Eine halbe Stunde später betraten sie erneut das Wirtshaus in dem sie ein Zimmer gepachtet hatten und gingen hinauf zu diesem, denn der Schankraum war mittlerweile leer und sie hätten ohnehin keine Lust gehabt unter Leuten zu sein.
Im Zimmer zog sich Maenavry müde und erschöpft für die Nacht um, bevor er sich zu Muirgeahl legte und ihr in die Augen blickte. Sie war so wunderschön. Sanft strich er ihr mit dem Handrücken über die Wange, hinters Ohr und liess eine ihrer Locken zwischen seine Finger gleiten, mit der der dann herumspielte, ohne den Blick von dem ihren abzuwenden.

Alastar wachte auf und fühlte sofort, das etwas mit ihm überhaupt nicht in Ordnung war. Erstens er lag nicht mehr im Gang auf dem, sondern in einem Bett, doch der wichtigste Punkt war. Ihm war speiübel. Er fühlte wie sich sein Magen krampfhaft zusammenzog. Sofort biss er die Zähne zusammen, damit er das Zimmer nicht vollspeite. Er kam schwankend auf die Füsse und stürzte zum Fenster. Mit einem Faustschlag stiess er die Läden auf und lehnte sie raus. Würgend erbrach er sich und wartete geduldig bis sich sein Magen wieder einigermassen beruhigt hatte. Als er sich sicher war, dass nichts mehr hochkommen würde, richtete er sich wieder auf und drehte sich um.
Ro teilte sich offenbar das Zimmer mit ihm. Alastar wischte sich mit einem der Waschtücher über den Mund, schnappte sich den Wasserkrug und trank einige ordentliche Schlucke. Anschliessend schenkte er sich einen Tonbecher voll mit Wasser ein. Das würde das Beste sein. Einige Becher Wasser und dann zurück ins Bett. "Schlief Ro eigentlich schon?", fragte er sich und beugte sich vorsichtig über sie. Vielleicht würde sie auch einen Schluck Wasser zu schätzen wissen. Erst jetzt bemerkte er, dass sie wach war und weinte. Erschrocken trat er einen Schritt zurück und stolperte prompt über die Decke, die zu Boden gefallen war, als er sich zum Fenster gestürzt hatte. Reflexartig liess er den Tonbecher los, welcher klirrend auf den Bodendielen zerschellte und fing sich mit den Händen an seinem Bett auf. "Verflucht! Ich bin immer noch sternhagelvoll.", dachte er missmutig. Das Wasser bildete eine dunkle Pfütze auf dem Boden und Alastar war dankbar dafür, dass es nur ein Becher gewesen war.

Der alte Zwerg schüttelte nur den Kopf, als die Besoffene sich noch einen Becher Schnaps holte. Dann hörte er hinter sich einen dumpfen Knall, das Geräusch eines rutschenden Tisches und schließlich einen hellen Knall. Wütend drehte er sich um und wollte etwas sagen, als er bemerkte, dass die eine Frau die andere geohrfeigt hatte und diese den Tränen nahe schien. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder und überlegte, ob er sich wirklich so harsch einmischen sollte. Als die Frau hochging, das Pärchen nach draußen verschwand und der merkwürdige andere Kerl auch so aussah, als würde er zu Bett gehen, widmete er sich beruhigt seiner Pfeife und seinem Spiel.
Sie gingen fort und das passte ihm sehr gut. Ihm tat Biorn, der Wirt leid. Schöne Sauerei mit dem kaputten Becher.
Vor sich hin grummelnd genoss er seinen Becher Met und ging ein paar komplizierte Spielzüge durch, bis kurze Zeit später ein paar seiner Freunde hereinkamen, zum abendlichen Spiel. "Grüß dich, Fjastet", sagte der Erster, ein weiterer uralter Zwerg mit Bart und setzte sich schwerfällig.
"Schönen Abend, Hakjaw. Was ein Theater heute Abend hier war. Immer die Fremden, die herkommen und sich betrinken. Junges Volk, Menschen größtenteils."
Er knurrte und stieß ein Rauchwölkchen aus,
"Was ist geschehen? Erzähl schon", forderte ein Dritter auf, ein etwas jüngerer Zwerg, dessen kurzer Bart dennoch schon ergraut war.
So setzten sie sich als Stammtischrunde zusammen und Fjastet erzählte die ganze Geschichte.

Folgsam setzte er sich auf dem Bett neben ihr und schloss für einen Moment lang die Augen. Langsam drehte er den Kopf um ja keine Schwindelgefühle hervorzurufen und blickte Ro an. Er machte eine Geste gegen ihr tränennasses Gesicht, zuckte mit den Schultern um seine Ratlosigkeit zu zeigen und wie um zu fragen "Was ist los?" In solchen Momenten wusste Alastar nicht ob er für seine Stummheit dankbar sein sollte oder nicht. Er hatte gesehen, dass Wörter oft total falsch verstanden wurden, wenn sie in einem falschen Tonfall ausgesprochen wurden. Auch wusste er nicht ob er überhaupt mit ihr reden beziehungsweise schreiben sollte und was wichtiger war, ob sie ihm überhaupt etwas mitteilen wollte. Allerdings war Alastar so betrunken, dass ihm diese Einwände nicht besonders wichtig erschienen.

Er sah sie verwundert an. Was meinte sie jetzt? Er griff ins innere seiner Kleidung und holte Tafel und Griffel hervor. Wenn er sich konzentrierte sollte es schon gehen. Er brauchte zwar einige Anläufe, doch schliesslich schaffte er es die paar Buchstaben einigermassen leserlich hinzubekommen, "Was meinst du?"

Knurgiv fluchte in Gedanken, als er Schritte vor sich hörte. Wie hatte man sie entdecken können? Waren ihre Leute, die in den Palast eingedrungen waren, gefangen genommen worden und hatten Zúans Leuten ihren Unterschlupf verraten müssen? Aber die Schritte klangen merkwürdig; es war nicht das Stampfen von einem Dutzend gepanzerter Stiefel, sondern allem Anschein nach eine einzige Person, die leichtfüßig den Gang entlangschlenderte.
Er zog sein Messer, etwas anderes hatte er nicht mitnehmen können, und schon tauchte eine hochgewachsene Gestalt vor ihnen auf, die im niedrigen Gang etwas geduckt gehen musste. Selbst durch das spärliche Licht konnte Knurgiv einen silbernen Haarschopf erkennen. Hinter Knurgiv zogen die beiden anderen Zwerge ebenfalls ihre Waffen.
Das Wesen vor ihnen war stehen geblieben, griff aber nicht sofort an. Knurgiv beschloss es ihm gleichzutun und fragte: "Was wollt Ihr hier? Unseren Vorratskeller plündern? Seid ihr ein Dieb?"