"Okay. Eigentlich passiert zur Zeit nichts Besonderes. Die Märkte locken viele Leute an, die Arena in der Senke bietet ein breites Programm, politisch knistert es wie üblich, aber nicht schlimm. Ein paar Clans sind auf Streit aus miteinander und am Rand ist es friedlich, eigentlich das Übliche. Aber...kommst du nicht oft raus, dass du etwas über die Stadt wissen willst?"
Er war ein wenig erstaunt. Das erlebte man doch tagtäglich, was so passierte. Wenn es mal einen Mord gab oder Ähnliches oder Hochzeiten wichtiger Personen und derlei Dinge.

"Doch schon... Aber ich erlebe ja alles nur aus meiner Sicht", erwiderte sie.

"Also willst du verschiedene Sichten kennenlernen?"
Irgendwie verlief das Gespräch gerade merkwürdig...es ging so Richtung peinliche Stille.

Sie lachte. "Ja, so etwas in der Art...", meinte sie und musterte ihn. "Wenn du nicht reden magst ist das auch ok."

"Naja...es ist weniger dass ich nicht reden will, ich weiß nur nicht über was. Bei Leuten, die ich noch nicht gut kenne, ist das öfter der Fall."

"Und nochmal", rief jemand, dessen Gesicht von Fackeln beleuchtet war.
Die schwitzenden Krieger nahmen Anlauf und rammten erneut die Ramme gegen die Wand. Staub flog in die Luft und weitere Risse entstanden.
"Noch einmal!"
Erneut ertönte ein lautes Krachen und Teile der Wand bröckelten ab.
Die Geräusche würden sicherlich bald Wachen anlocken, aber egal.
"Pulver!", ertönte die Anweisung.
Mehrere Dunkelschatten platzierten kleine Kisten in den entstandenen Rissen und Löchern und dann hielt jemand eine Fackel an eine Schnur, die mit den Kisten verbunden war.
"WEG, WEG, WEG, WEG, SCHNELL!!!"
Alle rannten so schnell sie konnten um die Ecke und Sekunden später war der Gang leer.
Zzzsch.
Zschschsch.
...
BOOOOOOOOOOOOOM
Der ohrenbetäubende Knall schmerzte in den Ohren, von den Gangwänden verstärkt. Man hörte das Geräusch von Felsen auf Felsen, dann Stille. Sie traten um die Ecke und husteten, als der Staub in ihre Lungen drang.
"Hämmer", krächzte jemand und zwei Dunkelschatten mit Tüchern vor dem Gesicht gebunden traten mit schweren Zweihandhämmern vor.
Sie stellten sich breitbeinig vor der zerstörten Wand auf und hämmerten auf die restlichen Bruchstücke Wand ein, die noch vom Boden aufragten. Nach mehreren kräftigen Schlägen waren auch diese eingerissen, der Durchgang war offen.
Der Knall würde alles, was dahinter war und alles was oben auf ihrer Seite war, anlocken.
Zeit für etwas Adrenalin.
Die zwanzig Krieger machten sich bereit und gingen durch die anhaltende Staubwolke auf den Durchgang zu.
Die Strohballen waren als Nächstes dran.

Niv kam aus dem Raum heraus. Sie war müde und wollte nur noch duschen und schlafen.
Als sie auf ihre Kammer zusteuerte kam ihr die 'Mutter' entgegen. Überrascht blieb sie stehen und neigte den Kopf.
"Hast du Zeit?", fragte die strenge Frau. "Ich wollte mich gerade waschen gehen", antwortete Niv leise.
"Gut. Du hast eine Stunde Zeit, um dich hübsch zu machen, dann gehen wir", meinte die Frau und Niv sah sie etwas verwirrt an.
"Wohin?", fragte die jüngere verwirrt. Die Mutter lächelte leicht und hob Nivs Kinn an. "Zur Arena. Heute findet ein Turnier statt und du bist der Hauptpreis Liebes."
"Ihr wollt mich verkaufen?", fragte Niv leise und wurde bleich. Die Mutter lachte.
"Nein, nein. Ich verkaufe deine Gesellschaft. Der Hauptpreis ist - neben den üblichen Waffen und Sklaven - ein Wochenende in unserem Etablissement. Und du wirst den Gewinner betreuen. Deine Aufgabe wird es sein, dass du dafür sorgst, dass er sich hier entspannen kann. In den Bädern, beim Essen. Und seine Wunden zu pflegen. So und jetzt ab mit dir, wir haben wenig Zeit."
Niv neigte den Kopf und kuschte sich brav, als die Mutter sie davon winkte.

