Mutter hatte sie das Recht, zu entscheiden, zu welchem Clan ihre Tochter gehörte - zumal sie im Zweifelsfall hätte behaupten können, sie wäre gar nicht Nevor's Kind, schliesslich konnte es niemand nachprüfen. Und in dem Moment, in dem Sizra und Mercha nicht mehr Agares angehörten, war es keine Claninterne Angelegenheit mehr. Und jeder Angriff gegen sie ein Bündnisbruch.


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen

#3488

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 13.05.2015 03:39
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Der Rest der Nacht verging wie ein wirrer Traum. Leute schrien herum, brüllten sich an, gaben sich gegenseitig die Schuld. Mercha sass unter dem Tisch zu einer Kugel gerollt, die Arme gegen die Brust gepresst und zitterte vor Angst, während Sizra immer noch das Blut aus der Nase lief. Irgendwann kam Lashk. Er hüllte Mercha in einen warmen Mantel und trug sie nach draussen, danach war es lange dunkel und kalt, bevor sie vor einer fremden Tür standen, durch fremde Korridore gingen. Als der Morgen dämmerte, lag Mercha in einem Bett der Schwarzen Festung, immer noch halb zusammen gerollt, die Wangen tränennass. Sizra hatte den Arm um sie gelegt und strich ihr sanft über den Kopf. Es dauerte lange, bis sie wirklich einschlief.

Achrat öffnete die Augen. Er hatte seit Tagen nicht mehr geschlafen, sondern nur mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt dagesessen, den Gedanken und Träumen der anderen gelauscht. Er wusste nicht warum, aber irgendwie fühlte es sich nicht notwendig an, zu schlafen. Natürlich, sein Körper brauchte Ruhe, vor allem, wenn er Vron nicht entkam. Deshalb sass er die ganze Nacht still und sorgte dafür, dass er diese bekam. Aber sein Geist... sein Geist war wach. Wacher denn jemals zuvor. Er begann es mehr und mehr zu sehen. Nicht nur die Gedanken, Gefühle, Erinnerungen der einzelnen Personen, sondern die Verbindungen zwischen ihnen. Das Netz.
Langsam stand er auf und trat hinüber zur Waschschüssel. Er spürte das Erwachen der anderen. Es war Zeit, aufzustehen und sich in die Arena zu begeben. Als er aus der Küche herauf kam, kam ihm Islaresh entgegen. Sie ging auf der anderen Seite des Korridors und ignorierte ihn feindselig, obwohl sie ihn bemerkte. Er wusste, dass nicht nur das ignorieren gespielt war, sondern auch der Hass. Ihr ganzer Hass auf die Schwarze Festung war nicht mehr viel mehr als Angst und Müdigkeit, sie hielt ihn nur aufrecht um nicht zu verzweifeln. Und ihr Hass auf ihn im besonderen war nur eine Illusion gegenüber sich selbst. Sie redete sich ein, sie dass sie ihn töten wollte, denn sie konnte sich nicht eingestehen, dass sie ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre.
Er setzte seinen Weg fort und machte sich auf den Weg zur Arena.


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen

#3489

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 17.06.2015 21:30
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Mitte Dezember (eine Woche später)

