"Ja, bitte." Die Zofe verliess den Raum und liess ihn alleine zurück. Durien verliess das Bettzimmer und ging rüber in den kleineren Raum, in welchem ein paar bequeme Sessel vor einem Kamin standen. Ein Tisch, welcher mit Papieren zugedeckt war, stand in einer Ecke. Sie schien viel zu schreiben und etwas das aussah wie eine Liste lag auf dem Boden. Es musste runtergefallen sein. Ohne gross nachzudenken hob er es hoch und warf einen Blick drauf. Es waren Notizen über den Orden. Er runzelte die Stirn. Woher kannte sie die Anzahl Schwerter, die der Orden gestern geliefert bekommen hatte? Und warum sollte sie das überhaupt aufschreiben? Er schluckte und ein Gefühl des eiskalten Entsetzens breitete sich in ihm aus. Mit stockenden Bewegungen griff er nach einem anderen Papier in dem Haufen und begann es durchzulesen. Da stand sogar was sein Lieblingswein war. Sie hatte an alles gedacht! Mit einem erstickten Laut sank er in einen der Sessel. Sie hatte ihn verraten. Alesa hatte alles von Anfang an geplant und er war auf sie reingefallen.
Als er hörte wie die Türe aufging, legte er rasch die Papiere auf den Tisch und setzte sich in einen der Tische. Sein Gesicht eine ausdruckslose Maske. Er brauchte ein paar Momente um sich zu sammeln, doch als sie den Raum durch das Schlafzimmer hindurch betrat hatte er sich weit genug gesammelt um sogar zu lächeln.

Alesa blieb überrascht im Türrahmen stehen, als sie ihn im Raum sitzen sah. "Durien", grüßte sie ihn strahlend und trat ein, "Ich hätte nicht erwartet, dass Ihr Zeit findet."Erst dann kam ihr in den Sinn, dass er in ihrem Zimmer war und sie ihre Notizen nicht weggeschlossen oder gar verräumt hatte. Unwillkürlich fragte sie sich, wie lange er schon im Raum war und ob er seine Neugier hatte zügeln können oder nicht.

"Ich hatte mir gedacht, dass ich für eine Weile von meinen Pflichten fliehen kann.", erwiderte er und stand auf. Er hatte für einen Moment Unsicherheit in ihren Zügen aufflackern sehen. Er wollte gerade etwas sagen doch in dem Moment kam die Zofe rein und stellte ein Tablet auf den Tisch. Sie schenkte ihnen beiden ein, bevor sie sich mit einem Knicks zurückzog. Durien nahm sich einen der Kelche und reichte ihn Alesa. "Ich habe mich darauf gefreut dich zu sehen." Er nickte rüber zum Tisch. "Eines der Papiere lag auf dem Boden und ich hob es auf. Was mich erstaunte war, dass es detaillierte Informationen über den Orden enthält. Ein anderes Papier listet meine Vorlieben auf und einige andere Dinge über die Vorgänge in der Nachtzinne."

Alesa schluckte trocken. "Einen Augenblick bitte", meinte sie mechanisch und schloss die Tür zum Raum, wobei sie so leise sie konnte den Schlüssel im Schloss drehte. Sie nahm einen Schluck aus dem Kelch und setzte sich. "Ich schätze es wundert Euch, wieso ich diese Listen habe", meinte sie leise und versuchte ihre Angst zu verbergen. "Ich werde Euch alles erklären, aber bitte glaubt mir, ich hatte nicht vor Euch zu schaden und man liess mir keine Wahl."

Durien hatte mir so einer Antwort gerechnet und der kalte Zorn, der in ihm war loderte auf. Mit einem Schritt war er bei ihr und seine Hände legten sich auf ihre Schultern. Er fühlte ihr Schlüsselbein unter seinem Griff und in diesem Moment musste er sich daran hindern um es nicht zu brechen. "Wer ist hierfür verantwortlich?", knurrte er. Er zog sie wieder hoch, damit sie vor ihm stand. Der Becher fiel mit einem dumpfen Laut auf den dicken Teppich und der rote Wein ergoss sich darüber. "Ihr täuscht mir Freundschaft vor und bringt mich tatsächlich so weit, dass ich mich beginne in euch zu verlieben. Wie könnt ihr nur mit euch selbst leben?" Er schüttelte sie. "Verdammt! Wer ist hierfür verantwortlich? Wer soll eine Prinzessin erpressen können, ausser eurem Vater und dem König Geviras?" Er musste sich daran hindern nicht zu laut zu werden oder sie gar zu schlagen.

"Sendav*!", antwortete sie. "Bitte, Durien, er wird sie töten", japste sie flehend. "Ich...bitte, lasst es mich erklären!"

