Durien sass still an Julianas Seite. Kein Wort war über seine Lippen gekommen, seit er Armelion losgeschickt hatte. Doch in seinem Inneren herrschte Aufruhr. Wie hatte das nur passieren können? Sie hatten die Magier besiegt. Ihre Armee zerschlagen. Warum griffen sie Juliana an und nicht ihn oder Armelion? Es ergab keinen Sinn. Er vergrub das Gesicht in den Händen. Er würde sie alle töten. Jeden einzelnen von ihnen.
Er blickte auf, als der Bote eintrat und ihnen erzählte was passiert war. Durien nickte lediglich. Er hatte es befürchtet. Es hatte nicht anders kommen können. "Werden sie es überleben?", fragte er mit vor Trauer heiserer Stimme.
"Die Frau wird es überleben. Bei dem Legaten weiss ich nicht. Er hat viel Blut verloren. Der Heiler sagt, wenn er die nächste Woche überlebt, sollte er wieder gesund werden.", erwiderte er zögernd.
"Er soll für ihn tun, was er kann.", befahl Durien und stand auf. "Wartet draussen. Ich komme gleich." Der Mann, der bisher bei ihm geblieben war, gehorchte nach kurzem Zögern und der Bote schloss die Türe hinter ihnen. Der Graf von Tyre beugte sich über den toten Diener und legte ihm eine Silbermünze zwischen die erkaltenden Hände. Es war ein Brauch auf Tyre und der Mann hatte sein Leben für Juliana gegeben. So viel war er ihm schuldig. Anschliessend ging er hinüber zum Fenster und blickte auf die Stadt hinaus. Nach einem Augenblick wandte er sich wieder um und ging rüber zum Schrank neben Türe. Der kalte Zorn, der in ihm aufgestiegen war, drängte sich aus ihm heraus und er schrie. Es war ein Laut erfüllt von Schmerz und Wut. Er ballte die Hände zu Fäusten und schlug dann mit ungehemmter Kraft gegen den Schrank. Das Holz knackte und ein stechender Schmerz durchzuckte seine Hand, doch er schlug ohne zu zögern noch einmal zu und dieses Mal brach es Holz mit einem befriedigenden Krachen. Der Schmerz in seiner Hand liess in inne halten und gedankenverloren blickte er auf sie hinunter. Sie war eine willkommene Ablenkung. Ein fingerlanger Splitter steckte zwischen zwei Fingern und er zog ihn raus. Durien griff in den Schrank, schnitt einen Ärmel von einem seiner Tuniken ab und wickelte sie um seine Hand. Erst dann trat er hinaus.
"Danke.", sagte er nur und ging los Richtung Barracken.

Benjen blickte Tassira ruhig entgegen und meldete dann ihre Ankunft bei Durien. Er war vorübergehend zu der königlichen Wache umgeteilt worden, da diese im Kampf gegen das Monster erhebliche Verluste eingesteckt hatte. Diejenigen, die im Kampf gegen das Biest gefallen waren, hatte man in allen Ehren verbrannt. Für Julianas Bestattung wurden noch Vorbereitungen getroffen. Durien wollte sie nach den alten tyrischen Sitten bestatten. Sie würde in ein Schiff gelegt werden und auf der offenen See würde es dann in Brand gesteckt werden. Benjen warf einen Blick in das Zimmer.
Das Gesicht des Grafen war grau vor Trauer. Seine Tochter Alayne weinte bitterlich. Durien hatte sie auf seine Knie gesetzt, doch ansonsten konnte er nicht viel tun um sie zu beruhigen. Also hatte er die Arme um sie gelegt und sass still auf dem Bett. Julianas Leichnam war am letzten Tag in die Kapelle gebracht worden. Dort wurde sie für die Bestattung hergerichtet. Eine Hebamme stand still und scheu in einer Ecke und als Benjen ihr zunickte, ging sie vorsichtig auf Durien zu und nahm ihm Alayne ab. Er liess es widerstandslos geschehen und Alayne wurde hinausgetragen. "Wieder ein Lord, der mir mein Beileid ausdrücken will?", fragte Durien.
Benjen schüttelte den Kopf. "Nein. Die Magierin Tassira ist da."
"Wie geht es Armelion?"
"Unverändert. Er liegt still da und atmet."
"Lass sie rein."

"Ihr habt alles in eurer Macht stehende getan. Mehr kann man nicht verlangen.", erwiderte er und griff nach dem Weinkelch auf dem Schemel vor ihm. Ein halbleerer Krug stand daneben. Er nahm einen kräftigen Zug und blickte dann gedankenverloren in das tiefrote Getränk. "Es war eine arrangierte Ehe, wisst ihr. Eine wie es hunderte im Adel gibt, doch ich habe sie geliebt und sie mich. Wir hatten Glück." Er brach ab. Er sollte sich nicht einer fremden Frau anvertrauen, die er erst vor einem Tag getroffen hatte. Er wusste nur die Trauer und der Alkohol stimmten ihn so gesprächig, dennoch nahm er noch einen tiefen Schluck und stellte den leeren Weinkelch wieder auf den Schemel. "Wollt ihr euch offen an meiner Seite zeigen, oder wie Saddash eine Tarnung annehmen?", fragte er um sich daran zu hindern sich noch mehr Wein einzuschenken.

"Gut dann ernenne ich euch hiermit zu meiner Leibwächterin. Dir steht es frei zu tun was du willst und du wirst eine Brosche mit meinem Wappen erhalten. Damit wirst du dich frei in der ganzen Festung bewegen können." Er hob den Weinbecher wieder auf und schenkte sich ein. "Wollt ihr auch einen Schluck? Ach wisst ihr was. Ich verhalte mich erbärmlich. Ich sollte stark sein, zumindest für meine Kinder. Ich war nicht einmal fähig Alayne zu trösten." Er stellte den Krug und Weinkelch zurück auf den Schemel, erhob sich und ging zum Fenster. "Was würdest du mir raten zu tun?", fragte er sie leise.

"Er ist fast gestorben und vielleicht tut er das ja noch. Wir können nicht alle Hoffnungen auf Armelion setzen. Wir müssen Leute so ausbilden, dass sie diesen Schwarzmagiern zumindest gefährlich werden könnten." Plötzlich kam ihm ein Einfall. Er ging rüber zu seinem Bett und hob das Schwert auf, dass Armelion ihm gegeben hatte. "Er hat mir erzählt, dass diese Klinge in der Lage ist Schwarzmagier zu verwunden. Ein Schmied namens Akira hat sie gefertigt. Wenn wir weitere solche Waffen hätten, könnten wir uns auch ohne Armelion verteidigen. Hast du schon einmal von diesem Schmied gehört, oder weisst du wo er sich zurzeit aufhält?"