Achrat spürte Driss' Zorn, lange bevor er die Festung erreichte und er wusste, worum es ging, bevor ihre Gedanken zu ihm durchsickerten, schliesslich wusste er seit Wochen, was Vakra vorhatte. Ohne zu zögern lief er die Treppe hinauf, durch den Korridor und trat in Vakra's Arbeitszimmer. Er verschwendete keinen Blick an die Szenerie, die er bereits kannte. Driss lag am Boden, niedergerungen von drei Wachen und fluchte Vakra an, welcher am Tisch stand und auf sie einredete, aber augenblicklich hochblickte, als er Achrat registrierte.
Achrat starrte Vakra einen Augenblick lang an, dann trat er zu Driss hin, ohne sich um die anderen zu scheren und kniete sich vor sie, um sie auf die Füsse zu ziehen. Geza wollte ihn daran hindern, aber auf einen Wink Vakra's hielt er inne. Driss rappelte sich auf, wischte sich den Staub von den Kleidern und legte die Arme fest um Achrat, ohne zu bemerken, wie er dabei zusammenzuckte. "Lass ihn in Ruhe!", fuhr sie Vakra an.
"Er wird vierzehn!", zischte Vakra zurück, allmählich am Ende seiner Geduld. "Es wird Zeit, dass er lernt, was es heisst, ein Dämon zu sein, wenn er es schon nicht in der Akademie gelernt hat!"
"Aber nicht so!!", rief Driss. "Er wird es nicht verstehen!"
"Und es hat noch keinem geschadet."
Driss erwiderte nichts darauf. Erinnerst du dich nicht, wie es für dich war, Vakra?!, schrien ihre Gedanken. Kannst du dir nicht vorstellen, wie es ist, wenn man nicht einmal weiss, worum es geht? Oder lässt dich wirklich alles kalt? Durch ihren Geist flackerten die Erinnerungen an ihre eigene Kael'Rashk, die Schattentaufe, Bilder von Feuer und Blut. Sieben Jahre Spiel, sagte ein altes Dämonensprichwort. Sieben Jahre lernen. Sieben Jahre reifen. Sieben Jahre in der Fremde. Es spielte auf die traditionelle Erziehungsweise der Dämonen an. Bis zum Alter von sieben Jahren galt man als Kind ohne Verpflichtungen. Dann trat man in die Akademie ein, und wurde im Kampf ausgebildet. Mit vierzehn erreichte man die Stufe der Jugend und mit ihr ging die Ausbildung in Traditionen und Glauben einher. Und die Schwelle dazu war die Kael'Rashk, das erste einer Reihe von Ritualen, denen junge Dämonen unterzogen wurden, um nach ihrem Körper auch ihren Willen zu stärken. Sie fand statt bei den Schattenspitzen. Und gemäss altem Protokoll war sie brutal.
Driss wollte Achrat noch näher an sich ziehen, aber er entwand sich ihrem Griff und trat auf Vakra zu. Sie meinte es gut, aber das hier war seine Entscheidung. Er sah Vakra in die Augen, ohne etwas zu sagen, aber der verstand und ein Lächeln kräuselte sich um seine Mundwinkel.

Achrat's Augen waren verbunden und seine Hände waren gefesselt. Der Marsch war lange gewesen, aber nun hatten sie die Schattenspitzen erreicht. Sofort nahm er wieder die Energie war, die er bereits beim letzten Mal hier gespürt hatte, damals, als sie den Drachen mit Ro geholt hatten. Man konnte es nicht als Bewusstsein bezeichnen, aber es war etwas. Wie ein Vibrieren, das von keinem der anwesenden Dämonen, keinem Tier und keiner Pflanze ausging.
Er kauerte in der Mitte der Kreise, mit nacktem Oberkörper, und die Dezemberkälte schnitt in seine Haut wie eine Klinge. Um ihn herum errichteten sie einen Ring aus brennbarem Material, dann stellten sie sich auf vor den schwarzen Steinen, während allmählich das Licht schwand und die Nacht über den dämmrigen Himmel kroch. Jeder trug eine Fackel in der Hand, die entzündet wurde. Schliesslich trat Vakra vor und begann die traditionellen Worte zu sprechen, in dämonisch. Es dauerte lange und schliesslich war es ganz dunkel, nur das Licht der Flammen tanzte noch über den Stein und die Ringe aus Metall. Eine Trommel setze ein, Vakra fuhr fort zu intonieren und irgendetwas flackerte durch Achrats Geist. Er versuchte es zu erhaschen, aber es entwischte ihm und er fand nur die Gedanken der Dämonen, die ihn umgaben, Driss' Sorge, Lashk's Vorsicht, Vakra's Konzentration. Er stöberte in ihren Erinnerungen fand aber keinen Hinweis. Dann war es wieder da. Und wieder fort.
Ohne es wirklich zu realisieren drehte er sich danach um, bemerkte es aber erst, als er es sich in den Blicken der anderen tun sah. Etwas an ihrer Wahrnehmung und ihren Gedanken war seltsam. Die Trommelschläge zu laut, das Feuer zu hell. Er spürte das Vibrieren im Boden, in der Luft. Sie spürten es auch, aber jeder anders. Er sah sich selbst in der Mitte des Kreises, aus jeder Richtung. Die Trommel dröhnte. Lashk streckte die Hand aus und der Feuerring entzündete sich. Er spürte die Hitze der Flammen auf seiner eiskalten Haut und das Flackern hinter dem schwarzen Tuch auf seinen Augen. Die Trommelschlegel prasselten auf die gespannte Haut. Ihre Kehlen sangen. Plötzlich waren Ruten in ihren Händen. Er spürte sich mehr schlagen als den Schlag auf seinem Rücken, erst im zweiten Moment erreichte ihn der Schmerz. Er taumelte und stolperte in den nächsten Schlag, der ihn zurücktrieb in die Mitte des Feuerkreises. Seine Haut brannte. Er schlug erneut zu. Das Feuer loderte, höher und höher, alles dröhnte, Feuer und Dunkelheit. Er sang, aber sein Mund war verschlossen, alles verschwamm, er fiel, sah sich fallen, prallte auf, schlug die Trommel, alles vibrierte, Blut lief über seine helle Haut, alles war Feuer, alles war, er war alles, alles...
Mit einem Haken riss er sich die Augenbinde vom Kopf und die Augen auf. Die Flammen stachen und er ging erneut zu Boden, sah sich liegen, fühlte den Schmerz, der seinen Körper überzog, das Feuer, die Erinnerungen an all die Male zuvor, an alles, das Vibrieren, sah sich liegen mit ausgestreckten Armen und Beinen, zersplittert in Facetten, das Feuer, das Blut, die Dunkelheit, das Feuer, die Trommeln, das Feuer. Etwas drückte von innen gegen seine Haut und er spürte wie sie riss an den blutigen Striemen, wie es hervorquoll, aber der Druck stieg, alles brannte. Er stolperte hin und her, von Schlag zu Schlag, ballte die Fäuste, bis Blut von seinen Händen lief, war alles, war nichts, versuchte sich zusammenzuhalten, aber es brannte, es brannte, kniff die Augen zusammen und die Lippen, der Druck, alles, es wollte hinaus, es...
Und dann brach etwas. Und es ging hinaus.