Als sie gerade ihr Zimmer betrat, wurde Niv unschön an den Haaren gepackt und gegen die Wand gestossen. "Was soll das, du kleine Schlampe!?", zischte ihr eine Frau ins Ohr, bevor Niv aber antworten konnte, wurde sie herumgerissen, von der Wand weggezogen und nach vorne in die Kammer gestossen, sodass sie in dem langen Gewand, das sie trug, stolperte. Bevor sie sich aber fangen konnte, griff sie eine weitere Person an den Haaren und knallte ihren Kopf gegen den Nachttisch. "Ich bin hier länger als du, du Miststück!", zischte die Stimme von vorhin, Niv konnte nicht erkennen, wer genau es war, aber sie begriff worum es ging. Das einzige was sie wurmte, war die Tatsache, dass ihre Nase sich gebrochen fühlte und das alles nur, weil die Mutter das Gefühl hatte irgendjemanden zu übergehen, welcher sich aus irgendeinem dummen Grund an der Reihe fühlte, seinen Arsch an irgendeinen Muskelprotz zu verkaufen.
"Was ist dein Problem Hure?", fragte Niv mit einem bösen Lächeln und kurz darauf wurde sie an den Haaren hoch gerissen und eine wutverzerrte Fratze einer ihrer Mitkonkubinen starrte sie an und kam bedrohlich näher. Niv grinste jedoch nur.
"Was mein Problem ist Miststück!?", zischte die Frau und packte Nivs Gesicht. "Dass du deinen Platz nicht kennst!"
Niv lachte, sie konnte nicht anders, also lachte sie.
"Mir scheint, dass du dich selber überschätzt", meinte sie bitterböse. "Die Mutter teilt uns unsere 'Plätze' zu, wie du es nennst. Und anscheinend ist deiner nicht so weit oben, wie gewünscht?" Sie sah die Frau mitleidig an und kassierte eine Faust in der Magengrube, aber die Genugtuung, einen wunden Punkt getroffen zu haben, war es das definitiv wert.
"Du wirst schon sehen Miststück! Beschädigte Ware will niemand haben!", die Frau spuckte aus und sie und die andere, welche Niv an den Haaren festhielt, machten sich aus dem Staub.
"Entschuldige", tönte eine leise Stimme in einer Ecke, als die Tür hinter den beiden Furien ins Schloss gefallen war. Niv seufzte und setzte sich. "Ist schon gut", murmelte sie an ihre Zimmernachbarin gewandt.
"Ich musste sie rein lassen, sie haben mir gedroht mir ein Ohr abzuschneiden. Und wenn sie..."
"Ist schon gut!", unterbrach sie Niv mürrisch, als das andere Mädchen beinahe zu heulen begann. "Werden sie nicht wagen..."

Eine Stunde später stand sie bereit beim Eingang mit zwei weitern Mädchen - die beiden, die sie angegriffen hatten waren nicht dabei, sie hatten Putzdienst und mussten die 'niedere Kundschaft' betreuen; Anscheinend hatte die Mutter erfahren, was vorgefallen war.
Missmutig drehte die Mutter Nivs Gesicht hin und her, dann liess sie sie los und murmelte etwas von "Einge geschwollene Nase sollte nicht auffallen. Trag Salbe auf, dann ist es sicher bald verheilt."
Sie brachen auf zur Arena und viele neugierige Blicke folgten ihnen. Schliesslich waren sie recht begehrte und berüchtigte Gesellschaft in dem Viertel Kaszs. Und viele wollten den 'Hauptgewinn' von nahem sehen.
"Wir bleiben bei der Arena. Die Kämpfe beginnen in etwa zwanzig Minuten. Die Leute sollen euch sehen und wir werden dem gesamten Turnier beiwohnen", sagte die Mutter, als sie das Gasthaus betraten, in dem sie als einzige untergebracht worden waren.