Alyrna kehrte zurück in ihre Gemächer, liess sich ein Bad bereiten und die Haare auskämmen, während sie das Menu ausarbeitete, eine ausgewogene Mischung aus einheimischen und exotischeren Gerichten, und einen Diener mit der Liste zu Lord Meharin's Haus schickte. Anschliessend wusch sie sich, liess sich von Davi, ihrer Zofe, die Haare kunstvoll hochstecken und legte ein Kleid an, grau, wie die meisten, die sie besass, aber viel feier als das, das sie am Nachmittag getragen hatte, mit einer zarten, fast unsichtbaren Musterung aus Silberfaden, engen Ärmeln und einer Corsage, die ihre schmale Taille betonte, und einem Besatz ausser weisser Spitze, der wirkte wie ein Hauch von Schnee. Während Davi ihr feinen, silbernen Schmuck umlegte und anschliessend die letzten ihrer dunklen Locken mit Perlnadeln fixierte, betrachtete sie sich im Spiegel.
"Ihr seht zauberhaft aus, Mylady", sagte Davina prompt.
Alyrna widersprach ihr nicht. Sie wusste selbst, dass sie schön war, und Davi hatte ein sehr gutes Händchen für Frisuren - einer der Gründe, warum Alyrna sie in den Dienst gestelt hatte, kurz nachdem sie zur Gräfin ernannt worden war - aber gleichzeitig wirkte sie kalt, wie eine der Eisblumen, die sich im tiefsten Winter an den Fenstern bildeten. "Ich sehe aus, als wäre ich der Winter in Person", meinte sie mit einem leicht wehmütigen Lächeln.
"Ihr seid ja auch die Lady aus Eis", meinte die jüngere der Zofen und schlug sich dann hastig die Hand vor den Mund, als ihr einfiel, dass das vielleicht unhöflich gewesen war.
Alyrna lächelte. Sie empfand die Bezeichnung eigentlich mehr als Kompliment als als Beleidigung. "In der Tat. Und die Leute mögen es, wenn man ihnen bietet, was sie erwarten." Trotzdem blieb die Wehmut. Diese Nomadin war alles andere als kalt. Und insgeheim befürchtete sie, dass Durien etwas warmes neben sich im Bett einem Eiszapfen vorzog.
"Ich möchte dass du mich begleitest, Davi", meinte sie. "Und Elisa, wenn du möchtest kannst du auch mitkommen. Dherat wird ebenfalls dort sein und ich schätze, ihr werdet Euch nicht langweilen."
"Danke, Mylady", sagte Davi lächelnd und als sie ihr einen Stups in die Rippen verpasst hatte, bedankte sich auch das Mädchen nuschelnd und errötend.
Die Prinzen waren pünktlich und sie nahmen eine Kutsche für die kurze Strecke zu Lord Meharin's Haus, wobei die beiden Zofen, die sich ebenfalls herausgeputzt hatten, auf dem Kutschbock Platz nahmen. Der Gastgeber empfing sie herzlich, betonte mehrfach, was für eine Ehre und Freude es ihm sei, sie bewirten zu dürfen und geleitete sie zu einem der besten Tische, nahe einem grossen Fenster, vom dem aus man einen spektakulären Blick über die nächtliche Stadt hatte. Die Zofen wurden an einem Tisch nichr weit entfernt untergebracht, zusammen mit dem Diener, den Alyrna mit dem Menu geschickt hatte, und der Gastgeber fragte höflich, ob er ihnen einen Wein zum Apero anbieten dürfe.
If you're going through hell, keep going.

Sie nahmen das Angebot an und Simian bestellte eine Flasche des besten Rotweines, den das Haus zu bieten hatte. Jedoch war die Flasche nicht gut gelagert worden und der Wein hatte einen unschönen Beigeschmack.
Simian liess eine andere Flasche bringen und versicherte dem Mann, welcher sich für das Missgeschick in Grund und Boden schämte, dass er keine Umstände bereitete und so etwas durchaus vorkommen konnte. Immerhin konnte der Wirt nicht wissen, wie ein ungeöffneter Wein schmeckte. Nachdem die zweite Flasche kam und Simian probierte, war er durchaus zufrieden. Man schenkte der Gräfin und den Prinzen ein. "Das Lokal hat wirklich eine schöne Lage", meinte Simian und liess den Blick durch das Fenster und über die Dächer der Stadt streifen. "Auf einen angenehmen Abend", meinte er und hob sein Glas an, wobei er Alyrna anlächelte. "Ihr seht wundervoll aus, Mylady, so zart und wunderschön, wie ein Wintermorgen", die Bemerkung war durchaus als Kompliment gedacht, denn Alyrna war eine schöne Frau und das Kleid, der Schmuck und die Frisur, die sie trug, standen ihr gut. Doch Simian wusste, dass hinter dem hübschen Gesicht und Lächeln ein überaus scharfer Verstand hauste. Etwas, das ihm Alyrna noch sympathischer werden liess.
