Maenavry legte seinen Arm um sie und zusammen schlenderten sie die vom Mond erleuchteten Strassen entlang. Er genoss ihre Nähe und die kühle Luft tat ihm gut, klärte seine Gedanken und vertrieb die Wolken aus seinem Kopf, der sich wegen des Alkohols wattig anfühlte.
Die Stadt war wieder ruhig, auch wenn die Zwerge noch aufgescheucht vom Feuer sein mussten. Jeder schien mit einem Anschlag zu rechnen und so waren alle Häuser verbarrikadiert und fast niemand auf den Strassen, ausser Wachen die gelegentlich ihren Weg kreuzten.
"Sollen wir zum See hinunter?", fragte er nach einer Weile der Stille und drückte sie leicht enger an sich.

"Du musst dich nicht entschuldigen", entgegnete er und strich ihr durchs Haar. Dann blieb er stehen und blickte ihr in die Augen. Was wollte er ihr eigentlich sagen? Er wusste es nicht, denn Worte konnten es nicht beschreiben.

Er schloss sie nur in seine Arme, denn er konnte ihr nicht das zeigen, was er ausdrücken wollte. Es war ein Wirrwarr von Gefühlen und Erinnerungen, so viel Emotion und Information auf einem Schlag, dass er fürchtete sie damit zu überfordern und ihren Geist zu fluten. Also hielt er seine Gedanken zurück. Ich kann nicht, dachte er schlicht und drückte sie an sich, ihren Kuss erwidernd. Ich liebe dich und werde alles tun... um dich bei mir behalten zu dürfen.

Maenavry atmete schwer aus. Irgendwie hatte ihre Liebe einen schweren, bitteren Beigeschmack, einen der leicht wie Trauer schmeckte.
Die Sehnsucht nach Vergangenem.
War er jetzt schon Teil ihrer Vergangenheit? Er wusste es nicht, doch er konnte in all ihrer Sehnsucht keine Hoffnung fühlen, keine Wünsche oder Träume, nichts das forderte oder nach Neuem, noch nicht vorhandenem strebte.
Es war Trauer. Das stand fest.
Er verstand, dass sie in verschiedenen Welten lebten. So sehr sie sich auch ähnelten.
Er strebte nach der Zukunft, nach dem Leben, das ihm so kostbar erschien, das er nicht haben konnte, da das Feuer es verzehrte. Sie hingegen fühlte sich an, wie eine melancholische Erinnerung, die man am liebsten festhalten und nie loslassen wollte, man aber wusste, nie in der Lage zu sein, sie wieder zum Leben zu erwecken.
Er seufzte und drückte Muirgeahl an sich. Sie fühlte sich an wie Nebel, wie die kalte, rote Flammen...
In Ordnung, hauchte er schwach und offenbarte ihr etwas, das noch nie jemand gesehen hatte. Seinen Clan; oder das was er fühlte, wenn er an ihn dachte. Es war Kälte, Härte und Metall, doch er hoffte es so zu formen, wie es ihm beliebte. Er war der Schmied ihrer Zukunft und würde aus ihnen ein Schwert schaffen, eine Klinge, dessen Meister er wäre, er würde sie führen mit dem Wunsch Muirgeahl an seiner Seite zu haben.
Er zeigte ihr seine Liebe zu ihr, die Neugierde darauf, was sie beide noch erwartete, die Freude die er an ihrer Seite hatte und die Ruhe die sie seiner Seele gab. Er hoffte mit ihr ihr Kind aufwachsen zu sehen, noch mehr Kinder zu haben, mit ihr alt zu werden und an ihrer Seite freidvoll zu sterben... Auch wenn es unmöglich schien, da er als Dämon beträchtlich länger leben würde als sie. Doch das Spielte keine Rolle, denn er würde einen Weg finden. Er brauchte sie, wie er das Feuer brauchte, er war süchtig nach ihr, wie nach der Luft, die er atmete und den Flammen, die um seine Finger tanzten.

Maenavry fröstelte leicht bei der Vision. Er hatte eine schlechte Vorahnung von Kälte und Einsamkeit, doch in dem Moment, in dem ihre Lippen die seinen berührten, schob er den Gedanken und den vagen Verdacht beiseite.
Er drückte sie so fest an sich, dass er einen Moment später befürchtete, sie zu zerquetschen, also lockerte er die Umarmung und lächelte entschuldigend. Sie war ihm ein Mysterium, auch wenn sie soviel miteinander geteilt hatten.
Leicht zögernd, kniete er sich vor sie und legte sanft eine Hand auf ihren Bauch, bevor er sein Ohr an ihn anlehnte. Er konnte die schwachen Bewegungen des Kindes spüren. Der Gedanke daran, dass in Muirgeahl ein Halbblut - er glaubte nicht daran, dass die Geister logen und auch nicht daran, dass Muirgeahl nicht wusste wer der Vater war... - heranwuchs machte ihm etwas Angst. Nicht weil es ein Halbblut war, sondern weil die Vorstellung, das Muirgeahl ein Kind in sich trug und bei dem Prozess der Geburt sterben könnte machte er sich Gedanken. "Ich danke dir", raunte Maenavry etwas verunsichert.