König Geviras: Sendav Gevros (64,Gevrosh gelesen)

Dieses Mal schlug er sie. Es war eine harte Ohrfeige, die durch den Raum hallte. "Der König von Gevira? Wollt ihr mich in eine Intrige einspannen, Weib?" Es war zu viel für ihn. Erst verriet sie ihn und nun schien sich das weiter zu spannen, als er befürchtet hatte. Wie sollte er das nur abwenden? Erstaunlicherweise glaubte er ihr. Die Verzweiflung in ihrer Stimme war echt, ebenso das Flehen in ihren Augen. Er bereute es jetzt schon sie geschlagen zu haben. Es war eine reine Geste der Hilflosigkeit. Er hatte die Kontrolle über sich verloren und sie war da gewesen. Seine Handfläche brannte und auf ihrer Wange war bereits deutlich sein Handabdruck zu sehen. "Dann erklärt!", sagte er heiser.

Sie rang mit sich selbst. "Sendav wird meine Neffen, Geschwister und meinen Stamm töten, wenn ich nicht mache, was er will", begann sie. "Er... Ihr sagtet, Ihr hättet Euch bei Alvian getäuscht...", sie hielt inne, es war nicht schlau, ihm jetzt von Daedhalon zu erzählen, dann würde er sie nicht zu Ende erzählen lassen, "Ich sollte Informationen über Euch und Euren Orden sammeln, weil er Sendavs Plänen im Weg steht. Er will die Nachtzinne erobern. Samor will versuchen es zu verhindern, aber er ist allein und Sendavs Verbündete sind mächtig. Ich sammelte zwar die Informationen, aber änderte sie ab und gab nicht alles heraus, was ich erfuhr. Ich konnte ihn aber nicht vollends belügen. Da ist ein weiterer Spion in Eurer Nähe, der ein Auge auf mich haben soll... Durien, glaubt mir, ich...ich habe Euch nie belogen." Sie schluchzte, ihre Wange brannte, sie hatte Angst davor, dass Sendav von ihrem Verrat erfuhr, hatte Angst um ihre Liebsten und in dem Moment auch Angst vor Durien.

Ihm war ihr stocken nicht entgangen. Ihre Tränen rührten ihn, doch er verschloss sein Herz, wurde der eiskalte Mann, den man ihm nachsagte das er war. Sein Blick ruhte kalt und voller Zorn auf ihr. "Ihr solltet mir besser die ganze Wahrheit erzählen!", sagte er leise, aber unverkennbar drohend. "Ihr solltet nicht vergessen wo ihr seid und wo eure Schwester ist. Die Prinzen sind ebenfalls hier und wenn ich auch nur den Verdacht haben, dass ihr lügt, wird Siney als erster darunter leiden. Wer ist dieser zweite Spion?"

"Ich weiss es nicht. Ich habe sein Gesicht nie gesehen. Er ist Schwarzmagier", antwortete sie hastig und versuchte sich wieder zu beherrschen. "Bitte, ich tue alles, wirklich alles, was Ihr verlangt", flehte sie, "Sendavs Verbündeter ist Daedhalon... Ich hatte keine Wahl, Durien. Bestraft mich wenn ihr wollt, schlagt mich, sperrt mich ein, tötet mich, aber bitte, lasst Siney und seine Brüder da raus. Sie wissen nichts davon. Bitte, auch Kias und Samors Kinder nicht. Sie sind noch klein, nehmt ihnen ihre Mutter nicht. Bitte", sie fiel vor ihm auf die Knie und sah flehend zu ihm hoch, wobei sie unter seinem Blick zu verzweifeln drohte. "Bitte Durien, ich habe immer versucht das Richtige zu tun und euch so gut ich konnte zu decken", flüsterte sie und war den Tränen wieder nah, "Ich... schätze Euch wirklich sehr, Mylord, und auch wenn ich Euch vieles verschwieg, habe ich nie gelogen." Sie senkte den Blick auf seine Füsse und schloss die Augen. Wenn er sie schlagen würde, würde sie es erdulden. Sie konnte verstehen, dass er wütend war, sie konnte verstehen, dass er sich verraten fühlte und sie würde es auch verstehen, wenn er ihren Tod wünschen würde.
Aber dennoch schmerzte es ihn so zu sehen, viel mehr, als die Ohrfeige, die ihre Wange immer noch pochen liess. Sie fühlte sich schlecht. Mehr als nur schlecht. Sie hatte ihn hintergangen, hatte sein Vertrauen missbraucht und sich in sein Bett gestohlen, nur um ihn am nächsten Tag dem Teufel zu verkaufen. Sie blickte hoch in seine Augen und Tränen rannen ihr still über die Wangen, als ihr die Tragweite ihrer Tat bewusst wurde. "Es tut mir leid", flüsterte sie inbrünstig. Es tat ihr leid für den Mann gearbeitet zu haben, der Julianna auf dem Gewissen hatte und der Durien somit schon einmal alles genommen hatte. Sie hoffte, dass er ihr irgendwann verzeihen würde. Nicht ihretwegen, sondern wegen seiner selbst. Er hatte es nicht verdient von Hass zerfressen zu werden.