Der Assassine ging zurück und berichtete Meister Karim, dass die Diebe das Lager verlassen hatten. Karim nahm es gelassen. Er schien sich keine Sorgen um sie zu machen und erklärte, sie seien frei zu gehen, wohin sie wollten.
Karim machte sich langsam Sorgen. Den Assassinen viel auf, dass Ran sehr oft abwesend war und das behagte ihnen nicht. Ihre Abwesenheit verunsicherte sie, vor allem seitdem klar war, dass Krieg im Westen herrschte. Der Südliche Drache hatte schon zugestimmt die eine Partei zu unterstützen und jetzt war es an Reyla, zu entscheiden, ob sie mitkämpften, oder nicht. Sie würden kämpfen, das wussten alle, aber nicht für wen. Karim hatte ihr einen Falken nach Lovit geschickt, in dem er sie bat, sich mit dem Südlichen Drachen in Loney zu treffen, aber sie war leider schon abgereist. Darum schickte er an diesem Morgen einen Wasserdrachen mit einer Botschaft. Der alte Dämon hoffte, dass der Drache sie finden würde. Immerhin war es ein Krieg, welcher mehrere Königshäuser betraf, nicht nur die herrschenden, sondern auch die, denen Azura Treue geschworen hatte. Eines der Häuser war angegriffen worden und nur die jüngste und einzige Erbin hatte überlebt. Er hoffte, dass sie Reyla finden würde. Aber was ihn im Moment mehr beschäftigte, war das Ausbleiben der Aufträge. Auf Narums Wunsch nahmen sie nur Aufträge an, in denen es ums Beschützen und nicht Töten ging. Von denen gab es mehr als genug, doch in letzter Zeit blieben sie aus. Wieso? Er konnte es sich nicht vorstellen.
Er ging in Rans Arbeitszimmer, wo Lesk auf dem Schreibtisch sass und einige Verträge durchging. "Und seid ihr weit gekommen?", fragte er den Drachen. Dieser blickte auf. "Nicht wirklich", antwortete er und legte das Pergament zur Seite. "Kann ich euch irgendwie helfen, Karim?" Der Assassine schüttelte den Kopf. "Kommt ihr mit den anderen Ältesten zurecht?", fragte er Lesk. "Natürlich", strahlte der Drache. "Ich wusste nicht, wie viel die Assassinen von unserer Kunst kennen. Ja dass sie überhaupt wissen, was ein Schlangendrache ist! Es ist sehr angenehm mit ihnen zu reden und zu verhandeln. Das gegenseitige Interesse fördert die Zusammenarbeit... Aber ihr seid sicherlich nicht hier um mit mir über Politik zu reden, oder?" - "Nein. Ich komme gleich zum Punkt. Es geht um Reyla. Wann denkt ihr, wird sie wieder zurück sein?", fragte er besorgt. Seine Enkelin machte ihm Sorgen, auch wenn sie nicht blutsverwandt waren.
Lesks Miene wurde ernst. "Ich weiss es nicht. Sie braucht von Lovit nach Loney vier Monate, sie hat darauf bestanden, dass die Drachen sich aus ihrer Reise raushalten. Und von Loney nach Azura bräuchte sie ein halbes Jahr, wenn sie die Wüste durchquert. Und wer weiss, wie lange sie in Loney bleiben wird." Die Antwort gefiel Karim nicht. Was dachte sich Reyla bloss? Er hoffte nur, dass sie mindestens die Hilfe der Drachen für die Rückreise brauchen würde.

Unruhig trippelte Lesk im Arbeitszimmer auf und ab. Der Wasserdrache hatte Reyla noch nicht erreicht und der Südliche Drache hatte schon wieder eine Nachricht geschickt. Ausserdem fragten sich die Assassinen, was weiter geschehen würde. Sie wurden unruhig. Es kamen keine Aufträge mehr rein und Lesk wusste warum. Sie waren noch neutral, hatten sich für keine Partei entschieden und wurden darum nicht angefordert. Die Fürsten schienen ihnen wohl nicht mehr zu trauen. Sie mussten sich wohl verraten fühlen.
Der feuerrote Drache seufzte und kletterte auf das Fenstersims. Draussen bestellten die Assassinen die Felder und trainierten. Sie waren eine Elitetruppe, das musste er gestehen. Ohne zu zögern befolgten sie jeden Befehl und dachten mit. Jeder von ihnen beherrschte Magie und konnte grössere Wunden heilen und kleinere Operationen durchführen. Sie waren aber nichts desto trotz Waffen. Oder wurden als solche angesehen. Seelenlose Waffen. Wobei dies nicht stimmte. Die meisten von ihnen töteten nur ungern und waren froh Narum als Anführer gehabt zu haben und Reyla als seine Nachfolgerin zu haben. Denn beide nahmen ihre Rolle als Westlicher Drache ernst. Sie sorgten sich beide zuerst um das Wohl ihrer Gefolgsleute und dann erst um die Mission. Sie gaben auch nur im Ernstfall den Befehl zu töten, ansonsten wurden ihre Ziele nur ausgeschaltet, kampfunfähig gemacht. Und Reyla nahm nur Schutzaufträge und Aufträge zur Informationsbeschaffung an. Dies waren die wahren Künste der Assassinen, obwohl sie auch sehr geschickte und schnelle Bauleute und gute Heiler waren. Wobei dies nicht ungewöhnlich war, denn ihre Kampfkunst, ihr Lebensstil, stammten von dem Alltag der Tempelbewohner Lovits ab.
Lesk wandte sich wieder den Trainingsplänen zu. Er musste die einzelnen Teams neu ordnen und die neuen Schüler ihren Meistern zuweisen. Wobei er auf ihre Fähigkeiten achten musste, was nicht eine einfache Übung war.