Der Stock entglitt Lashk's Händen und er fasste sich an den Kopf. Er sah aus dem Augenwinkel wie Geza und Vakra zu Boden gingen, dann fand er sich selbst auf den Knien wieder. Feuer. Es überdeckte seine Gedanken und seine Sicht, seinen Willen, seine Wahrnehmung. Ein Sturm aus Flammen und Bildern, hundert Fragmenten einer selben Szene. Seine Haut brannte und er japste nach Luft, als das Gewicht ihn zu Boden drückte.
Dann war es vorbei. Keuchend richtete er sich auf und rang nach Atem. Immer noch schmerzten sein Rücken und seine Arme, aber die Hitze verschwand und ihm wurde kalt, obwohl der warme Mantel immer noch um seine Schultern lag. Er sah sich um. Die meisten der Fackeln waren ausgegangen, aber eine, die noch leise flackerte, war in seine Richtung gerollt. Er drehte sie um, damit sie wieder Feuer fing, und streckte sie dann in die Höhe. Allen um ihn herum stand Unverständnis ins Gesicht geschrieben. Vakra starrte in die Mitte des Kreises.
Achrat lag dort, auf der Seite zusammengerollt, in seinem Blut, die Augen geschlossen und bewusstlos.


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen

#3490

RE: Drez (Stadt der Schattendämonen)

in Dreitan - das Spiel 18.06.2015 00:26
von Ro Raven | 10.532 Beiträge

Er schnappte nach Luft und packte nach der Hand an seiner Stirn. Verschwommen sah er Driss' Gesicht über sich, spürte ihre Sorge und Unverständnis. Über das, was passiert war. Er sah, wie sie ihn zusammengelesen hatten, im Kreis und nach Hause getragen. Dann realisierte er plötzlich, dass Driss auf die Erinnerungen reagierte, die er ihrem Geist entzog. Er war so müde...
Eine verworrene Erinnerung an Vakra flackerte durch die Dunkelheit in seinem Geist. Etwas, das er gesagt hatte, oder nicht gesagt hatte, er wusste es nicht genau. Erneut öffnete er die Augen. Driss strich über seinen Kopf. Sein Kopf schmerzte. Aus Driss Gedanken las er, dass viel Zeit vergangen war. Sie war müde. Musste er nicht ins Training? Scheisse, Vakra würde... "Es ist alles gut", sagte Driss leise. Er driftete wieder ab.
Es war still. Er versuchte sich aufzusetzen, aber alles drehte sich. Sie wisperten am Rande seines Bewusstseins, gerade noch in Reichweite. Er schwankte und versuchte nach dem Wasserkrug zu greifen aber verfehlte ihn und stiess ihn vom Tischchen. Die Tür ging auf und Driss kam herein. Sie machte sich Sorgen. Er wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte. Er hätte den Krug nicht umstossen sollen. Er spürte, wie ihr Geist darauf reagierte und den Krug als unwichtig bezeichnete und begriff, dass sie seinen Gedanken gehört hatte. Sie verstand es nicht, aber es war so. Panik machte sich in ihm breit und er versuchte zurückzureissen, was sie nicht sehen sollte, wovor er sie schützen wollte, weil es nicht für ihren Geist gemacht war, aber dadurch rutschte es nur mehr und mehr in den Vordergrund. Sie kniete sich vor ihn und nahm in in die Arme. "Shhhh", meinte sie. Er hatte Angst. Wurde er jetzt völlig verrückt? Er wollte niemanden in Gefahr bringen. "Shhhh", machte Driss abermals und wiegte ihn, bis er in der Ruhe ihres Geistes wegdämmerte.