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Sie bedankte sich für das Kompliment und lenkte die Aufmerksamkeit dann auf die Fenster, die mit einer speziellen Technik hergestellt worden waren und Lord Meharin's ganzer Stolz. "Vergangenen Winter wurden sie während der Belagerung komplett zerstört, und soweit ich weiss, hat es übereein halbes Jahr gedauert, neue anzufertigen", erzählte sie. Aber die Sicht durch das Glas, das Wind und Kälte draussen hielt, war dafür so klar, dass man hätte annehmen können, da wäre nichts als Luft. Dahinter leuchteten die Lichter der Stadt und noch weitee darüber hinaus die weissen Schaumkronen des Meeres. Sie unterhielten sich über verschiedene Kleinigkeiten, bis die Vorspeisen kamen, alle miteinander, so wie Alyrna es angeordnet hatte, damit jeder in seiner Reihenfolge von dem probieren konnte, was ihn ansprach. Auf kleinen Tellerchen wurden Fischröllchen mit Kräutern serviert, kleine knusprig gebratene Brötchen mit Wildschweinpaté, mit gewürztem Quark gefüllte, gekochte Eier, Oliven, gefüllte Paprikas und Weinblätter, allesamt Spezialitäten verschiedener Gegenden der Nachtzinne, dazu Fladenbrötcheb südwestlichen Stils mit verschiedenen Sossen aus Kichererbsen, Auberginen und getrockneten Tomaten.
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Sargon nahm sich von allem etwas, natürlich nicht auf einmal, das sähe aus, als wäre er am Verhungern, aber es wunderte ihn doch, was wie schmeckte. Sein Bruder schien sich blenden mit der der Gräfin zu verstehen, wobei er sich dessen eigentlich gar nicht einmal so sicher war. Er konnte auch nicht wirklich abschätzen ob sie Simian mochte oder nicht ausstehen konnte.
Nun, es konnte ihm egal sein, solange die beiden für das gute Essen zahlten. Das Wildschweinpaté und die gefüllten Paprika, mundeten ihm am meisten und er versuchte sich noch mehr davon auf den Teller zu stapeln, ohne unhöflich zu wirken.
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Alyrna unterdrückte ein Grinsen, als sie Sargon zulangen sah. Sie griff sich selbst noch ein gefülltes Weinblatt, hielt sich dann aber zurück, denn schliesslich wusste sie, was für Speisen es noch geben würde, und die waren mindestens so gut.
"Was erfüllt Ihr eigentlich für Aufgaben am Hof Eures Vaters?", fragte sie die beiden, während sie auf den nächsten Gang wartete und sich Wein nachschenken liess.
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"Mein Bruder wird zum Ritter ausgebildet und ich übe mich als Stadtverwalter von Nandenweil. Eine recht interessante Tätigkeit. Es gibt vieles zu tun, denn Nandenweil ist eine Küstenstadt. Noch recht klein, vor allem im Vergleich zur Nachtzinne, aber sie wächst schnell. Wir haben gute Bootsbauer und einen nicht gerade kleinen Hafen, der vor allem für den Handel zwischen dem Festland und den Inseln gebraucht wird", antwortete Simian.
"Und irgendwann, wenn Samor König ist, wird Simian seine Grafschaft übernehmen und ich in die Königliche Wache aufgenommen werden", fügte Sargon an.
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"Und was tut Ihr, wenn ihr nicht gerade euren Pflichten nachkommt?", fragte Alyrna.
Man servierte ihnen eine sämige, orange Suppe in reliefverzierten Bronzeschalen, garniert mit kleinen, getrockneten Blütenblättern. "Vorsicht", warnte Alyrna, als die Prinzen nach den.Löffeln griffen. "Das ist eine Kürbissuppe aus Korodraim und sehr würzig." Sie ahatte zwar die Anweisung gegeben, es in Grenzen zu halten, da sie auch lieber etwas schmeckte als nur ihren Rachen brennen zu spüren, aber bei Chilli wusste man nie.
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