Es war Nacht und Aeron schlich der Mauer entlang zu den verborgenen Stallungen. Sie holte sich jnbemerkt ein Pferd und führte es durch einen der Geheimgänge nach draussen, was ein Meisterwerk neben so vielen Assassinen war. Mit einem stolzen Grinsen verliess sie Azura. Sie ritt nach Süden und folgte den glühenden Flügelchen eines Feenmannes, den sie ihren Freund nennen durfte. Sie war immer wieder erstaunt, wie einfach es war, Azura zu verlassen und wie schwer hinein zu gelangen -wenn man es überhaupt erst finden konnte. Sie ritt weiter und weiter, bis sie die Verfluchten Wälder hinter sich gebracht hatte und Abschied von dem Feerich nehmen musste. Es dämmerte schon und der Weg vor ihr war lang. Lesk wusste wohin sie wollte, sie hatte ihm einen Brief hinterlassen. Ob er es billigte, oder nicht interessierte sie kein Bisschen im Moment. Sie hatte ein Ziel und dieses würde sie erreichen. Sie musste Randreyah und Earon so schnell wie möglich einholen, denn sie kannte ihren "Bruder" und auch seine Absichten. Sie musste es auf jeden Fall verhindern, denn er war nicht der richtige für ihre Herrin.
Sie wurde von Karim wieder zusammengeflickt und sie fühlte sich wieder einigermassen Normal, auch wenn ihre Haut noch dunkel war. Aber sie war wieder Aeron, der Assassine aus Azura und das war auch gut so. Sie fuhr sich mit der behandschuhten Hand übers Haar und dann über den falschen Bart. Der Feenmann hatte gute Arbeit geleistet, denn der Bart hielt tadellos und sah auch nicht künstlich aus. Ihr winziger Freund hatte ihr auch Pastillen gebracht, die ihre Stimme um einiges dunkler machten und sie trug Kleider, welche ihren Körperbau gut tarnten. Ihre Verkleidung war perfekt und so ritt sie zur Wüste Hislark, wo sie ihr Pferd zurückschickte und auf den Rücken eines jungen, flügellosen Drachen stieg, der sie zum Loney bringen würde. Von dort an würde sie ei Schiff nehmen müssen. Mit jedem Tag der verging und vergangen war, wurde sie nervöser. Sie wusste, dass sie schnell machen musste, denn sie spürte die Gefahr, die ihre Herrin umgab.

vor etwa 40 Jahren

Feuer traf brüllend auf Feuer und erhellte den schwarzen Stein tief unter der Erde. Wieso man die Feuermagier hier unten kämpfen liess war klar, hier gab es wenig Sauerstoff, man konnte leicht den Raum fluten oder zuschütten. Samt Magiern falls nötig, doch dies war selten der Fall.
Die einst hellen Wände waren von schwarzem Kohlestaub dick belegt, welcher matt den Schimmer der roten und blauen Flammen auffing.
Maenavry duckte sich unter Earons Faustschlag hinweg und fluchte, jedoch ging der Fluch im Zischen des Feuers unter. Der Walddämon war ein verdammt guter Feuermagier, was ihm der Schatten nicht zugetraut hätte. Das Siegel auf dem Gesicht des Grünhaarigen glänzte golden.
Vielleicht hatte er den Dämon doch unterschätzt, doch jetzt spielte es keine Rolle mehr.
Beide fühlten die Hitze der Flammen auf ihrer Haut, als die Fäuste, Flammen und Klingen haarscharf an ihnen vorbeisausten. Earon verfluchte Maenavry und Maenavry Earon für seine Schnelligkeit. Beide landeten zwar einige Treffer, doch keine wirklichen.
Beinahe gleichzeitig schossen sie Feuer aufeinander. Der eine warf einen Feuerball, der andere beschwor einen Feuerwall, schnell sprangen sie auseinander. Erschöpft starrten sie sich an, keuchten, wischten sich den Schweiss von der Stirn. "Gibst du auf?", grinste Earon spöttisch. "Nicht mal in deinen Träumen", entgegnete der Schatten und packte das Schwert, welches nahe ihm am Boden lag.
Er rannte auf Earon zu, welcher ein langes Messer zog. Sie legten erneut los, droschen aufeinander ein, diesmal trafen sie besser. Funken sprühten, die Waffen klirrten und Blut spritzte aus kleinen, aber vielen Schnitten.
Einige Sekunden später, gelang es beiden eine Schwachstelle beim anderen zu entdecken und zu erwischen, doch sie konnten nicht den Schlag des jeweiligen Gegners abwehren. In dem Moment spiegelte sich entsetztes Erstaunen in ihren Gesichtern wieder, als sie begriffen, dass sie beide draufgehen würden, wenn jetzt kein Wunder geschah.