Als er das nächste Mal zu sich kam, war er gefasster. Er wusste sofort, dass jemand im Raum war, und es war nicht Driss. Er zog die Ruhe an die Erinnerung ihrer Gedanken um sich wie einen warmen Mantel, bevor er es sich gestattete, weiter aus dem Schlaf aufzuwachen. Es war Islaresh, die neben seinem Bett sass. Er hatte Fieber gehabt, aber es war weg. Sie hoffte, dass er aufwachte. Erleichtert wurde ihm klar, dass sie seine Gedanken in dem Fall nicht gehört haben konnte.
Eine ganze Weile lang lag er da und versuchte Ordnung in seine Gedanken und Erinnerungen zu bringen. Er hörte Islaresh's oberflächlichen Gedanken mit, wagte aber nicht, tiefer zu suchen, aus Angst, sie könnte ihn bemerken. Auch so erfuhr er, dass er über eine Woche dagelegen haben musste, denn das Winterturnier war vor zwei Tagen gewesen. Islaresh war traurig weil... sie dort einige Verwandte getroffen hatte, die kaum noch mit ihr reden wollten. Als wäre sie eine Aussätzige. Dabei brachte sie doch das Opfer für den ganzen Clan? Ihr war immer noch zum Heulen zumute. Am liebsten hätte sie sich einfach zusammengerollt und wäre nicht mehr aufgewacht.
Er lauschte auch seinen eigenen Gedanken. Irgendetwas daran fühlte sich merkwürdig... instabil an. Als versuchte man aus Honig eine Kugel zu formen und festzuhalten.
Schliesslich öffnete er die Augen. Es dauerte etwa eine halbe Minute, bis sie es bemerkte, dann zuckte sie zusammen, als ihr klar wurde, dass er wach war. "Ich... äh...", stammelte sie und suchte nach einer Ausrede, warum sie da sass. "Sollte auf dich aufpassen."
Es war gelogen. Er setzte sich langsam auf.
"Geht... geht es dir besser?"
Er atmete tief durch und langsam spürte er, wie er stabiler wurde, sein Körper und sein Geist. Er hatte Hunger. Vorsichtig versuchte er aufzustehen, strauchelte aber zurück auf das Bett.
Islaresh griff nach seinem Arm, um ihn festzuhalten, doch er zog ihn reflexartig weg. Schnell zog sie die Hand ebenfalls zurück und schämte sich. Plötzlich tat sie ihm leid. Sie war so einsam. Trotzdem konnte er sich nicht überwinden, den Arm wieder auszustrecken, dafür hasste er es zu sehr, wenn ihn jemand berührte. Stattdessen blieb er sitzen und sah sie an. Zuerst starrte sie zu Boden, aber nach einer Weile blickte sie hoch in seine Augen, nur um dann gleich wieder wegzusehen. Vorsichtig streckte er die Hand aus und berührte den Stoff ihres Ärmels. Ihr Blick ging von seinen Fingern zu seinem Gesicht, dann legte sie ihre Hand auf seine.
Er zuckte zusammen und die Honiblase tropfte ihm davon. Sofort zuckte sie zurück und sprang auf, dass der Stuhl umkippte, als hätte er ihr einen Schlag verpasst. Sie verschwand aus dem Zimmer, er blieb zurück auf der Bettkante und versuchte tief durchzuatmen und seinen Geist aus dem Raum zusammenzukratzen.


If you're going through hell, keep going.
nach oben springen


Besucher
0 Mitglieder und 3 Gäste sind Online

Forum Statistiken
Das Forum hat 111 Themen und 30462 Beiträge.

Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen | ©Xobor.de