Besagtes Wunder traf sie wie ein Blitz, wörtlich. Eine Gestalt tauchte zwischen ihnen auf, umhüllt von Blitzen, packte die Klingen und stiess die Männer zur Seite. Doch dies war nicht das Ende.
Beide, sowohl der Schatten, als auch der Walddämon, waren dem Blutrausch verfallen. Sobald sie wieder Boden unter den Füssen spürten hechteten sie voran, auf die Gestalt zu, die Sicht getrübt vor Erschöpfung, Wut, Feuer und Blut.
Maenavry stach nach der Person, doch diese wehrte ihn mit einem Schwert ab, welches er nicht gesehen hatte. Er bremste, doch die Person verlor ihr Gleichgewicht - was Maenavry seit da an nie als Geleichgewichtsverlust verstehen würde - als sie Earons Feuer ausweichen musste.
Maenavry schlug erneut zu, übersah das Schwert des Gegners, was sich beinahe als fataler Fehler erwies. Die Spitze des Schwertes schrammte seine linke Schläfe, fiel hinab und schlitzte die Haut weiter auf. Und das so tief und gerade, dass seine berühmte Narbe entstand.
Earon nutzte die Gelegenheit die Person anzugreifen, als deren Schwert auf dem Boden aufschlug und sie sich duckte Maenavry auszuweichen, doch die Person war schnell und bevörderte ihn mit einem Tritt in die Magengrube zu Boden.
Dann endete alles so plötzlich wie es begonnen hatte. Wasser fiel von der Decke. Durchnässte die drei Dämonen und mischte sich mit dem Blut. Die drei standen, lagen und knieten keuchend auf dem Boden und blickten hinauf zur Treppe. Karim, gefolgt von Narumdrongwer kam herunter. „Was soll das Ganze?“, fragte ersterer sichtlich wütend. Die vermummte Gestalt, zog sich die klatschnasse Kaputze vom Kopf. „Nichts“, keuchte sie. „Nichts sieht aber anders aus, Randreyah!“, zischte Karim. Earon rappelte sich auf und deutete auf Maenavry. „Der da, der ist vollkommen verrückt!“, brüllte er. „Na sieh mal, wer da spricht!“, rief Maenavry aus. Bevor sie wieder aufeinander losgehen konnten rief Karim „Genug! Allebeide!“ so dass seine Stimme durch den gesamten Raum schallte. „Zur Krankenstation mit euch! Und wehe ich sehe so etwas erneut!“, er liess sie dort stehen und Narum sah die drei unsicher an. „Ehm, am besten ihr kommt mit?“, wagte er die Stille zu durchbrechen.

"Dort fängt das Gebiet der Feen an. Alles was sich dahinter befindet steht unter ihrer Macht. Aber keine Sorge, sie tun uns nichts solange wir uns an die Gesetze des Waldes halten: nichts anfaßen und dem unsichtbaren Weg folgen. Also haltet euch nur an mich", antwortete sie.

"Das musst du den Feen sagen. Sie finden solche Dinge amüsant. Wie gesagt, ihr müsst mir nur dicht folgen und sie nicht provozieren. Ich kenne die Wege hier und die Feen werden euch nichts schlimmes tun, solange ihr mit mir reist... Ach und sie spielen gerne Streiche, wie Trugbilder oder so etwas. Aber das sollte jetzt nicht vorkommen", sagte sie und hielt Ausschau nach den Zeichen, die die Wege markierten. Diese waren schwer zu erkennen, denn sie waren Buchstaben der Feenschrift, geformt aus Ästen und Zweigen, Schatten und Lichtpunkten, manchmal eingeritzt und manchmal als Geräusch wahrnehmbar. Falls sie Feen begegnen würden, würde sie sie zahlen. Sie trug stets Honig mit sich, den Feen liebten, doch ab und an forderten sie Dinge, wie ein Haar, einen Tropfen Blut, eine Träne, eine Drachenschuppe, ein Lied oder ähnliches. Wieso genau, wusste niemand, doch sobald man ihnen das Gewünschte gab, liessen sie einen in Frieden und unbehelligt passieren.